Seine einzige Versuchung
Frauen ist. Hat er Dir Avancen gemacht, oder nicht?“ Elli spürte, wie Zorn in ihr hochstieg und wurde lauter:
„Darf ich mich jetzt nicht mehr mit anderen Männern unterhalten?!“
„Zwischen unterhalten und unterhalten liegen Welten! Ihr habt Euch offenbar sehr gut unterhalten! Und dann hat er auch noch mit Dir getanzt…“
„Ja genau! So wie er auch mit anderen Frauen aus dem Verein getanzt hat!“ Angesichts seines vorwurfsvollen Tons beschloss sie trotzig, keinesfalls zuzugeben, was Kabus ihr während des Tanzes gestanden hatte.
„Versuch‘ nicht, mich für dumm zu verkaufen! Euer Umgang wirkte geradezu… vertraut.“ Er verzog schmerzerfüllt das Gesicht bei dem Gedanken daran, wie er die beiden zusammen hatte lachen sehen. Auch wenn Elli ihn nicht hatte entdecken können, war er den beiden seit Kabus‘ Erscheinen beunruhigt mit Blicken gefolgt und hatte irgendwann beschlossen, einzugreifen. Gerlach war nicht sonderlich erbaut von seiner Idee gewesen, da er Kabus‘ Verhalten nicht als bemerkenswert ungebührlich empfand. Er fürchtete, es könne mit Benthin durchgehen. So hitzköpfig hatte er ihn seit Jahren nicht mehr gesehen. Aber Benthin war überzeugt, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zuging, und so hatte Gerlach sich schließlich überreden lassen, sich um Elli zu kümmern, während Benthin dem berüchtigten Frauenhelden den Kopf wusch. Gerlach war heilfroh, dass der Freund sich offensichtlich so weit hatte beherrschen können, dass die Situation nicht eskaliert war. Er hoffte nur zu Benthins und Ellis Gunsten, niemand der zufällig in der Nähe stehenden Gäste möge etwas von dem Zwischenfall mitbekommen haben. Angespannt hatte er dem Paar beim Verlassen des Gebäudes nachgeblickt.
„Du siehst Gespenster!“
„Das glaube ich nicht - ich weiß, was ich gesehen habe!“ Benthin ließ nicht locker. Allmählich platzte Elli der Kragen. Wochen- nein! monate lang hatte er nicht einmal Zeit für ein richtiges Gespräch mit ihr gehabt, und nun wollte er ihr den Umgang mit dem einzigen Mann verbieten, der ihr die ersehnte Aufmerksamkeit entgegenbrachte, die sie so vermisste:
„Was erwartest Du? Ich bekomme ihn im Verein beinahe häufiger zu Gesicht als Dich hier zu Hause. Da ist es doch wohl ganz natürlich, dass man mal ins Gespräch kommt. Du hast ja bekanntlich nicht die Zeit dazu! Willst Du mir jetzt den Umgang verbieten?!“ Benthin fühlte sich getroffen angesichts ihrer klaren Worte - so aufgebracht hatte er sie bisher nur erlebt, als sie die Verkupplungsversuche ihrer Mutter mit harten Worten demontierte. Damals galt ihre Entrüstung jedoch weniger ihm als vielmehr der Mutter, und ihr Temperament hatte ihn fasziniert und erregt. Nun war es anders - diese Situation war alles andere als faszinierend oder gar erregend. Er war sich durchaus bewusst, sie vernachlässigt zu haben. Dabei kannte sie doch seine Motive und hatte bisher immer Verständnis dafür gezeigt. Der Ehrlichkeit halber musste er zugeben, dass sie nicht immer begeistert gewesen war, wenn er sie aufgrund seiner Verpflichtungen wieder einmal vertrösten musste. Dies war letztlich ja auch der Grund für Elli gewesen, sich nach einer Tätigkeit umzusehen, die sie erfüllte. Bislang hatte er überhaupt nichts dagegen einzuwenden gehabt, doch nun war seine Eifersucht ins Spiel gekommen. Er konnte nichts dagegen tun, als sich damit zu beruhigen, der Kontakt zwischen ihr und Kabus sei vermutlich doch vollkommen harmlos. Halbherzig überzeugt zwang er sich zur Raison:
„Es liegt mir fern, Dir irgendetwas zu verbieten - das weißt Du doch. Bitte pass‘ nur auf, wem Du vertraust. Versprichst Du mir das?“ Seine Stimme hatte nun wieder einen gemäßigteren Tonfall angenommen.
„Nur weil ich jünger bin als Du, musst Du nicht wie mit einem kleinen Kind mit mir sprechen! Aber gut, ich verspreche Dir, auf mich aufzupassen! Gute Nacht!“ Elli hatte sein Einlenken nicht als Friedensangebot auffassen wollen. Sie fühlte sich von ihm nicht ernst genommen und wollte gleichzeitig ihr schlechtes Gewissen mit ihren vorwurfsvollen Worten kaschieren. Sein Verdacht ließ sich schließlich nicht ganz von der Hand weisen, und doch befand sie ihren Kontakt zu Kabus trotzig als harmlose, aber angenehme Abwechslung, die sie vorerst nicht missen mochte. Kopfschüttelnd blickte Benthin ihr nach, als sie nun die Treppe hinaufeilte. Da sie früher als erwartet heimgekehrt waren, beschloss er, noch ein wenig zu arbeiten.
Elli hört
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