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Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Titel: Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianluigi Nuzzi
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Zeit, um
sich in die Diskussion einzubringen, ist äußerst knapp. Aufseiten der CEI hat
sich bisher Mons. [Mauro] Rivella [Sekretär und Leiter des Nationalen Büros für
Rechtsfragen der CEI] als zuständiger Referent mit dem Verfahren befasst. Man
empfiehlt uns, ihn zu ermutigen, nach Klärung des Willens der Führung des
Heiligen Stuhls rasch eine Abschlussdiskussionsrunde einzuberufen. Der
Ansprechpartner im Finanzministerium ist Enrico Martino (Neffe von Kard. Martino).
    Ich kann
Hinweise für den Umgang mit Kommissar Almunia geben, damit er uns ein wenig
Zeit gewährt (bis Ende November) und den Abschluss des Verfahrens nicht
beschleunigt. Ettore Gotti Tedeschi – 30.   September 2011.
     
    Jetzt geht es darum, Zeit zu gewinnen, um eine neue
Regelung zu gestalten, die das Risiko einer Verurteilung ausschließt. Hierzu
gibt Gotti Tedeschi die Linie vor, die gegenüber dem europäischen
Wettbewerbskommissar, dem Spanier Joaquín Almunia, verfolgt werden soll. In der
Zwischenzeit sollen sich die Fachleute so schnell wie möglich ans Werk setzen
und die Empfehlungen Tremontis ausarbeiten. Bertone und Benedikt XVI. gefällt der Vorschlag, weil er die
drohende Verurteilung abwendet, weitere Kritik vermeidet und unanfechtbare
Maßstäbe festlegt. Der Papst gibt seine Zustimmung. Nach einem Jahr der
Diskussionen scheint im Oktober eine grundlegende Einigung in Sicht. Aber die
Situation ändert sich rasch, für die Regierung Berlusconi sieht es düster aus.
Die politischen Kräfteverhältnisse stehen vor einem radikalen Umbruch. Anfang
November tritt Berlusconi zurück, die Regierung stürzt.
    Für die Frage der Immobiliensteuer stellt sich die politische Krise
wie blanker Hohn dar. Wie beim Mensch-ärgere-dich-nicht geht es wieder zurück
auf »Start«. Jetzt beginnt der Countdown: Einerseits müssen Italien und der
Vatikan eine Verurteilung durch die EU vermeiden, andererseits braucht es Zeit,
um eine Lösung zu erarbeiten, die von allen neuen Beteiligten mitgetragen wird.
    Der diplomatische Apparat läuft wieder an, und schon bald stellen
sich die ersten Ergebnisse ein. Aus Europa kommen Signale der Entspannung, der
Termin für die Entscheidung, die Gotti Tedeschi Ende November erwartet hat,
wird auf April verschoben. Es ist noch intensiv an einer ausgefeilten Regelung
zu arbeiten, mit der eine saftige Strafe vermieden werden kann. In der
Auseinandersetzung mit der neuen Regierung sorgt der Amtsantritt von Corrado
Passera und Mario Monti dafür, dass man nicht wieder bei null anfangen muss.
Eine ganze Reihe von Ministern und Staatssekretären sind dem Heiligen Stuhl und
den verschiedenen Strömungen innerhalb der Kirche eng verbunden. Der neue
Minister für Internationale Zusammenarbeit und Integration Andrea Riccardi,
Gründer der Gemeinschaft Sant’Egidio, nimmt die Fäden wieder auf, Bertone kann
auf einen engen Mitarbeiter von Regierungschef Monti zählen. Doch die ohnehin
komplizierte Situation wird durch die allgemeine Wirtschaftskrise Italiens
verschärft. Monti muss dem Land das Schicksal Griechenlands ersparen, er braucht
Geld und wird den Italienern Opfer abverlangen. Wie soll er dies tun, ohne
Pfründen und Privilegien anzutasten, einschließlich derjenigen der Kirche? Als
er im Dezember die Sparmaßnahmen vorstellt, nimmt er die steuerliche
Freistellung von kirchlichen Einrichtungen mit gewerblicher Nutzung nicht
zurück. Diese Entscheidung lässt die Spannung steigen. Unmut wird laut.
Abgeordnete des Partito Democratico, laizistische Bewegungen und viele andere
verlangen von dem neuen Regierungschef, die Kirche solle auf ihre Güter
Immobiliensteuer zahlen wie alle Bürger auch. Avvenire versucht sich in einer lautstarken Verteidigung und weist den Vorwurf von
Privilegien zurück.
    In der Tat ist eine Vereinbarung zwischen Italien und der
katholischen Kirche unabdingbar, um dem Fallbeil Europas zu entgehen. Die von
Tremonti in der vertraulichen Notiz beschriebene Situation ist nach wie vor
aktuell. Die empfohlene Lösung erscheint als die beste, als der erfolgreiche
Schachzug. Die erste Andeutung kommt Mitte Dezember von Bagnasco, als er sich
bereit zeigt zu einer »Klärung, sofern in der Formulierung einzelner Stellen
des Gesetzes derartige Präzisierungen erforderlich sein sollten«. Bertone
unterstützt die Linie des neuen Regierungschefs Monti und signalisiert
Gesprächsbereitschaft: »Die Immobiliensteuer«, sagt er, »ist ein besonderes
Problem, das geprüft und vertieft werden muss, aber die

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