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Seine Lordschaft lassen bitten

Titel: Seine Lordschaft lassen bitten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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über Ihren Besuch sicher freuen: Bitte, treten Sie näher. Plunkett, Mr. Frobisher- Pym ist hier, um dich zu besuchen.«
    Der ältere Mann, der zusammengekauert vor dem Feuer saß, wandte ihnen ein klägliches Gesicht zu und stand halb auf, während er zum Gruß einen Finger an die Stirn legte.
    »Nun, Plunkett, wo zwickt's denn?« erkundigte sich Mr. Frobisher-Pym in der herzhaften Art, die sich die Landjunker zugelegt haben, wenn sie ihre Untergebenen am Krankenbett besuchen. »Tut mir leid, daß ich Sie nicht auf den Beinen sehe. Wieder mal das alte Leiden, wie?«
    »Nein, Sir, nein, Sir. Dank der Nachfrage. Mir geht es an sich ganz gut. Aber ich habe eine Warnung bekommen und werde nicht mehr lange in dieser Welt leben.«
    »Nicht mehr lange leben? Unsinn, Plunkett. So dürfen Sie nicht reden. Es wird wohl eine kleine Verdauungsstörung sein. Dabei sieht man nämlich a uch schwarz. Mit mir ist auch gar nichts los, wenn ich einen Gallenanfall habe. Versuchen Sie es einmal mit einer Dosis Rizinusöl oder mit einem alten probaten Hausmittelchen. Die sind nicht zu unterschätzen. Dann werden Sie nicht mehr von Warnungen und vom Sterben reden.«
    »Gegen meine Krankheit ist kein Kraut gewachsen. Niemand, der das gesehen hat, was ich gesehen habe, ist mit heiler Haut davongekommen. Aber da Sie und der Herr gerade da sind, möchte ich Sie fragen, ob Sie mir wohl einen Gefallen tun wollen.«
    »Natürlich, Plunkett. Alles, was Sie wollen. Worum handelt es sich denn?«
    »Nur um mein Testament, Sir. Der alte Pastor tat es gewöhnlich. Aber mit diesem neuen jungen Mann, mit seinen Kerzen und Geschichten, verstehe ich mich nicht. Ich weiß nicht, ob er es so richtig nach dem Buchstaben des Gesetzes macht, Sir, und es soll keine Scherereien geben, wenn ich nicht mehr bin. Da mir nicht viel Zeit bleibt, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie für mich klar und deutlich mit Tinte und Feder aufschreiben würden, daß das bißchen, was ich besitze, an Sarah und nach ihrem Tode zu gleichen Teilen an Alf und Elsie fallen soll.«
    »Natürlich mache ich das für Sie, Plunkett, wenn Sie wollen. Aber es ist Unsinn, von Testamenten zu reden. Du meine Güte, es sollte mich nicht überraschen, wenn wir alle vor Ihnen stürben.«
    »Nein, Sir. Ich bin ein gesunder, kräftiger Mann gewesen. Das will ich nicht abstreiten. Aber ich bin gerufen worden, Sir, und ich muß gehen. Ich weiß, es bleibt keiner verschont. Aber es ist doch furchtbar, wenn man den Totenwagen kommen sieht, der einen abholen wird, und weiß, daß die Toten darin sind, die nicht in ihrem Grabe ruhen können.«
    »Na, na, Plunkett, Sie wollen mir doch wohl nicht erzählen, daß Sie an den alten Unsinn mit der Todeskutsche glauben. Ich habe Sie für einen aufgeklärten Mann gehalten. Was würde Alf wohl sagen, wenn er solchen Unsinn von Ihnen hörte?«
    »Ach, Sir, junge Leute wissen auch nicht alles, und in Gottes Schöpfung gibt es noch viel mehr Dinge, als man in gedruckten Büchern findet.«
    »Na ja«, meinte Mr. Frobisher-Pym, der dieser Gelegenheit nicht widerstehen konnte, »es gibt halt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als unsere Schulweisheit sich träumen läßt... Ganz richtig. Aber das bezieht sich nicht auf heute«, fügte er widerspruchsvoll hinzu. »Im zwanzigsten Jahrhundert gibt es keine Geister. Denken Sie einmal ruhig über die Sache nach, und dann werden Sie finden, daß Sie sich geirrt haben. Es gibt wahrscheinlich eine ganz einfache Erklärung dafür. Du meine Güte! Wenn ich daran denke, wie Mrs. Frobisher-Pym eines Nachts in Angst und Nöten aufwachte, weil sie glaubte, jemand habe sich an unserer Schlafzimmertür erhängt. Ein törichter Gedanke, denn ich lag ja wohlbehalten neben ihr im Bett – schnarchte sogar, wie sie sagte, ha, ha! –, und wenn jemand das Verlangen gehabt hätte, sich aufzuknüpfen, wäre er wohl nicht in unser Schlafzimmer gekommen, um es zu tun. Na, sie umklammerte in großer Aufregung meinen Arm, und als ich aufstand und die Sache näher untersuchte, was meinen Sie wohl, was es war? Meine Hose, die ich am Hosenträger aufgehängt hatte und aus der die Socken noch herausbaumelten. Du lieber Gott! Was für Vorwürfe habe ich da bekommen, weil ich meine Sachen nicht ordentlich weggelegt hatte! «
    Mr. Frobisher-Pym lachte, und Mrs. Plunkett sagte pflichtschuldigst: »Nein, so was!« Ihr Mann schüttelte den Kopf.
    »Das mag j a alles so sein, Sir, aber ich habe gestern nacht die Todeskutsche mit eigenen Augen gesehen. Die

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