Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seine einzige Versuchung

Seine einzige Versuchung

Titel: Seine einzige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Westphal
Vom Netzwerk:
annahm:
    „Ich würde sehr gerne bei Deinem Plan mitmachen und ihm helfen. Es ist allerdings nicht sicher, ob Frau Klein ihn als Helfer auf dem Markt entbehren kann und… wie Du diese zusätzliche Verpflichtung bewältigen willst.“ Elli konnte sich die kritische Bemerkung nicht verkneifen. 
    „Ohne Deine Unterstützung kann ich das nicht schaffen, aber da Du einverstanden bist und…“ Er unterbrach sich plötzlich.
    „… mich ohnehin langweile…“, ergänzte Elli nun spöttisch.
    „So meine ich das nicht - musst Du mir immer das Wort im Mund herumdrehen? Denkst Du, dass Du beide Verpflichtungen auf Dich nehmen kannst?“
    „Ja, aber was ist, wenn Frau Klein nicht auf seine Mithilfe verzichten kann oder will?“
    „Ich muss noch einmal ein ernstes Wort mit Jakobs Eltern reden. Der Junge hat Potential, und sie werden ihm hoffentlich nicht die Chance auf ein besseres Leben verbauen wollen. Es muss sich grundsätzlich etwas an diesen Zuständen ändern! Da gibt es zwar das Schulpflichtgesetz, doch das ist lediglich eine Absichtserklärung und somit völlig unverbindlich. Es gibt viel zu wenig geeignete Schulgebäude und zu wenig Lehrer. Noch dazu sind unvorstellbar viele Kinder immer noch willkommene, kostenlose Arbeitskräfte, die den Eltern nicht noch mit dem Schulgeld auf der Tasche liegen sollen. Ich versuche bereits seit einiger Zeit, auf politischem Wege Einfluss auf diese Zustände zu nehmen. Auf die Dauer wird es sich unser Land gar nicht mehr leisten können, an der Bildung der Kinder zu sparen, egal aus welcher Schicht sie kommen.“ Elli nickte zustimmend:
    „Den Zuständen kann man bestimmt nur mit neuen Gesetzen beikommen, sonst wird sich nicht viel ändern. Frau Klein meinte übrigens, dass es auch gesetzlicher Vorschriften bedarf, um die unhaltbaren Arbeitsbedingungen der Fabrikarbeiter zu verbessern.“
    „Das sieht sie vollkommen richtig. In diesem Land liegt vieles im Argen - ich stehe bereits mit wichtigen Entscheidungsträgern in Verbindung, um mehr Einfluss nehmen zu können… Das ist einer der Gründe, weshalb ich so viel arbeiten muss.“
    Elli war trotz ihrer rationalen Einsicht zerknirscht, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen, weil sie ihm damit Unrecht getan hätte. Er konnte sich schließlich nicht vierteilen.
    „Es wäre einfach schön, wenn wir etwas mehr Zeit zusammen verbringen könnten, aber Deine Ziele liegen mir natürlich genauso am Herzen.“
    „Du bist wunderbar - ich bin Dir wirklich sehr dankbar für Deine Unterstützung und Dein Verständnis.“ Dass sein Arbeitspensum zugleich eine Flucht vor mehr Nähe zu Elli war, konnte er weder ihr noch sich selbst gegenüber zu diesem Zeitpunkt eingestehen.
    „Bitte pass‘ auf, dass Du Dir nicht zu viel zumutest.“
    „Das werde ich, meine Liebe, das werde ich. Und Du achtest bitte auf Dich, wenn Du Deine Pläne umsetzt, ja?“ Seine Sorge um ihr Wohlergehen rührte Elli - es war wohl seine Art, ihr seine Zuneigung als Ehemann zu zeigen.

Kapitel 13
    Von nun an verging die Zeit für Elli geradezu im Flug. Sie machte sich mit großer Energie daran, ihre Pläne umzusetzen. Erstmals konnte sie nachempfinden, wie es Benthin mit seiner Arbeit gehen musste, wie erfüllend es war, sich neuen Herausforderungen zu stellen und seine ganze Aufmerksamkeit auf die Umsetzung gesteckter Ziele zu richten. Der Gedanke an ihre Aufgaben erfüllte sie mit neuem Leben - es fühlte sich beinahe an wie das Kribbeln, das in eingeschlafene Gliedmaßen zurückkehrt, wenn die Durchblutung wieder beginnt. Allein der Wermutstropfen der geringen Nähe zu ihrem Ehemann lastete immer noch auf ihr. Doch nun konnte sie ihr Unbehagen über sein distanziertes Verhalten leichter verdrängen. Die Aussicht auf die neue Beschäftigung machte die Dinge leichter.
    Der Kontakt zum städtischen Frauenverein stellte sich als großartiger Erfolg heraus. Die Mitarbeiterinnen waren froh um jede Unterstützung. Elli hatte nicht erwartet, auf so viele Gleichgesinnte zu treffen. Die Mehrheit der Frauen stammte aus Adel und Bürgertum. Der Verein war zwar in den Grundzügen konservativ geprägt und stand unter der Protektion der Kaiserin, doch standen diese Frauen mit beiden Beinen im Leben und hatten ähnliche Ansichten wie Elli. Sie wollten sich nicht mit einem Leben im Überfluss zufriedengeben. Für diese Frauen bestand der Lebensinhalt nicht darin, die nächste Gelegenheit für kurzweilige Zerstreuung in ihrem langweiligen Leben als Gattinnen wohlhabender

Weitere Kostenlose Bücher