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Seine einzige Versuchung

Seine einzige Versuchung

Titel: Seine einzige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Westphal
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Reiz für ihn dar, galt es doch, Ellis Ehemann aus dem Weg zu gehen oder ihn zumindest im Unklaren zu lassen, was seine Absichten waren. Dass Benthin offensichtlich in politische Gespräche mit einigen Herren des Magistrats vertieft war - dieser Langweiler! -kam ihm gerade recht. Er hatte Elli rasch in der Menschenmenge entdeckt. Sie unterhielt sich gerade angeregt mit ein paar Damen des Frauenvereins, wo er mit großer Begeisterung in Empfang genommen wurde. Etwas später hatte er Elli unauffällig alleine zum Büffet gelenkt und ihr den Champagner angeboten - unbeobachtet, wie er meinte. Um es nicht zu übertreiben mit der Zweisamkeit, waren sie auf seinen Vorschlag hin zurück zu den Vereinsdamen gegangen, wo sich Kabus wieder seiner Stellung als Hahn im Korb erfreuen konnte. Schließlich ging ein unruhiges Raunen durch die Menge - der beschwingte Teil des Abends sollte nun beginnen: es durfte getanzt werden. Elli suchte mit unruhigem Blick nach Benthin, konnte ihn aber nicht zwischen all den Menschen ausmachen - wie gerne hätte sie wieder einmal mit ihm getanzt! Zuletzt hatten sie auf ihrer Hochzeit die Gelegenheit dazu gehabt, was ihr inzwischen wie eine Ewigkeit vorkam. Mustergültig forderte Kabus eine recht betagte Mitarbeiterin des Frauenvereins auf und führte sie galant durch den Saal. Es war ihm zu auffällig erschienen, sich Elli gleich als erste Tanzpartnerin zu schnappen, wenngleich er es kaum abwarten konnte, ihren Körper endlich so nahe zu spüren. Nachdem er mit zwei weiteren Vereinsdamen getanzt hatte, befand er, dem Anstand nun Genüge getan zu haben. Er nahm kein Blatt vor den Mund: 
    „Endlich! Nichts gegen Ihre Vereinskolleginnen, aber ich wollte schon die ganze Zeit nur mit Ihnen tanzen, Elli.“ Sein Mund kam ihrem Ohr gefährlich nahe bei den Worten. Niemand, außer ihr, durfte sein Geständnis hören, und zugleich wollte er sie durch die Nähe seiner Lippen betören. Sie fühlte sich herrlich biegsam in seinen Händen an. Mit seinem Kennerblick hatte er ihren Körper mittlerweile oft genug abgeschätzt. Durch zahlreiche, wie zufällig wirkende Berührungen hatte er bislang nur erahnen können, was nun Gewissheit wurde: sie war feingliedrig, jedoch nicht mager oder zerbrechlich, sondern beweglich und straff mit sanften weiblichen Rundungen an den richtigen Stellen. Ihre Bewegungen waren fließend und gaben ihm eine Vorahnung, wie hingebungsvoll sie bei einem intimen Rendezvous sein würde. In seinen Armen fühlte Elli sich bemerkenswert wohl. Durch ihre anregenden Gespräche im Park war so etwas wie ein Vertrauensverhältnis zwischen ihnen entstanden. So konnte sie seine Nähe etwas unbefangener zulassen. Da er ein ebenso guter Tänzer wie Benthin war, genoss sie den Walzer, auch wenn Kabus sie mit seinem Geständnis wieder einmal in Verlegenheit gebracht hatte. 
    „Sie wollen mir schmeicheln, Oberstleutnant.“
    „Hören Sie doch endlich mit diesen Formalitäten auf! Bitte nennen Sie mich Richard“, beharrte er nun.
    „Das werde ich gewiss nicht !“ Elli hoffte, dass niemand seine Worte hatte hören können. 
    „Aber ich habe Sie doch auch schon mehrfach beim Vornamen genannt. Sie haben bisher keine Anstalten gemacht, mich davon abzuhalten.“
    „Ich wollte nicht prätentiös erscheinen.Es wäre mir in der Tat lieber, wenn Sie es nicht täten, zumindest nicht in Gesellschaft.“ 
    „Aber wenn wir unter uns sind, haben Sie nichts dagegen?“, drängte er sie und zog sie etwas fester an sich.
    „Sie gestatten, dass ich Sie ablöse?“ Völlig unerwartet war Benthins Freund Gerlach hinter Kabus aufgetaucht und hatte ihm auf die Schulter getippt. Sein Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass er ein Nein als Antwort nicht gelten lassen würde. Er hatte einen geschickten Moment abgepasst und diskret den Wechsel vollzogen, als Elli und Kabus sich am Rand des Tanzsaals in Türnähe befanden. Elli war nicht weniger verblüfft als Kabus. Sie hatte Gerlach bisher nicht gesehen und auch nicht mit ihm gerechnet, schon gar nicht in dieser Rolle. Kabus wusste, wann er das Feld zu räumen hatte. Ihm schwante nichts Gutes. 
    „Gerlach, was machen Sie denn hier?“, fragte Elli irritiert.
    „Ich bin zum Ball eingeladen“, entgegnete dieser lapidar, wenn auch treffend. Es war nicht eindeutig, ob er zum Scherzen aufgelegt war oder ob er so kurz angebunden antwortete, weil er verärgert war. Aber warum sollte er verärgert sein? Allenfalls Benthin hätte Grund haben können, auf einen

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