Seit du tot bist: Thriller (German Edition)
Ich befinde mich in einem Albtraum.
Hen nickt, offensichtlich beruhigt. Dann klingelt es an der Tür. »Das wird Joshs Mutter sein.« Sie zögert. »Bist du sicher, das alles okay ist mit dir?«
»Natürlich.« Ich zwinge mich zu einem Lächeln. »Geh ruhig.«
Hen verschwindet. Ich ziehe mein Handy hervor. Es gibt noch mehr Anrufe und Voicemails von Art. Ich ignoriere sie und googele Manage Debt Online. Das Unternehmen scheint nicht mehr zu existieren, zumindest nicht unter diesem Namen, aber ich finde einen Zeitungsartikel, in dem es als »Kredithai« bezeichnet wird. Ich schüttle den Kopf. Hatte Art vor acht Jahren Schulden? Ist das der Grund für die Zahlung, die ich gefunden habe? Weigert Art sich deswegen, darüber zu reden? Das würde erklären, warum sich der Kontoauszug in einer als »Persönliches« gekennzeichneten Mappe befand.
Ich stütze den Kopf auf die Hände und schließe die Augen. Höre Hen an der Tür plaudern. Sie entschuldigt sich, dass sie Joshs Mutter nicht hereinbittet. Josh selbst meckert, weil er nach Hause muss.
Vielleicht hat Hen recht … vielleicht ist es Zufall, dass Art direkt nach Beth Geld an MDO gezahlt hat.
Mein Handy, noch immer auf lautlos gestellt, leuchtet auf. Es ist eine SMS von Lorcan.
Wollte nur fragen, ob alles okay ist mit dir.
Ich zögere einen Moment lang. Draußen im Gang macht Josh weiterhin Theater, weil er nach Hause soll. Beide Kinder und beide Mütter reden. Laut.
Ich rufe Lorcan an. »Hi«, sage ich leise.
»Geht’s dir gut?«
Der Klang seiner Stimme beruhigt mich. Ich weiß, dass ich mich an ihn hänge, weil ich so verletzlich bin, doch im Moment fühle ich mich bei ihm sicherer als bei Art – und bin mir sicherer als bei Hen, dass er nichts vor mir verbirgt.
»Hast du Lust auf ein frühes Abendessen?«, flüstere ich und verspüre plötzlich den verzweifelten Wunsch, von Hen wegzukommen, von ihrem Familienleben und ihrem Mitleid. »Kein Gespräch über Beth, heute Abend, das verspreche ich. Nur Abendessen.«
»Klar habe ich Lust.« Falls mein Sinneswandel Lorcan überrascht, lässt er es sich nicht anmerken. Er versichert, dass er sofort vorbeikommt und mich abholt.
»Ich warte am Ende der Straße auf dich.« Ich beende das Gespräch.
Draußen im Gang schließt sich die Eingangstür. Ich kann Hen reden hören. Sie versucht, Nat nach oben zu befördern. »Ich weiß, aber deine Hände sind schmutzig «, insistiert sie.
Ich sollte ihr sagen, dass ich gehe. Wenn sie mich tatsächlich für gestört hält, wird mein Weglaufen ihrem Verdacht nur mehr Nahrung geben. Doch mein Instinkt sagt mir, dass sie etwas vor mir verbirgt. Was heißt, dass sie irgendwie in die Sache verwickelt ist.
Die Schritte auf der Treppe verraten mir, dass Hen mit Nat nach oben ins Badezimmer geht. Ich nehme einen Stift aus dem Topf auf der Anrichte und kritzle auf die Rückseite eines Umschlags, der neben dem Toaster liegt, eine Nachricht.
Ich musste weg. Tut mir leid, dass ich mich nicht verabschiedet habe. Gen x
Dann eile ich davon. Mein Herz rast, als ich die Straße entlanghaste. Wie bin ich nur an diesen Punkt gelangt? Wenn ich nicht vorher schon verrückt war, denke ich mit einem Anflug grimmigen Humors, dann treibt man mich zweifellos jetzt in den Wahnsinn.
Vielleicht ist es das, was sie alle wollen?
Ich erreiche das Ende von Hens Straße und biege um die Ecke, damit sie mich von ihrem Haus aus nicht sehen kann. Ich bin mir sicher, dass Hen versuchen wird, mich anzurufen. Art ebenso. Ich schalte mein Handy aus und stecke es tief in meine Tasche. Während ich mich gegen eine Straßenlaterne lehne und auf Lorcan warte, setzt sich ein Gedanke in meinem Kopf fest: Ich werde nicht aufgeben, bis ich genau weiß, was mit Beth passiert ist. Wie schwierig dies auch werden mag, was immer ich herausfinden werde und egal, wie viel es kosten wird, ich führe dies zu Ende. Es geht nicht länger um die Vergangenheit, es geht um die Zukunft … darum, meine Tochter zu finden. Es ist Zeit, sich darauf zu konzentrieren, wo Beth jetzt ist … damit aufzuhören, Beweise dafür zu suchen, dass sie nicht gestorben ist, sondern endlich sie zu suchen.
Ich fühle mich besser. Das ist auf jeden Fall ein Plan, ein Ausgangspunkt. Ich kann mir die Geburtsregister in der Gegend ansehen, in der ich mein Baby bekommen habe. Wenn sie von einer anderen Familie adoptiert wurde, muss es Papiere geben … eine Coverstory … ich kann die Lokalpresse und das Internet nach Geschichten von Babys
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