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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Frankreich seinen Mann
stellen«, fügte Herr Beulin d'Orchère hinzu, indem er seinem
Bulldoggengesicht einen schlauen Ausdruck zu geben suchte.
    Das war gerade aufs Ziel losgegangen, und der Kaiser geruhte zu
lächeln. Er lachte sogar ganz herzhaft, als Rougon von all diesen
Lobsprüchen verwirrt, bescheiden erwiderte:
    »Mein Gott, ich habe als Knabe Knöchel gespielt!«
    Der ganze Saal brach in Lachen aus, als Seine Majestät das
Beispiel dazu gab, und ein Weilchen herrschte ungewöhnliche
Heiterkeit. Clorinde hatte mit weiblicher Schlauheit sofort
begriffen, daß man mit der Bewunderung Rougons, der im ganzen nur
sehr mittelmäßig spielte, vor allem dem Kaiser schmeichelte, der
eine unbestreitbare Überlegenheit bewies. Indessen hatte Herr von
Plouguern sich noch nicht bequemt, diesen von ihm beneideten Erfolg
zu feiern. Sie stieß ihn wie aus Versehen mit dem Ellbogen an; er
begriff und begeisterte sich über den nächsten Stein, den sein
Kollege warf. Herr La Rouquette ließ sich gar zu dem gewagten Warte
hinreißen:
    »Sehr hübsch! Ein mächtiger Wurf!«
    Als der Kaiser gewonnen hatte, bat Rougon um die Gelegenheit,
seine Niederlage wettmachen zu dürfen. Die Steine glitten von neuem
über das grüne Tuch gleich dem Rascheln dürren Laubes, als ein
Kinderfräulein im Zimmer der Kaiserin erschien, auf dem Arme den
kaiserlichen Prinzen. Das etwa zwanzig Monate alte Kind war sehr
einfach in Weiß gekleidet, sein Haar war wirr, seine Augen
schlaftrunken. Wenn es so des Abends
erwachte, wurde es gewöhnlich der Kaiserin gebracht, die es
liebkoste. Es blickte mit dem ernsthaften Ausdruck kleiner Kinder
in das glänzende Licht.
    Ein Greis, hoher Würdenträger, humpelte heran, so schnell es
seine gichtbehafteten Beine gestatteten, beugte den greisenhaft
zitternden Kopf nieder, ergriff das weiche Kinderhändchen und
murmelte mit seiner gebrochenen Stimme:
    »Kaiserliche Hoheit! … Kaiserliche Hoheit! … «
    Das Kind, durch die Annäherung dieses Pergamentgesichtes
erschreckt, warf sich heftig zurück und begann laut zu schreien.
Aber der Alte ließ es nicht los, sondern beteuerte seine
Ergebenheit, so daß man das weiche Händchen seinen Lippen und
seiner Verehrung entziehen mußte.
    »Tragen Sie das Kind hinaus!« sagte der Kaiser ungeduldig zu dem
Fräulein.
    Die zweite Partie hatte er verloren. Jetzt begann die
entscheidende. Rougon, der die Lobsprüche ernst nahm, gab sich alle
Mühe, und Clorinde fand, daß er zu gut spiele. Während er seine
Steine sammelte, flüsterte sie ihm ins Ohr:
    »Ich hoffe, Sie werden nicht wieder gewinnen.«
    Er lächelte. Plötzlich wurde lautes Gebell vernehmlich: Nero,
des Kaisers Lieblingshund, war durch eine offene Tür in den Saal
gedrungen. Seine Majestät gab Befehl, ihn hinauszuführen, und ein
Diener hielt ihn schon am Halsband, als der Alte, der hohe
Würdenträger, von neuem hervorstürzte und rief:
    »Mein schöner Nero, mein schöner Nero! … «
    Er kniete fast auf den Teppich, um ihn in seine zitternden Arme
zu schließen. Er drückte den Kopf des Hundes an seine Brust, küßte
ihn und wiederholte:
    »Bitte, Majestät, schicken Sie ihn nicht fort! Er ist so
schön!«
    Der Kaiser willigte ein, daß er bleibe,
worauf der Alte seine Liebkosungen verdoppelte. Der Hund knurrte
nicht einmal, sondern leckte zutraulich die welken Hände, die ihn
streichelten.
    Rougon beging unterdessen Fehler über Fehler. Er warf einen
Stein so ungeschickt, daß die tuchüberzogene Bleischeibe in den
Busen einer Dame flog, die sie errötend zwischen ihren Spitzen
hervorholte. Der Kaiser gewann. Darauf gab man ihm in zartsinniger
Weise zu verstehen, daß er einen Sieg errungen habe, auf den er
stolz sein könne. Er wurde dadurch fast gerührt und ging mit Rougon
plaudernd auf und ab, als ob er sich verpflichtet fühle, ihn zu
trösten. Sie begaben sich an das Ende des Saales, um für ein
Tänzchen Platz zu machen, das zum Schluß des Abends veranstaltet
wurde.
    Die Kaiserin trat eben aus ihrem Zimmer und bemühte sich mit
bezaubernder Anmut, die zunehmende Langeweile zu zerstreuen. Sie
hatte vorgeschlagen, ein Spiel zu beginnen, aber es war schon spät,
man zog vor zu tanzen. Alle Damen hatten sich im Wandkartensaale
versammelt, und man sandte in das Rauchzimmer, um die Herren zu
holen, die sich dort versteckt hielten. Als die Paare zur Quadrille
antraten, setzte sich Herr von Combelot dienstbereit an das Piano.
Es war ein Spielwerk, das durch eine Kurbel in Bewegung gesetzt
wurde. Der

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