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Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Titel: Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianluigi Nuzzi
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hat?
    Verzeihen Sie
mir diese Tirade. Sie ist nichts als ein kleiner Ausbruch gegenüber einem
erfahrenen und klugen Priester, auf dessen Wohlwollen ich vertraue. In der
Hoffnung auf Ihr Verständnis verbleibe ich ganz der Ihre, Dino Boffo.
    Der Papst will es wissen
    Die Stimmung in der Kurie ist angespannt. Nur wenige Tage
später muss Benedikt XVI. – dies belegen
mehrere Quellen – feststellen, dass sich nicht alle Artikel zum Fall Boffo in
dem Pressespiegel befinden, der für ihn persönlich vom Staatssekretariat
angefertigt wurde. [8] Der Papst beschließt, eine interne Ermittlung
einzuleiten, und vertraut sie seinem getreuen Privatsekretär Gänswein an.
    In der Zwischenzeit setzt Boffo die eigenen Recherchen fort. Am 1. Februar
trifft er sich in einem Nebenzimmer des Mailänder Restaurants »Da Berti« mit
dem Chefredakteur des Il Giornale zu einem klärenden
Gespräch. Beim Hinausgehen erhält Boffo von Feltri den entscheidenden Hinweis.
»Er hat mich gefragt, was Bertone und Vian nur gegen mich hätten.« Womit Feltri
das bestätigt, was Boffo selbst in seinen Briefen an Gänswein behauptet hat.
Und Feltri legt nach: »In unserem Gespräch hat mich Boffo nicht gefragt, wer
meine Quelle ist, denn er kannte sie bereits, und zwar besser als ich.«
Tatsächlich spekulieren einige Tageszeitungen schon über eine mögliche
Verstrickung Bertones und Vians.
    Zunächst ist es die von Giuliano Ferrara geleitete Zeitung Il Foglio , die über eine »institutionelle« Quelle
berichtet. Boffo schweigt. Kein Interview, keine Erklärung. Doch die
Anspielungen häufen sich, und schließlich meldet sich das Staatssekretariat mit
einer offiziellen Stellungnahme zu Wort. Auf ausdrücklichen Wunsch des Heiligen
Vaters erscheint auf der Titelseite des Osservatore Romano eine scharfe Kritik an der »Verleumdungskampagne gegen den Heiligen Stuhl, die
sogar den Papst mit einbezieht«. Und sie richtet sich gegen alle Zeitungen, die
versucht hätten, dem »Chefredakteur des Osservatore Romano ohne jeden Nachweis und in verleumderischer Absicht eine unbegründete,
irrationale und böswillige Handlungsweise anzudichten«. [9] Massimo
Franco vom Corriere della Sera , ein genauer
Beobachter vatikanischer Angelegenheiten, durchleuchtet die Situation: »Die
Tageszeitung [ Il Giornale ], die dem Bruder des
Ministerpräsidenten gehört, war nur Mittel zum Zweck in einer
Auseinandersetzung, die innerhalb des Vatikans begonnen hat. Monatelang
brodelte der Konflikt unter der Oberfläche. Dabei geht es weniger um eine Art
Heilige Allianz zwischen Berlusconi und Teilen der katholischen Hierarchie als
vielmehr um eine subtile Herausforderung für den Primat innerhalb der Kirche
von heute und möglicherweise in den Kräfteverhältnissen im nächsten Konklave.
Jedenfalls ist nicht ganz klar, wer am Ende von wem profitieren soll – die
politische von der kirchlichen Macht oder umgekehrt. Immer deutlicher wird jedoch,
dass ein Fall, der als erledigt und begraben galt, in Wirklichkeit noch nicht
gelöst ist.« [10]
    Die Wahrheit hat viele Gesichter. Trotzdem bleibt die Sache für
viele bis zu dem Zeitpunkt schleierhaft, als eine weitere Indiskretion über den
Urheber der Akte Boffo durchsickert: »Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde das
Dokument lange zuvor von der Gendarmerie gefälscht, im Auftrag des damaligen
Substituten im Staatssekretariat, Leonardo Sandri«, des argentinischen
Kardinals, heute Präfekt der Kongregation für die Orientalischen Kirchen. [11] Doch wenn das stimmt, in wessen Interesse hat Sandri gehandelt? Eine
wichtige Frage, die Spuren hinterlässt, auch wenn sie vorerst unbeantwortet
bleibt.
    Boffos sprachliche Gewandtheit ist zweifellos bemerkenswert. Er
rekonstruiert seine Wahrheit in der Überzeugung, sie beweisen zu können, und
versucht, der Schilderung jede persönliche Note zu nehmen, indem er die
Objektivität der Fakten herausstellt. Mit dieser Strategie ist man in der
Kirche meist auf der sicheren Seite: Wenn man einen Vorfall schildert und einem
Adressaten gegenüber – einem Kirchenmann, der gewillt ist, sich der Sache
anzunehmen – durchscheinen lässt, dass persönliche Dinge im Spiel sein
könnten, verliert man an Überzeugungskraft. Trotz der langsamen, wenn auch
unerbittlichen Verfahrensschritte innerhalb der Kirche enden Boffos
Anschuldigungen daher nicht in der Schublade. Gänswein spricht mit dem Heiligen
Vater, und auch Kardinal Bagnasco liegt die Angelegenheit am Herzen. Im
Apostolischen Palast

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