Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)
Päpstlichen Kommission für religiöse
Beziehungen zum Judentum, hebt in einem Interview mit Radio Vatikan mahnend den
Zeigefinger und spricht ausdrücklich von »Fehlern im Management der Kurie«.
Schließlich könne »sich niemand darüber freuen, dass Missverständnisse
aufgetreten sind«. Die Kritik scheint gegen den Vorsitzenden der Kommission
Ecclesia Dei, Dario Castrillón Hoyos, gerichtet, der bei den
Ultratraditionalisten vermittelt, aber auch gegen Giovanni Battista Re, den
Präfekten der Kongregation für die Bischöfe: zwei Kardinäle, die jedoch im
Namen des Heiligen Vaters gehandelt haben. Und deshalb richtet sich Kaspers
Kritik auch gegen Benedikt XVI.
Aber die Verwerfungen setzen sich jenseits der Leoninischen Mauer
fort, auch in der katholischen Kirche in Deutschland. Die Verbitterung
Benedikts XVI. wächst. Er interveniert, fordert
Auskunft über die nicht nachlassende Kritik. An seine Mitarbeiter schreibt er
vertraulich:
Ich wundere
mich, dass der Nuntius die Empfehlungen Kard. Lehmanns »in vollem Umfang
teilt«, der gesagt hat, der Heilige Vater müsse sich bei den Juden und den
Kirchenmitgliedern entschuldigen. Deutlich besser als diese merkwürdige
Erklärung des Kardinals ist sein Interview mit der Zeitung Die Welt am 1. Februar, in dem sich jedoch mehrere Ungenauigkeiten
finden: Ich war nie in Paris, um mit Lefebvre zu sprechen; Lefebvre hatte die
Übereinkunft zwar tatsächlich unterzeichnet, seine Unterschrift aber am
nächsten Tag zurückgezogen etc. Im Wesentlichen jedoch ist dieses Interview
gut. Der Nuntius gibt die Reaktionen der Kard. Meisner und Lehmann weiter; ich
weiß auch, was S. E. Erzbischof Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen
Bischofskonferenz, gesagt hat. Aber wie ich höre, hat der Bischof von
Rottenburg-Stuttgart, aber auch der Erzbischof von Hamburg den Heiligen Vater
kritisiert. Es wäre notwendig, die Reaktionen aller deutschen Bischöfe zu
kennen. Verschiedene theologische Fakultäten (Münster, Tübingen, Freiburg,
vielleicht auch andere) haben Erklärungen herausgegeben. Es wäre notwendig,
diese Texte zu kennen. Ich beabsichtige, einen Brief an die Bischöfe zu
schreiben [was Benedikt XVI. zwei Wochen später tun wird], sobald der »mediale
Tsunami« vorbei ist, um die Linie des Heiligen Stuhls zu verdeutlichen, warte
aber noch umfassendere Informationen ab.
In der Frage der Aufhebung der Exkommunikation sind die
Ansichten nach wie vor tief gespalten, und das Thema findet größte
Aufmerksamkeit. Daher erscheint es völlig unglaubhaft, dass niemand von diesem
fürchterlichen Interview des Bischofs zum Holocaust am Vorabend der Herausgabe
des Dekrets Notiz genommen haben soll. Doch das Protokoll des Gipfeltreffens
der Kardinäle am 22. Januar
2009
ist der Beweis. Bei Bertone versammelt sind Castrillón Hoyos, [10] William Levada, Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, Giovanni
Battista Re und Kardinal Cláudio Hummes, der an der Spitze der Kongregation für
den Klerus steht. Mit dabei sind außerdem die Bischöfe Fernando Filoni und
Francesco Coccopalmerio, der später Kardinal wird.
Es ist der Vorabend der offiziellen Verkündigung des Dekrets. Die
Kardinäle wägen jedes Detail sorgfältig ab, damit alles reibungslos
vonstattengeht. Bertone lässt Kopien des Dekrets verteilen, das die
Exkommunikation widerruft, dann eröffnet er die Sitzung mit der Erörterung der
»Situation in dem Moment, wenn am Samstag, dem 24. Januar 2009,
um 12.00 Uhr
in Rom das Dekret veröffentlicht wird, mit dem die Exkommunikation der vier
Bischöfe widerrufen wird«. Ein vergebliches Bemühen, wie wir heute wissen. Der
Staatssekretär legt der Versammlung insbesondere zwei Fragen vor: Betrifft
dieser Akt auch »die Priester, die Ordensleute und die Gläubigen?« Und: Angesichts
der Notwendigkeit, die »wohlwollende Entscheidung des Papstes genauer zu
erläutern«, möchte Bertone von Re und den anderen Kardinälen wissen, ob »eine
erklärende Note zu besagtem Dekret angebracht« ist. Das Besprechungsprotokoll
spiegelt das Bemühen um ein Gleichgewicht der Kräfte innerhalb der Kurie wider:
Kard. Re
sprach vor allem über die Art und Weise, wie er von dem Dekret Kenntnis
erhalten hat, das er nach einigen vom Heiligen Vater gebilligten Korrekturen
unterschrieben hat; die Korrekturen waren marginal und dienten lediglich der
größeren Klarheit des Wortlauts. Der Kardinal betonte, da es Kard. Gantin
gewesen sei, der das Dekret unterzeichnet habe, mit
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