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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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kuschelten uns, eine Flasche Cava auf dem Couchtisch vor uns, auf dem Sofa zusammen und verfolgten gespannt die neuesten Wendungen und Entwicklungen und verzehrten uns nach Miles und Egg, als lebten sie nebenan.
    Zu anderen Zeiten kam mir die Nähe wie ein Trugbild vor. Ich lebte in der Angst, Sally könnte in den dunklen Wald eintreten, der sie mir manchmal raubte und sie in jemanden verwandelte, den ich nicht wiedererkannte.
    War dies der Fall, brachte sie, wenn sie aus dem College nach Hause kam, kaum ein Wort über die Lippen, schloss sich in ihrem Zimmer ein und ernährte sich von Junkfood, obwohl sie sonst nur wie ein Vögelchen aß. Das war mir bereits in unserem ersten gemeinsamen Jahr aufgefallen, aber da hatte ich es noch herunterspielen können. Zum einen war da noch Lola und dazu ein ganzes Haus voller anderer Menschen, also genügend Ablenkung, jedoch auch geteilte Verantwortung. Jetzt drängte sich mir die Frage auf, ob es an mir lag. Sie sagte oft nicht, was mit ihr los war, aber wenn sie es tat, schien es häufig um eine enttäuschte Liebe aus der Vergangenheit zu gehen, deren Narben inzwischen eigentlich hätten verheilt sein müssen. Ich war hilflos, naiv und wusste mir keinen Rat. Das Unwetter konnte auf so vielfältige Weise hereinbrechen: Manchmal war sie kalt und unnahbar und wollte mich nicht in ihrer Nähe haben, dann wieder war sie ein schluchzendes Bündel Elend und hielt mich mit ihren weißen Fingern fest, als wären es Klauen, und ich versuchte, sie mit meiner Umarmung fröhlicher zu stimmen.
    Doch das Unwetter konnte sich genauso schnell verziehen, wie es gekommen war. Wenn Shaun beispielsweise auftauchte, setzte sie ein fröhliches Lächeln auf und trug das Make-up ein wenig dicker auf, um zu überdecken, dass sie geweint hatte. Eines Wochenendes erwarteten wir James auf Besuch, und ich warnte ihn im Voraus, womit er rechnen musste, weil ich wusste, dass er im Umgang mit emotional aufgewühlten Mädchen völlig nutzlos war. Aber tatsächlich setzte sie, sobald er auftauchte, ihre fröhliche Miene auf, schenkte Drinks ein und spielte die sonnige Gastgeberin. Dass sie bei ihm derart aufblühte, hätte mich stutzig machen sollen, mein Selbstschutzmechanismus hinderte mich allerdings daran, es zu registrieren. Schließlich klammerten wir uns alle aneinander, um zu überleben.
    Wenn ich heute darüber nachdenke, wird mir klar, dass sie sich immer vergewisserte, Rückhalt zu haben, obwohl sie selbst nur sehr bedingt bereit war, mir Rückendeckung zu geben. Ich erinnere mich noch, dass ich an einem This Life -Abend durch die Tür stürmte, nachdem mein Arbeitspensum mich länger als beabsichtigt in der Bibliothek festgehalten hatte. »Es geht los!«, schrie ich und rannte ins Wohnzimmer, doch nur um dort Lola anzutreffen, die ihre bestrumpften Füße auf dem Sofa ordentlich untergeschlagen hatte.
    »Hallo, Livvy«, sagte sie und bedachte mich mit einem kurzen, höflichen Lächeln, dem jede Wärme fehlte.
    »O … hi! Schön, dich zu sehen.«
    Ich ging auf sie zu in der Hoffnung, sie würde eine Umarmung zulassen, aber sie hätte auch in Stacheldraht eingewickelt sein können.
    »Wir haben einen Hausgast!«, sagte Sally, die mit einer Schale Pringles in der Hand hereingerauscht kam und keinerlei Anzeichen von Unbehagen zeigte. Ich weiß nicht, mit welchen Worten sie es geschafft hatte, und fragte auch nie danach, doch es war ihr irgendwie gelungen, sie wieder in den Schoß der Familie zurückzulocken. Aber dieser Schoß reichte jetzt nur noch für zwei. Sie umarmten sich und kreischten und gingen aus, um was zu trinken, und gelegentlich kam ich auch mit, doch es lag auf der Hand, wer nun dafür sorgte, dass das Bett in der Mitte durchsackte. Lola tolerierte mich, aber auch nicht mehr, und allein mit ihr wegzugehen und reinen Tisch zu machen, wäre mir als Verrat an Sally vorgekommen. Und das hätte keine von uns gewagt.
    Es ging nicht nur um Lola. Manchmal war sie urplötzlich von Leuten hingerissen, egal ob Mädchen oder Jungen, und wollte diese dann ständig sehen. Es kam vor, dass sie mich einlud mitzukommen, allerdings immer auf eine Weise, die mir sagte, dass sie mir nur einen Gefallen tat und ihr meine Gesellschaft nicht wirklich was bedeutete. Nach den ersten paar Mal lernte ich, nicht mehr eifersüchtig zu sein. Diese Leute waren wie Leuchtkäfer von kurzem Bestand, und die Freundschaft verglühte, bevor sie richtig in Fahrt kam. Dann waren es wieder nur sie und ich, fast so, wie ich es

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