Seit jenem Tag
bestimmte, war unser Zusammenleben von Angst geprägt, was sich natürlich negativ auf meine Zensuren auswirkte. Der Teilzeitjob als Kellnerin, den ich mir zur Finanzierung meines Mietanteils gesucht hatte, machte es nicht leichter, mich auf mein Studium zu konzentrieren. Und ich stellte mir die Frage, ob meine unsichere Finanzsituation nicht vielleicht der von mir benötigte Rettungsanker war. Vielleicht konnte ich Armut geltend machen und zurück in ein Studentenheim ziehen, an den guten Seiten meiner Freundschaft mit Sally festhalten und die schlechten abstreifen.
»Das klingt nach einer fantastischen Idee«, sagte Mum mit spürbarer Erleichterung, als ich es ihr erzählte. »Du bist in deinem Leben nur einmal Studentin und solltest das auch genießen.«
Es war gut zu spüren, dass es auch noch meine Familie gab und nicht alles von meiner Beziehung zu Sally diktiert wurde, wo jede Erfahrung bis ins kleinste Detail ausdiskutiert wurde.
Bevor ich es ansprach, schob ich es ein paar Wochen auf die lange Bank und probte es immer und immer wieder im Geiste. Am Ende rückte ich an einem unserer Sofaabende mit Abendessen damit heraus in der Hoffnung, dass die entspannte häusliche Atmosphäre den Schlag dämpfen würde. Sobald sie begriff, was ich sagte, brach sie in hysterisches Schluchzen aus.
»Du bist meine beste Freundin«, sagte sie und vergrub ihr Gesicht in den Kissen. »Warum willst du nicht mit mir zusammenleben?«
»Es war ja nur eine Idee!«, sagte ich hilflos angesichts ihrer Verzweiflung. »Ich dachte bloß, wir haben doch nur noch ein Jahr. Es könnte schließlich Spaß machen, wieder in einem Studentenheim zu wohnen.«
»Wenn es ums Geld geht, werde ich mehr zahlen! Es geht doch ums Geld, oder?«
Ich hielt inne und versuchte all meinen Mut zusammenzunehmen, um ihr zu sagen, dass es um mehr ging als das. Dass ich ihr nicht alles geben konnte. Dass, wenn ich es tat, für mich nichts mehr übrigblieb.
»Vergiss es. Vergiss, dass ich was gesagt habe. Es wird alles gut.«
Kapitel 16
Der Sonntag sieht nicht ganz so aus, wie ich das erwartet hatte. Um acht Uhr morgens sitze ich am Küchentisch, die Skriptseiten liegen um mich herum ausgebreitet und warten auf den letzten Schliff, bevor das Ganze morgen an die Regisseure verschickt wird. Im Laufe der letzten Wochen ging es ständig zwischen Flynn und mir hin und her – jedes Mal wenn ich denke, dass es endlich fertig ist, kommt er mit einer neuen pingeligen Korrektur an, die seiner Überzeugung nach ein reiner Geniestreich ist.
Aus meinem Abendessen mit William wurde ein Ausflug nach Windsor Castle mit Madeline, gefolgt von einem gemeinsamen Abendessen. Nach unserem eiligen Abschied am Bahnhof von Branksome vor vierzehn Tagen habe ich ihn nicht mehr gesprochen, unsere Kommunikation beschränkte sich auf ein paar E-Mails, die er mir von einer offenbar nicht enden wollenden Abfolge von Dienstreisen geschickt hat. Dadurch war mein Herz wenigstens gezwungen gewesen, sich mit der Realität abzufinden – ich werde Patin sein, die Patin seiner Tochter, mit der er mal geknutscht hat, wie Teenager das tun, und ich werde zu gegebener Zeit hoffentlich aufhören, mich nach einer Zukunft zu verzehren, die niemals mehr als eine Fantasievorstellung sein kann.
Ich glaube, ich habe für dieses Leben mein Schmachtpotential voll ausgeschöpft. In diesem Moment macht Charlotte es sich in James’ Schlafzimmer bequem, da von ihrem Verlobten, der auf ein Junggesellenwochenende geschickt wurde, keine Gefahr droht. Die Tatsache, dass ich noch immer alles für dieses langweilige Skript gebe, lässt sich damit erklären, dass es die einzigen Geschütze sind, die ich noch gegen sie auffahren kann. Ein paar Tage nach jenem verhängnisvollen Besuch in Pinewood schickte Mary mir um halb sieben Uhr morgens eine E-Mail. Lust auf einen Kaffee?, stand da, mit einem einsamen schicksalsschwangeren x, das ich zu fürchten gelernt habe. Honey rief mich eine Stunde später an, um mir zu sagen, ich könne mir das Büro schenken und gleich ins Charlotte Street Hotel kommen, wo ich dann bebend auf Marys Ankunft wartete. Zwanzig Minuten später kam sie in einem dunkelroten Kaftan über einem Minirock angerauscht und ließ beunruhigend lang ihre Sonnenbrille auf.
»Was ist los?«, sagte sie mit täuschend warmer Stimme und einem Lächeln falscher Besorgnis im Gesicht, das jedoch rasch verschwand. »Ich dachte, die Aufgabe, die ich Ihnen gestellt habe, sei relativ leicht gewesen.«
Und dann
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