Seit du tot bist: Thriller (German Edition)
herum verblasste.
»Bedingungslos«, sagte er.
Einen Augenblick lang hatten wir einander angestarrt, und in diesem Moment schenkte ich ihm mein Herz und wusste, dass er mir eines Tages einen Heiratsantrag machen und ich Ja sagen würde.
»Gen?« Hen berührt meinen Arm.
Ich kehre in die Gegenwart zurück. Ich stehe in Hens Designerküche, und sie denkt, Lorcan Byrne habe das Überwachungsband gefälscht, das zeigt, wie Art Beth wegbringt.
»Lorcan ist ein Schauspieler, der ein bisschen vom Schreinern versteht«, sage ich. »Woher soll er wissen, wie man einen Film fälscht?«
Hen rollt die Augen. »Er kennt garantiert Leute, die das wissen – Leute im Filmbusiness.«
Ich denke an Lorcans Sohn Cal. Er hatte es geschafft, die Datei zu entschlüsseln. Vermutlich hätte er sie auch fälschen können.
»Vielleicht lässt Lorcan dir auch einfach nur deinen Willen«, fährt Hen behutsam fort. »Vielleicht sagt er, der Film zeige etwas, was er nicht zeigt, damit du ihm stärker vertraust.«
Mir ist schlecht. »Warum sollte er das tun?«, frage ich, obwohl ich weiß, was sie antworten wird.
»Gen, du hast doch von seinem Ruf gehört«, sagt Hen mit einem Seufzer.
Ich trete einen Schritt zurück. Ich will nichts mehr hören. Mein Kopf ist ein Schlachtfeld miteinander konkurrierender Gedanken und Gefühle. Ich war hierhergekommen, um nicht mehr nachdenken zu müssen, doch Hen macht alles nur noch schlimmer. Ich will mich umdrehen und weggehen, aber ich kann den Gedanken, dass Hen mich für psychisch krank hält, nicht ertragen.
»Es ist nicht nur der Film und der Überfall«, sage ich, die Hände trotzig in die Hüften gestemmt. »Was ist mit dem Geld, von dem ich dir erzählt habe? Den fünfzig Riesen, die Art direkt nach Beth ausbezahlt hat?«
»Komm schon, Gen«, stöhnt Hen. »Die hat er an Manage Debt Online bezahlt. Es kann nichts mit Beth zu tun haben.«
Ich starre sie an. »Manage Debt Online«? Mein Herz scheint stehen zu bleiben. »Woher weißt du, dass er das Geld dahin überwiesen hat?«
Hen erwidert meinen Blick. »Du hast es mir gesagt, Gen.«
»Ich habe MDO gesagt.« Meine Stimme wird lauter. Eine neue Panikwelle erfasst mich. Was weiß Hen? Sie hat gerade so darüber gesprochen, als handele es sich um eine Tatsache. Eine Tatsache, die sie nicht von mir haben kann. »Ich habe dir die Initialen genannt, weil sie alles waren, was auf dem Bankauszug stand.«
Hen sieht mich jetzt an, als sei ich völlig verrückt. »Aber MDO steht für Manage Debt Online, oder?«, sagt sie.
»Nein … Ich weiß nicht … Hen, was weißt du darüber?« Es ist mittlerweile dunkel geworden, Hen geht zur Anrichte hinüber und knipst die Lampe an, die dort steht. Ich starre auf meinen inzwischen kalt gewordenen Tee.
»Ich weiß nichts«, beharrt Hen. »Ich habe nur angenommen, MDO stünde für dieses Kreditunternehmen.«
»Aber Art hat gesagt, er könne sich nicht erinnern … MDO sei ein Geschäftsvorgang … Zahlung an einen Kunden …«
»Dann war es das wahrscheinlich auch«, fährt Hen fort. »Kunden haben Schulden … Manage Debt Online wickelt nur Transaktionen übers Internet ab … vielleicht hat dieser Kunde Art gebeten, die Schulden via eines der Loxley-Benson-Konten zu bezahlen …«
»Woher weißt du von diesem … diesem Manage Debt Online …?«
Hen wird rot. »Ich habe einmal davon gehört«, erklärt sie vage. »Als ich so viele Schulden hatte, erinnerst du dich?«
»Ja, natürlich erinnere ich mich, aber trotzdem …«
»Meine Güte, Gen, vielleicht irre ich mich ja auch«, sagt Hen. »Vielleicht steht MDO für etwas anderes. Aber ich bin mir sicher, dass es nichts damit zu tun hat, dass Art jemanden dafür bezahlt hat, in Zusammenhang mit Beth zu lügen. Das macht überhaupt keinen Sinn.«
Ich beginne, selbst daran zu zweifeln, erinnere mich dann aber an den heißen Atem des Straßenräubers an meinem Ohr. Er hat mir gedroht. Lucy O’Donnell wurde ermordet. Ich habe den Film von meinem Baby mit Art gesehen.
Ich kaue die Nagelhaut an meinem Mittelfinger ab.
»Gen, bitte!« Hens Stimme zittert leicht.
Wie kann sie von MDO wissen? Sie hat eben nicht gesagt, MDO sei vielleicht ein Kreditunternehmen, sie war sich sicher . Das ist doch nur möglich, wenn sie hinter meinem Rücken mit Art darüber gesprochen hat.
Ich kann ihr nicht vertrauen. Diese Erkenntnis legt sich wie eine schwere Last auf mein Herz. »Ist in Ordnung«, sage ich mehr zu mir selbst als zu Hen. Obwohl nichts in Ordnung ist.
Weitere Kostenlose Bücher