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Seine Zeit zu sterben (German Edition)

Seine Zeit zu sterben (German Edition)

Titel: Seine Zeit zu sterben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Ostermaier
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überlegen, wie wir Ihren Sohn finden können, kommen Sie bitte. Schuldzuweisungen helfen jetzt nicht, ich werde versuchen für Sie einen klaren Kopf zu bewahren.«
    Lord war verwundert, dass Christoph nicht fragte, wer er sei, dass er sich nicht jede Einmischung verbat, ihn von sich stieß, ihn in seine Schranken wies, seine ganze Wut auf Yvonne, seine Verzweiflung auf ihn umleitete, an ihm abließ. Nein, er folgte ihm, beide folgten ihm, wie implodiert, nahmen sich an der Hand und setzten sich wie sediert wieder an den Tisch, sagten nichts, bis die Stille um sie sich aufgelöst hatte und das Publikum sich abwandte, da erst mal anscheinend keine weitere Szene zu erwarten war.
    »Ich habe mit der Polizei telefoniert«, übernahm Scotty die Führung, um jeden neuen Konflikt zu ersticken. »Sie haben ihre beste Kommissarin geschickt, sie kämpft sich trotz des Sturms hoch. Wir haben wegen der Streif eine Ausnahmesituation, es brennt an allen Enden. Sie haben schon einen Suchtrupp losgeschickt, aber sie können nicht alle Leute freistellen, die sonst zur Verfügung stünden. Wahrscheinlich scheuen sie auch das Aufsehen. Durch Huller gab es schon genügend schlechte Publicity. Nachdem alles so gut begann heute Morgen sind alle durch die Ereignisse, man möchte fast sagen: traumatisiert. Das darf Sie gar nicht beunruhigen, ich würde vorschlagen, wir bilden einen eigenen Suchtrupp, das kann uns keiner verbieten.«
    »Ich komme mit«, stimmte Christoph ohne Zögern zu, erleichtert, etwas tun zu können, hinaus in den Sturm zu kommen, wegen des Sturms in Yvonnes Augen und Herz, der ihn zu verschlingen drohte. »Ich bin ein guter Skifahrer, ich werde Sie nicht aufhalten«, setzte er nach, um jeden Einwand von vorneherein abzuwehren.
    »Da ist Frau Klaid, die Kommissarin.« Lord sprang auf. »Ich werde sie aufklären.«
    Ohne den anderen Zeit für einen Einwand oder die Frage aufkommen zu lassen, warum er das nicht hier am Tisch könne, warum sie nicht einfach hierherkommen könnte, war er auf dem Weg. Petra blieb in ihrer Fassungslosigkeit, Wut, Angst zurück. Sie wollte unsichtbar sein und bei der ersten Gelegenheit auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Sie mochte Igor, aber das waren deren Probleme, es war ihre Ehe, ihre Erziehung, so etwas kam nicht von nichts, trichterte sie sich ein, um es von sich wegzuschieben und lieber einen greifbaren Grund zu finden, als ein unsichtbares Grauen, eine Bedrohung dort draußen länger zuzulassen. Sie trank und versuchte sich an ihr autogenes Training zu erinnern, hoffte, ihr würden keine Fragen gestellt, Christoph, er schaue sie nicht an, es kämen noch ganz andere Dinge ans Tageslicht, die längst im Dunkel ihres Bewusstseins verschwunden waren. Sollte diese Lawine sie alle erfassen, sie wollte sich nicht mitreißen lassen. Egal, was sie denken, sagte sie sich, ich brauche jetzt einen Schnaps.
    Scotty lenkte unterdessen Christoph ab, um Lord die Bahn frei zu machen, fragte seine Skikönnerschaft ab, als könnten sie am grünen Tisch klären, was sich draußen im Sturm beweisen musste.
    Lord kannte Bonnie, obwohl kennen zu viel gesagt wäre, sie waren sich öfter über den Weg gelaufen, hatten sich bei Gericht gesehen, ein paar Sätze miteinander gewechselt, ein Glas oder zwei zusammen getrunken, was unvermeidbar war bei der Ausgehquote Lords, der überall sein musste, als wäre er der Beckenbauer Kitzbühels. Lord grüßte schneller, als es sein Stil gebot, kein Charme, keine ausgewählte Höflichkeit und ein bestimmter Schritt, der den Weg verstellte.
    »Dort hinten sitzen die Eltern. Der Vater, Christoph, ist gerade aufgetaucht. Er hat gesagt, sein Handy sei verloren, geklaut. Er hatte keinen Kontakt zu dem Jungen, seit er ihn in der Skischule abgegeben hatte. Die Skilehrerin habe versprochen, ihn ins Sonnbühel zu bringen. Aber das habt ihr sicher überprüft. Wir wollen einen Suchtrupp bilden, Scotty, du kennst ihn ja, oder? Also Scotty, du und ihr Mann. Sie haben sich gestritten, seine Frau und er, es klingt nach Ehekrieg.« Lord erzählte, was Yvonne gesagt hatte, beschrieb ihren Ausbruch, deutete an, dass ihn Christoph irritiere, dass es oft Familiendramen seien, vielleicht wisse er, wo der Junge sei, man müsse ihm die Chance geben, sie zu ihm zu bringen, wenn es so sei. Hier würden sich die beiden zerfleischen. Sie schimpfte ihn sogar »Mörder«, schloss Lord und fühlte sich mehr als unwohl in seiner Haut, weil er seinen Anrufer unerwähnt gelassen hatte, weil er Grenzen

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