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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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Einzige, was ich an mir trage – Jules würde mich auslachen, doch ich halte die Romantik der Regency-Ära für durchaus empfehlenswert. Man hatte damals zwar nicht die leiseste Ahnung, was in der Hochzeitsnacht auf einen zukam, aber wenigstens blieb einem ein emotionales Minenfeld dieser Art erspart.
    »Danke«, sage ich und schwinge meine Beine aus dem Bett. »Aber jetzt sollte ich wirklich nach Hause gehen.«
    Er streckt seine Arme aus, umfängt mein Gesicht mit seinen Händen und küsst mich mit einer Sanftheit, die mich erschaudern lässt. Fast rolle ich wieder dorthin zurück, von wo ich mich aufgerichtet habe, aber das wäre zu gefährlich. Stattdessen bitte ich ihn, mir ein Taxi zu rufen, das derart schnell kommt, dass ich noch mit dem Anziehen meiner Strumpfhose beschäftigt bin.
    »Treffen wir uns bald zum Abendessen?«, sagt er, als wir an der Tür stehen.
    »Wann?«, frage ich, entschlossen, nicht auf seinen Anruf zu warten.
    »In dieser Woche ist ziemlich viel los, könnten wir uns auf nächsten Donnerstag einigen?« Dabei küsst er mich, und ich nicke höflich, während ich mich zugleich frage, ob ich mich nicht ein wenig spröder geben sollte. Mag sein, dass es naiv ist zu glauben, normale Regeln würden ihre Gültigkeit verlieren, nur weil die Umstände so extrem sind.
    »Ich kann es kaum erwarten«, sagt er.
    Vielleicht wäre es wirklich besser gewesen, doch zu warten.
    August 1997
    Ich hätte es wissen müssen: Niemals würde Sally ihren einundzwanzigsten Geburtstag verstreichen lassen, ohne Feierlichkeiten von einer Größenordnung einzuplanen, die an die Krönung der Queen heranreichen. Sie legte derart großen Wert auf Geburtstage, dass ich mich meiner Gleichgültigkeit nur schämen konnte. Da sie zu meinem Neunzehnten, der ja keine besondere Bedeutung hatte, so großzügig gewesen war, wollte ich sie unter keinen Umständen enttäuschen.
    Worum sie mich gebeten hatte, war ein »Mädchenausflug«, ein langes Wochenende in Malaga. Ich wusste, dass ich mir das nicht leisten konnte, und zermarterte mir das Gehirn nach einer Alternative, die der Bedeutung gerecht wurde, die sie dem Anlass beimaß, aber sie stellte sich meinen Argumenten gegenüber taub. »Ein Kumpel von meinem Dad hat dort eine Wohnung«, sagte sie, »ich übernehme die Flüge, sodass nur noch die Restaurantbesuche bezahlt werden müssen.« Ich versuchte in einer zaghaften Ausrede meine Kursarbeit ins Feld zu führen, weil ich wusste, wie sehr Geiz ihren Zorn anstachelte, doch das schwächte fatalerweise meine Position. »Du kannst am Strand lesen«, sagte sie und buchte die Flüge. Meinen Pass hatte sie sich zu diesem Zweck bereits geschnappt.
    Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits meine Einstellung geändert. Wir waren fast den ganzen Sommer über in Leeds geblieben, weil ich den Kellnerinnenjob nicht verlieren wollte, den ich so dringend benötigte. Unser Verhältnis zueinander wurde immer schwieriger. Sallys Launen schienen unberechenbarer denn je, und da sie sich von Shaun getrennt hatte, blieben mir kaum Atempausen. Ich war sogar dazu übergegangen, Schichten zu erfinden, nur um eine gültige Ausrede dafür zu haben, ihr fernbleiben zu können. Ich plante auch insgeheim eine Reise nach East Anglia, entschlossen, ohne sie und ihren verführerischen Augenaufschlag ein wenig Zeit mit James zu verbringen. Und dennoch hing ich noch immer an ihr. Sie war nach wie vor meine beste Freundin.
    Ein paar Tage vor ihrem Geburtstag betraten wir nach einer unbequemen Reise in einem Billigflieger spanischen Boden, wo uns die Hitze wie eine Dampfwalze überrollte. Ich war alles andere als reiseerfahren, und das hier war etwas ganz anderes als die gelegentlichen Campingurlaube, die wir in schäbig-spießigen Teilen Frankreichs gemacht hatten. Ich ging davon aus, dass meine Verunsicherung der Fremdheit geschuldet war, aber es war viel elementarer. Hier war ich Sally auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, und es gab so gut wie keine Möglichkeit, Kontakt zu Mum oder Jules oder irgendwelchen anderen Freunden aufzunehmen, die mir außerhalb unserer engen, erstickenden Umklammerung ein Orientierungspunkt hätten sein können.
    Der erste Abend war richtig toll. Über das Apartment brauchte man keine Worte zu verlieren, es war eine Absteige in einer Betonkiste mit nur einem Schlafzimmer, aber es war in Ordnung. Wir stellten unsere Sachen ab, nahmen uns ein Taxi in die Stadt und verbrachten einen jener Abende mit vielen Drinks und guter Stimmung, die

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