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Seine Lordschaft lassen bitten

Titel: Seine Lordschaft lassen bitten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Kirchturmuhr schlug gerade Mitternacht, und da kam sie den Weg herauf, der an der Wand der alten Priorei entlangführt.«
    »Und was machten Sie um Mitternacht noch da draußen?«
    »Ich hatte meine Schwester besucht, Sir. Deren Sohn war gerade da. Er hatte Urlaub von seinem Schiff.«
    »Und Sie haben natürlich tüchtig auf sein Wohl getrunken , nicht wahr, Plunkett?« Mr. Frobisher-Pym hob drohend den Zeigefinger.
    »Nein, Sir. Ein paar Gläser Bier habe ich wohl getrunken, das will ich nicht abstreiten. Aber betrunken war ich nicht. Meine Frau kann Ihnen das bestätigen, daß ich ziemlich nüchtern war, als ich nach Hause kam.«
    »Das stimmt, Sir«, mischte sich seine Frau ein. »Plunkett hatte gestern abend keinen Tropfen zuviel getrunken. Das kann ich beschwören.«
    »Und was haben Sie denn gesehen, Plunkett?«
    »Die Todeskutsche, wie ich Ihnen schon sagte. Geisterhaft weiß und völlig geräuschlos wie die Toten, die darin waren, Sir. «
    »Ein Lastwagen, der nach Lymptree oder Herriotting fuhr.«
    »Nein, Sir – es war kein Lastwagen, es war eine Kutsche. Ich habe die Pferde gezählt – vier weiße Pferde, und sie trabten vorbei ohne Hufschlag, ohne Klirren des Zaumes. Und das war noch nicht – «
    »Vier Pferde! Nanu, Plunkett, Sie müssen wohl doppelt gesehen haben. Niemand in dieser Gegend würde mit vier Pferden fahren, höchstens Mr. Mortimer aus Abbotts Bolton, und der würde seine Gäule nicht um Mitternac ht herumkutschieren.«
    »Vier Pferde waren's, Sir. Ich habe sie deutlich gesehen. U nd es war auch nicht Mr. Mortim er, denn er fährt einen Jagdwagen, und dies war eine große, schwere Kutsche ohne Lichter, die aber von sich aus leuchtete, als wäre sie mit Mondlicht übergossen.«
    »Unsinn, Mann! Der Mond war gestern abend nicht zu sehen. Es war eine pechschwarze Nacht.«
    »Ja, Sir. Aber die Kutsche leuchtete doch wie Mondlicht.«
    »Und keine Lichter? Was würde die Polizei wohl dazu sagen.«
    »Keine irdische Polizei hätte die Kutsche anhalten können«, entgegnete Plunkett verächtlich, »noch konnte ein Sterblicher den Anblick ertragen. Ich sage Ihnen, Sir, das ist noch nicht das Schlimmste. Die Pferde – «
    »Fuhr die Kutsche langsam?«
    »Nein, Sir. Im Galopp, nur berührten die Hufe den Boden nicht. Es war kein Laut zu hören, doch ich sah die schwarze Straße und die weißen Hufe etwa fünf bis zehn Zentimeter darüber. Und die Pferde hatten keine Köpfe.«
    »Keine Köpfe? «
    » Nein, Sir. «
    Mr. Frobisher-Pym lachte.
    »Na, na, Plunkett, Sie erwarten doch wohl nicht, daß wir das schlucken. Keine Köpfe? Wie könnte selbst ein Geist kopflose Pferde lenken? Wo lagen dann die Zügel?«
    »Sie können ruhig lachen, Sir, aber wir wissen alle, daß bei Gott kein Ding unmöglich ist. Vier weiße Pferde waren es. Das habe ich deutlich gesehen. Aber über dem Kummet gab es keinen Hals und keinen Kopf, Sir. Ich sah die Zügel, die wie Silber schienen, und sie gingen bis zu den Ringen im Kummet, nicht weiter. Und wenn ich in dieser Sekunde tot umfallen sollte, es war so.«
    »Gab es auch einen Kutscher bei diesem merkwürdigen Aufzug?«
    »Ja, Sir, es gab auch einen Kutscher. «
    » Etwa auch kopflos?«
    »Ja, Sir, auch kopflos. Jedenfalls konnte ich nichts oberhalb des Mantels mit einer dieser altmodischen Schulterpelerinen sehen.«
    »Na, ich muß schon sagen, Plunkett, Ihre Schilderung ist ja sehr eingehend. Wie weit war diese – hm – Erscheinung von Ihnen entfernt?«
    »Ich ging gerade am Kriegerdenkmal vorbei, Sir, als ich sie den Weg heraufkommen sah. Also waren es nicht mehr als zwanzig oder dreißig Meter. Sie kam im Galopp vorbei und bog links bei der Friedhofsmauer ein.«
    »Das klingt ja höchst merkwürdig. Aber es war eine dunkle Nacht, und bei der Entfernung mögen Ihre Augen Sie getäuscht haben. Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, dann schlagen Sie sich die ganze Sache aus dem Kopf.«
    »Ach, Sir, das ist leicht gesagt, aber jeder weiß, daß der Mann, der die Todeskutsche der Burdocks gesehen hat, innerhalb einer Woche sterben muß. Dagegen kann man sich nicht auflehnen, das ist einfach so. Und wenn Sie mir den Gefallen mit dem Testament tun wollen, würde ich glücklicher sterben in dem Gedanken daran, daß Sarah und die Kinder zu ihrem bißchen Geld kämen.«
    Mr. Frobisher-Pym setzte das Testament auf, obschon ziemlich widerwillig, und ermahnte und schalt abwechselnd beim Schreiben. Wimsey unterschrieb ebenfalls als einer der Zeugen und versuchte, Plunkett auf

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