Seine junge Geliebte
Bärbel Linke schüttelte den Kopf. Einen Augenblick lang sah es aus, als ob sie die Schwester einfach beiseiteschieben und in das Zimmer gehen wollte. Aber dann zog sie es doch vor, höflich zu bleiben.
Die Schwester ging auf Peter Sartorius zu, der sie fragend anschaute. »Bringen Sie mir schon das Beruhigungsmittel?«
»Nein, Ihre Tochter ist draußen!«
»Meine Tochter?« fragte Sartorius betroffen. »Ich habe keine Tochter.«
Die Schwester zuckte mit den Schultern. »Eine junge Dame ist draußen. Ich dachte, es wäre Ihre Tochter. Kann ich sie hereinlassen?«
Der Patient schob die Schwester beiseite, ging zur Tür und öffnete sie. Bärbel hatte die Worte der Schwester gehört. Sie beschloß, sie zu ignorieren und so zu tun, als habe sie sie nicht verstanden. Sie ging auf Peter Sartorius zu und wickelte das Papier von den Blumen. »Du hast mir einen schönen Schrecken eingejagt. Warum hast du mir nicht früher gesagt, daß du ins Krankenhaus mußt? Und dann noch so plötzlich! Ich habe mir große Sorgen gemacht.«
Peter Sartorius nahm gerührt die Blumen entgegen. Er schaute sich suchend im Zimmer um und entdeckte auf der Fensterbank eine Vase. Er füllte sie mit Wasser, steckte die Blumen hinein und stellte sie auf den kleinen Tisch.
»Sind die schön! Ausgerechnet Amaryllis.« Er ging auf sie zu, umarmte sie und zog sie an sich. »Wie schön, daß du mir diese Blumen gebracht hast. Sie bringen eine schöne Erinnerung zurück.«
Bärbel schaute ihn erstaunt an. »Inwiefern eine schöne Erinnerung?« Sie überlegte und lächelte dann. »Ach so, jetzt erinnere ich mich! Amaryllis waren die ersten Blumen, die du mir schenktest, als wir unser erstes Rendezvous hatten. Entschuldige! Aber ich hatte es vergessen. Du hast recht. Ich habe mich damals auch sehr lange an der Blütenpracht gefreut!« Sie bemerkte seinen enttäuschten Blick, ging auf ihn zu, legte ihm die Hand auf die Schulter und drückte ihm einen Kuß auf die Wange. »Nicht böse sein! Vielleicht –«, fiel ihr eine Ausrede ein, »habe ich im Unterbewußtsein an die damaligen Amaryllis gedacht. Wie wäre ich sonst daraufgekommen, ausgerechnet diese ausgefallenen Blumen mitzubringen?«
Er schaute sie einen Augenblick lang zweifelnd an, aber dann schien er sein Mißtrauen überwunden zu haben. »Vielleicht ist es sogar besser, wenn man eine solche Handlung aus dem Unterbewußtsein heraus vornimmt, als wenn man sie sich genau überlegt. Sie sind wunderschön, diese Amaryllis!«
»Du siehst –«, sie zog sich einen Stuhl herbei und setzte sich, »daß die Welt noch in Ordnung ist. Aber nun erzähle, warum du so plötzlich operiert werden mußt. Ausgerechnet zu einer Zeit, wenn ich nicht hier bin. Du weißt doch, daß ich morgen in aller Frühe nach Paris fahren muß.«
Er setzte sich zu ihr und nahm ihre Hände in die seinen. »Es ist nichts Schlimmes«, versuchte er ihre Bedenken zu zerstreuen. »Es ist eine kleine Reparatur, die eigentlich schon lange fällig war. Im Grunde genommen ist es wahrscheinlich sogar ganz gut, daß du mich direkt nach der Operation nicht siehst. Dr. Bruckner hat mir gesagt, daß ich dann blutunterlaufene Augen haben werde – bestimmt kein schöner Anblick.«
»Du hast mir doch niemals gesagt, daß deine Augen tränen. Das müßte doch der Fall sein, wenn ein solches Leiden vorliegt?«
Peter Sartorius überlegte krampfhaft, wie er die Frage beantworten könnte. »Es ist auch noch kein akuter Verschluß«, fiel ihm schließlich eine Antwort ein. »Es soll nur prophylaktisch vorgenommen werden. Es besteht sonst die Gefahr, daß sich das Leiden verschlimmert und weitere Folgen haben kann.« Sartorius atmete auf, als ihm diese nichtssagende Erklärung gelungen war.
Bärbel überlegte, dann nickte sie. »Wahrscheinlich hast du recht. Ich kannte einmal einen Amateurboxer. Der bekam ein paar Schläge ins Gesicht gewischt. Wie der nachher aussah!« Bärbel schüttelte den Kopf. »Furchtbar! Es hat Wochen gedauert, bis seine Augen wieder normal aussahen. Es ist vielleicht wirklich besser, dich erst wiederzusehen, wenn alles vorbei ist.« Sie setzte sich wieder auf den Stuhl. »Und du verschweigst mir auch nichts?« Sie hatte seine Hände ergriffen und schaute ihn mit ihren dunklen Augen fragend an.
Er erschrak. »Was soll ich dir verschweigen? Hat Dr. Heidmann dir vielleicht irgend etwas gesagt?« Seine Stimme klang mißtrauisch.
Bärbel betrachtete ihn kopfschüttelnd. »Also stimmt doch nicht alles, was du mir
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