Seit du tot bist: Thriller (German Edition)
aus. »Ich kann das einfach nicht glauben, verdammt noch mal.«
»Oh.« Ich bin etwas verblüfft. Hen und Art kennen sich natürlich gut, aber ich war nicht darauf gefasst, dass er diese sehr persönliche Information nicht von mir erhält.
»Dann erzähl mir mal ganz genau, was diese Frau dir gesagt hat«, bittet er.
Ich erzähle die ganze Geschichte. Ich zögere zuerst, ihm zu erzählen, dass O’Donnell davon überzeugt war, auch er habe die Finger mit im Spiel gehabt, aber dann falle ich mit der Tür ins Haus und erzähle es ihm doch. Er reagiert mit einem Geräusch auf halbem Weg zwischen einem Knurren und einem Stöhnen.
»Ich kann nicht fassen, dass sie so etwas tun«, sagt er.
»Wer?« Ich setze mich auf dem Sofa auf. »Art, weißt du etwa, wer … wer diese Frau ist?«
Er seufzt. »Ganz sicher bin ich mir nicht, aber ich schätze, dass John Vaizey von Associated Software dahintersteckt. Die haben wir letzte Woche bei einem Verkaufsgespräch total fertiggemacht.«
In meinem Kopf beginnt sich alles zu drehen. »Warum sollte ein Geschäftsrivale von dir vorgeben …?«
»Vaizey hat mir nach der Verhandlung gedroht, mich eine ›Medienschwuchtel‹ genannt und mich gewarnt, ich solle den Kunden besser nicht übernehmen, wenn ich im Geschäft bleiben wolle.«
»Warum hast du mir das nicht erzählt?«
»Ich hielt das für bedeutungsloses Geschwätz, aber …« Er atmet ganz flach. »So etwas Grausames hätte ich ihm nicht zugetraut … dass er dich auf die Art mit hineinzieht.«
Ich lasse mir das durch den Kopf gehen. Seit vierzehn Jahren höre ich Art nun über Geschäftliches reden und mache mir keine Illusionen mehr; die vermeintlich verschlafene Branche der Unternehmensinvestitionen ist eine Welt unglaublich zerstörerischer und heimtückischer Geschäftspraktiken. »Aber … aber woher sollte dieser Vaizey die Schwester der OP-Schwester im Krankenhaus kennen?«
»Das ist doch ein Schwindel, Gen«, meint Art bitter. »Wir wissen doch nicht einmal, ob die Krankenschwester tatsächlich die Schwester dieser Frau war. Du hast doch selbst gesagt, du seist dir nicht sicher, ob die Frau auf dem Foto, das sie dir gezeigt hat, wirklich die Krankenschwester aus der Klinik war.«
Da hat er recht. Zum ersten Mal seit Stunden sehe ich den Schrecken von O’Donnells Behauptungen aus einem erträglicheren Blickwinkel. All das hat sie nur gesagt, um mich zu verletzen – und damit auch Art.
»Wer sollte auch sonst dahinterstecken?«, fährt Art fort. »Du hast doch keine Feinde. Du hast ja nicht einmal eine richtige Arbeit.«
Es dauert einen Moment, bis ich begreife, was er gesagt hat. Es stimmt natürlich – ich arbeite nur acht Stunden wöchentlich am College –, aber selbst für Art, der auch sonst nie ein Blatt vor den Mund nimmt, ist das eine ungehobelte Bemerkung. Offenbar bemerkt er es selbst und schlägt einen milderem Ton an.
»Es ist doch so: Alle mögen dich. Es kann nur etwas Geschäftliches sein.«
Ich nicke am anderen Ende der Leitung und möchte ihm glauben. Aber Lucy O’Donnells verängstigtes Gesicht bleibt vor meinem inneren Auge.
»Es ist nur … sie kam mir so aufrichtig vor … als ob sie das alles wirklich glaubt – auch wenn die ganze Geschichte ausgedacht ist.«
»Das ist doch Unsinn.« Arts Stimme kann wie ein Wirbelsturm sein. »Das bildest du dir nur ein. Ich war damals selbst dabei, das weißt du doch. Beth ist in dir gestorben.«
Ich zucke zusammen.
»Wie kann jemand auch nur denken, dass sie noch am Leben ist?«, setzt er nach. »Das ganze Team im OP hat doch bestätigt, dass sie tot war.«
»Lucy O’Donnell sagt, Dr. Rodriguez habe dafür gesorgt, dass die meisten noch vor der Geburt den Raum verlassen; er habe das mit einer Art Lebensmittelvergiftung besorgt, damit sie nicht mehr dabei sind, wenn …«
»Du merkst doch selbst, wie weit hergeholt das alles klingt, oder?«, fragt Art. »Was ist mit dem Ultraschall, auf dem zu sehen war, dass sie tot ist? Keine Bewegungen, kein Herzschlag. Und was ist mit den Tests, die sie danach gemacht haben?«
»Bilder lassen sich manipulieren, Geräusche abstellen und Körper austauschen«, entgegne ich trotzig.
»Um Himmels willen«, sagt Art. »Der Arzt hat sie aus dir herausgenommen. Ich habe sie gesehen. «
» Ich habe sie nicht gesehen«, erwidere ich. Sie war so entstellt, dass der Arzt davon abriet, als ich nach der Narkose wieder zu mir kam. Die Muschel drückt mir heiß aufs Ohr.
»Nein.« Kurze Pause. »Aber ich.«
Im
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