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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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mir vorgestellt hatte.
    Die Wohnung war mein Ruin. Die Miete war gigantisch, und da waren die Kosten für ein Überleben in der Kälte eines Yorkshire-Winters noch nicht einkalkuliert. Wir hatten beim Einzug die Kosten aufgeteilt, aber Sally ließ ihre Rechnungen so lange liegen, bis es zu spät war: Es folgten letzte Mahnungen und Drohungen, juristische Schritte einzuleiten. Ich flehte sie an, sie zu bezahlen, doch sie lachte nur.
    »Die ärgern uns nur. Die werden nichts unternehmen. Ich werde nächste Woche zahlen.«
    Sie hatte natürlich recht, aber ich hasste das Bedrohliche, das Gefühl, dass wir in Schwierigkeiten steckten. Ich kam mir vor, als lebten wir in den letzten Tagen eines untergehenden Weltreichs als Hausbesetzer im Buckingham Palace.
    Bei mir kam es in diesem Jahr ein paar Mal zu Verabredungen, allerdings waren sie alle nur halbherzig. Die wirklich romantischen Zeichen setzten die Zeiten, die ich mit James verbrachte. Seine Besuche wurden im Lauf des Jahres immer häufiger, und jegliche Peinlichkeit löste sich in Wohlgefallen auf. Von meiner Seite war das natürlich noch gespielt, aber wie gesagt, ich war feige.
    Ich war nicht die Einzige, die einen bevorstehenden Besuch begeistert aufnahm. »Ich vergöttere James«, pflegte Sally zu sagen, und ich gab mir Mühe und freute mich, dass meine zwei liebsten Menschen einander so gernhatten. Es wäre mir kleinlich vorgekommen, mich nicht darüber zu freuen, aber ich verübelte es ihr doch sehr, dass sie uns nie Zeit für uns allein einräumte. Allerdings wusste ich nur zu gut, dass ich mir jede Menge Ärger einhandeln würde, wenn ich es bei ihr anspräche, da allein dies schon ein Widerspruch zu meinen fröhlichen Bekundungen zu sein schien, dass wir bloß Freunde waren.
    Wenn wir mit James ausgingen, lud sie nur äußerst selten Shaun dazu ein, obwohl es doch auf der Hand gelegen hätte, zu viert etwas zu unternehmen. Stattdessen waren wir ein kleines spitzwinkeliges Trio, das darum wetteiferte, wie weit wir den Spaß auf die Spitze treiben konnten. Einmal landeten wir in einem House-Klub voller Raver mit nackten Oberkörpern, die um uns herum schwitzten und uns mit Trillerpfeifen ins Gesicht bliesen. An diesem Ort wollte ich nun wirklich nicht sein. Sally verschwand irgendwohin, und nach einer Stunde machten James und ich uns Sorgen. Schließlich spürte ich sie in einem Winkel bei den Toiletten auf, wo sie mit jemandem herumknutschte, den ich kaum sehen konnte und von dem ich auch nicht mit hundertprozentiger Sicherheit hätte ausschließen können, dass es Shaun war. Ich wartete, bis ich mir wie ein Voyeur vorkam, und gab dann auf. Als sie zurückkam, schaffte ich es, mir über die Bässe hinweg Gehör zu verschaffen.
    »Was hast du gemacht?«
    Sie sah mich ausdruckslos an und tanzte dann nur umso wilder. Wieder zu Hause, versuchte ich es erneut. Wir waren allein in der Küche und warteten darauf, dass James die Musikauswahl festlegte.
    »Wer war dieser Typ?«, hakte ich nach, ohne allzu missbilligend zu klingen. Ich glaubte nicht, dass Shaun die Liebe ihres Lebens war, fand aber, dass er es trotzdem nicht verdient hatte, von ihr hintergangen zu werden. Er hatte mit uns mitkommen wollen, doch sie hatte behauptet, es sei ein Mädchenabend. Das hatte sie uns verschwörerisch erzählt und auch, wie sehr sie sich darauf freute, und ich schluckte meine Verärgerung darüber hinunter, dass sie so tat, als hätte sie von Anfang an zu Sally und mir dazugehört.
    »Welcher Typ?«
    »Der, mit dem du rumgeknutscht hast.«
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst«, sagte sie und schüttete heißes Wasser in unsere Becher, ohne Blickkontakt zu mir aufzunehmen.
    »Das weißt du ganz genau!«, entgegnete ich in lockerem Ton.
    »Warum sagst du das?«, blaffte sie mich an, und ihre Augen blitzten eisig.
    »Ich hab dich gesehen.«
    »Halt den Mund, Livvy«, zischte sie, als sie James entdeckte, der in den Raum zurückkehrte. »Hallo, du«, sagte sie honigsüß. »Eine Tasse Tee oder sollen wir noch ganz frech einen Wodka trinken? Sinnvoll wäre es.«
    Es funktionierte nicht so richtig. Ich hatte mir immer gewünscht, in Sally eher eine Schwester als eine Freundin zu finden, und wieder einmal zeigt sich, dass man mit seinen Wünschen vorsichtig sein sollte. Ihr schlimmstes Benehmen behielt Sally nämlich ihrer Familie vor, und durch unser Zusammenziehen war ich in ihren Augen zu ihrer Familie geworden. Da sie mit ihren heftigen Stimmungsschwankungen die Atmosphäre

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