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Seine einzige Versuchung

Seine einzige Versuchung

Titel: Seine einzige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Westphal
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Freundeskreis beschäftigten sich Frauen mit den üblichen, abgegriffenen Themen, die Elli noch nie fesseln konnten. Gerade in den letzten Jahren war sie sich immer wieder fehl am Platz vorgekommen und hatte oft einen unbestimmten Wunsch nach Mehr gehabt, den sie aber nie genauer definieren konnte. Jetzt wusste sie, was gefehlt hatte. Sie empfand ein großes Glücksgefühl und Dankbarkeit, diese Entdeckung gemacht zu haben und spürte, dass sie hier genau richtig war. Mühelos konnte sie sich bei ihrem ersten Einsatz in der Suppenküche auf die notwendigen Arbeiten einlassen. Hier kam ihr zugute, dass sie sich bereits von Kindesbeinen an für Marthas Kochkünste und die dazu gehörenden Arbeitsabläufe interessiert hatte. Auch im Umgang mit den Menschen, die überwiegend mit gesenkten Köpfen kamen, weil sie sich ihrer Armut schämten, stellte Elli sich geschickt an. Da sie keine Standesdünkel empfand, war sie voller Achtung für die Gäste, wie sie von den Vereinsfrauen respektvoll genannt wurden. Wenn es ihr angemessen erschien, versuchte sie, den einen oder anderen mit ein paar Worten aufzumuntern oder wenigstens durch ein Lächeln ihr Wohlwollen auszudrücken. Als schließlich alle versorgt und die Frauen während der notwendigen Aufräumarbeiten wieder unter sich waren, erhielt Elli große Anerkennung für ihren geschickten Umgang bei ihrem ersten Einsatz. Sie fühlte sich stolz und glücklich und war zuversichtlich, auch die andere Aufgabe, die man ihr ans Herz gelegt hatte, bewältigen zu können.
     
    Aufgedreht und mit einem vergnügten Lächeln kam Elli am frühen Abend nach Hause, wo sie Benthin in der Bibliothek mit Jakob beim Lösen einer schwierigen Hausaufgabe vorfand. Er hatte Jakobs Eltern tatsächlich binnen kürzester Zeit von der Notwendigkeit überzeugen können, wie wichtig der regelmäßige Schulbesuch für den Jungen war. Der Vorschlag, Jakob könne sich durch kleine handwerkliche Hilfsdienste oder einfache Bürotätigkeiten in Benthins Haus sein Schulgeld selber verdienen, hatte die Eltern schließlich restlos überzeugt. Als Elli nun beschwingt  und strahlend schön von ihrem erfolgreichen Einsatz ins Zimmer geplatzt kam, verschlug es Benthin fast den Atem. Sie hatte lange nicht so glücklich ausgesehen. Er sah ihr an, dass sie darauf  brannte, die offenbar guten Neuigkeiten sofort loszuwerden. Doch zugleich wollte er Jakob nicht vernachlässigen und stand wieder einmal unter Zeitdruck, da er am Abend noch zu einer überaus wichtigen politischen Sitzung erwartet wurde. Sein Kopf schmerzte schon jetzt. Er fragte sich für den Bruchteil einer Sekunde, ob er wirklich in der Lage sein würde, all seine Pläne in die Tat umsetzen zu können, ohne dabei den Kontakt zu seiner Frau vollständig zu verlieren oder gesundheitlich Schaden zu nehmen. Schnell verbannte er den unangenehmen Gedanken wieder aus seinem Kopf.
    „Oh, Ihr arbeitet noch - das hatte ich ganz vergessen. Ich bin schon wieder weg!“ Wie ein fröhlicher Wirbelwind verließ Elli den Raum, streckte dann aber nochmals den Kopf zur Tür herein, da ihr noch etwas Wichtiges eingefallen war:
    „Morgen kann ich Dir dann bei den Aufgaben helfen, Jakob. Einverstanden?“ 
    Der Junge war dankbar für die Unterbrechung, da ihm die angefangene Aufgabe überaus schwerfiel und er sich ohnehin kaum noch konzentrieren konnte. Er hatte sich noch längst nicht an die fortwährenden geistigen Anforderungen gewöhnt, die der morgendliche Schulunterricht  und die Hausaufgaben am Nachmittag für ihn bedeuteten. Er wollte Benthin nicht enttäuschen, merkte jedoch, dass dieser ihm alles bis zu seinen Grenzen abverlangte und dabei zwar nicht streng, aber sehr bestimmt und ausdauernd war. Er hoffte, es bald überstanden zu haben und war gespannt, wie es wohl sein würde, mit Elli zu arbeiten:
    „Ja, einverstanden, sehr gerne“, gab er ihr mit deutlich hörbarer Erleichterung zu verstehen. Elli war sein Aufatmen nicht entgangen:
    „Ihr seht beide erschöpft aus. Vielleicht solltet ihr nicht mehr allzu lange arbeiten. Irgendwann passt sowieso nichts mehr in den Kopf.“ Lächelnd verließ sie nun endgültig das Zimmer. Endlich nahm auch Benthin wahr, dass Jakob überfordert wirkte, ganz davon abgesehen, dass es ihm selbst ebenfalls nicht besonders gut ging. Er entließ seinen Schüler für heute und bat ihn, die begonnene Arbeit am nächsten Tag mit Elli fortzusetzen. Er brauchte dringend etwas Entspannung. Im Augenblick konnte er keinen klaren

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