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Seit du tot bist: Thriller (German Edition)

Seit du tot bist: Thriller (German Edition)

Titel: Seit du tot bist: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie McKenzie
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gesehen. Aus ihren Augen kamen die reinsten Todesstrahlen, Mann.«
    Plötzlich kommt mir in den Sinn, wie er mir erzählt hat, dass sie ihn nicht leiden kann. Das kann ich jetzt allerdings nachvollziehen. Ich muss schmunzeln bei dem Gedanken an ihre Wut angesichts eines unter Drogen stehenden Bruders, den sie damals praktisch kaum kannte, in Gesellschaft eines baumlangen, fluchenden Iren in einer piekfeinen Bar an der Ostküste.
    »Nimmst du so was immer noch?«, frage ich.
    Lorcan schüttelt den Kopf. »Nein … na ja, vielleicht hin und wieder ein Zug an einem Joint, aber nichts Dolleres. Schon seit Jahren nicht mehr. Und du, Art?«
    »Nein.« Er reibt sich die Schläfen.
    Lorcan grinst. »Immer ehrlich und anständig. Bist ein schlauer Fuchs.«
    Ich hole mehr Bier. Art sitzt tief über seinen Teller gebeugt und schaufelt Curry in sich hinein, aber Lorcan sieht mir auf dem Weg zur Tür nach. Ich wende den Kopf und erwidere seinen Blick – er ist voller Neugier und … irgendwie … wissend. Ich kenne dich.
    Ich stehe wie angewurzelt. Dann wendet er sich ab, und ich eile in die Küche. Mit zitternden Händen nehme ich drei weitere Bierflaschen aus dem Kühlschrank und gehe zurück ins Wohnzimmer. Lorcan lacht schon wieder. Er blickt kurz auf, nur für einen Sekundenbruchteil und ohne wirklichen Augenkontakt. Dann plaudert er vergnügt weiter mit Art.
    Ich setze mich für ein paar Minuten zu ihnen. Diesen Blick von Lorcan habe ich mir nicht eingebildet. So sieht man nur jemanden an, wenn man interessiert ist. Wirklich interessiert. Ich kann die Hände noch immer nicht ruhig halten. Ich klemme sie unter die Schenkel und versuche mich zu beruhigen. Himmel, Gen, reiß dich zusammen. Das war ein Blick, mehr nicht. Ohne jede Bedeutung. Es ist bloß schon so lange her, dass mich jemand so angesehen hat.
    Lorcan erzählt jetzt von seiner Arbeit – einer Fernsehserie, die in Cork spielt und schon sehr lange läuft. Sie wird nur in Irland ausgestrahlt; deshalb weiß ich überhaupt nichts darüber. Art auch nicht, aber er sagt, er habe Lorcan in ein paar Folgen gesehen – auf verschiedenen Dienstreisen nach Dublin.
    Lorcan spielt die Serie und seinen Beitrag daran auf charmante Weise herunter. »Ich bin der abgehalfterte Schauspieler, der schon seit der ersten Folge eine Entziehungskur nach der anderen abbricht«, meint er. »Der Hauptdarsteller ist mein Sohn, und ich tauche ab und zu auf und gebe ihm Ratschläge – aufgrund meiner jahrelangen Therapieerfahrung …«
    »Dann bist du also für den psychologischen Tiefgang der Serie verantwortlich?«, werfe ich ein.
    »Ja, wenn ich nicht gerade wieder zur Flasche greife, weil ich einen Betrunkenen spielen soll, der in eine Schlägerei verwickelt wird.«
    Ich muss lachen. »Aber du magst deine Rolle doch, oder?«
    »Ich lebe nicht schlecht davon.« Er zuckt die Achseln. »Ist aber nicht gerade, was man sich erträumt, wenn man alles aufgibt, um auf die Schauspielschule zu gehen. Aber die meisten Schauspieler kommen nie so weit, dass sie von ihrer Arbeit leben können, also will ich mich nicht beklagen.«
    Art schnaubt belustigt. Jetzt, wo es um Lorcan geht – und nicht mehr um die gemeinsame Vergangenheit –, ist er nicht mehr so befangen. »Du kannst froh sein, dass du überhaupt einen Job hast, du Rotfuchs.«
    Lorcan legt den Kopf in den Nacken und lacht. Wieder bin ich gebannt von diesem Gesicht, das völlig in Lachen aufgeht.
    »Er ist doch gar nicht fuchsrot«, protestiere ich. »Er ist rotbraun. Kastanienbraun.«
    »Ach, ganz egal, wie du’s nennst, Art hat recht. Als ich jünger war, war meine Haarfarbe das Entscheidende«, meint Lorcan.
    »Das meinst du nicht im Ernst.« Ich trinke einen Schluck Bier.
    »Nein?« Er nimmt mich ins Visier. »Dann zähl mir mal ein paar Hauptdarsteller mit roten Haaren auf.«
    Ich nicke. »Du hast recht«, sage ich. »Rotes Haar. Das letzte Tabu.«
    »Oh ja«, meint Lorcan. »Schlimmer als Inzest …«
    »Oder Kinderschänder«, füge ich an.
    Wir lachen beide. Ich schiele zu Art hinüber. Er lächelt, aber es sieht wieder etwas gequält aus.
    »Wann geht’s denn wieder los?«, frage ich Lorcan.
    »Ich muss erst im Juni wieder in Cork sein. Ich hoffe, dass sich bis dahin hier noch etwas ergibt; immerhin habe ich in ein paar Tagen ein Gespräch.«
    »An einen zweiten Einsatz bei Loxley Benson denkst du nicht?«
    Scheiße. Ich bereue es, kaum dass ich es ausgesprochen habe. Art sieht mich bitterböse an, und Lorcan bemerkt süffisant:

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