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Seine Zeit zu sterben (German Edition)

Seine Zeit zu sterben (German Edition)

Titel: Seine Zeit zu sterben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Ostermaier
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als Erwachsener kommt man kaum durch, sie waren immer dort, die Kids, auch mit diesem Huller, haben Schanzen gebaut, Höhlen. Igor hat nichts erzählt, ich habe es mitgehört, aus Zufall, ich habe ihm nicht hinterherspioniert, was schaust du mich so an, Yvonne? Er hat sich nur einmal versprochen, dass der eigentliche Zauberwald neben dem Zauberwald sei, es klang wie Rumpelstilzchen. Wie ein Geheimwort, alles geheim. Es war ihm ganz wichtig und er war untröstlich, er könne etwas verraten haben, hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen. Jungs und ihre Lager, Sie kennen das doch.«
    Bonnie zuckte zusammen, woher sollte sie das kennen? Würde sie das kennenlernen, weil sie vielleicht einen Jungen bekam, weil sich ein Junge in ihrem Bauch versteckte?
    »Finden Sie den Zauberwald?«, fragte sie und fixierte Christoph.
    Lord hörte den beiden nervös zu, verbat sich selbst zu fragen, konnte aber seinen skeptischen Blick nicht verbergen, fürchtete, Christoph wolle sein Gewissen erleichtern, sie zu seiner Tat führen, zum Tatort.
    »Wenn ich dort bin«, entgegnete Christoph bestimmt, »finde ich den Weg. Es muss ein Zeichen geben, wo man zu dem zweiten Zauberwald abbiegt. Ich glaube, ich habe etwas von einer roten Schleife gehört. Oder er hatte es gezeichnet, ich weiß nicht.«
    Er sah seine Frau an, die keinen Ton gesagt hatte, immer noch keinen Ton sagte, apathisch seinen Blick erwiderte, bis sich plötzlich ein unwirkliches, gespenstisches Lächeln auf ihren Lippen abzeichnete.
    »Los, brechen wir auf!«, entzog sich Christoph ihren Augen und wollte zugleich die Aufmerksamkeit auf sich lenken.
    Scotty blickte zu Lord, der etwas auf einen Block schrieb und ihm zuschob.
    »Gehen wir«, nahm Bonnie den Vorschlag auf und verwandelte ihn in einen Befehl. Sie gab Lord ein zweites Funkgerät. »Wir bleiben in Kontakt.«
    Yvonne löste sich unvermittelt aus ihrer Starre und nahm die Milkaschokolade von ihrer Kaffeetasse und reichte sie Bonnie. »Bringt Igor die Schokolade mit. Er liebt Schokolade.«

11
    »Mich hat es immer in Kirchen gefroren. Sie nicht?«, wollte Ödön von dem Pfarrer wissen. »Die Kirchen meiner Kindheit waren eiskalt. Selbst das Weihwasser fror ein, und du musstest mit dem Finger die Eishaut durchbrechen, bevor du dir die Stirn bekreuzigen konntest mit dem kalten Wasser. Meine Mutter hatte immer Angst, dass ich mir den Tod in der Kirche hole, wenn ich am Rand an der Steinwand lehnte hinter den Beichtstühlen. Lehn dich nicht an die Wand, was sitzt du immer an der Wand. Die Wände, in die mit der feuchten Kälte die Angst gekrochen war, der Angstschweiß vor den Fragen des Pfarrers und vor Gott. Auf dem Weg zur Kirche, Herr Pater, habe ich den Namen Gottes beschmutzt, ich habe gelästert, ich habe geflucht, still vor mich hingeflucht. Ich wollte ihn provozieren, ihn aus der Reserve locken. Ich saß an der Wand und wartete, dass alle Finger auf mich zeigen, dass der Pfarrer mich in der Predigt beschimpft, das schwarze Schaf, dem er die Wolle geschoren hat, den Flaum, auf das er seine Hunde hetzte, seine leftzenden Hände, seine bellenden Blicke.
    Gott ist ein junger Hund, der dich anspringt, wenn du zu ihm heimkommst und er Stunden allein zuvor in der Dunkelheit ausharren musste. Aber Gottes Schoßhündchen springen dir an die Gurgel, haben Zähne mit Widerhaken, verbeißen sich in deinen Knöchel, und du hörst ihren schweren Atem, wenn du träumst. Frieren Sie nicht?« Ödön zog seine Handschuhe aus.
    Er hatte erwartet, seine Finger kämen wie Eiszapfen aus den Handschuhen, sie wären durchsichtig, er könnte durch seine Hände schauen, die sich Tropfen für Tropfen auflösen würden, er würde sie in der Sonne verlieren, müsste mit Stummeln abfahren. Er wollte mit seinen vereisten Scherenhänden dem Pater das Gesicht zerfurchen, bis seine Finger brachen, wollte sie in sein Herz rammen. Aber als er den Handschuh abgestreift hatte, sah er nur das gekühlte Fleisch, die zitternden Finger, die tauben Fingerkuppen, die übers Holz strichen wie über das Holz der Kirchenbank früher, in das er mit seinen Fingernägeln gekratzt hatte: Gott ist tot.
    Seine Eltern hatten ihn nicht gezwungen, in die Kirche zu gehen, im Gegenteil, sie schliefen lieber aus. Er stand allein auf, zog sich an, die kratzenden Pullis, die er hasste, die weißen Hemden, die er bis zum Ersticken zuknöpfte, den blauen Samtmantel, von dem er Gänsehaut bekam, nur die langen Unterhosen, das Angoraunterhemd, sie versteckte er hinter dem

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