Seit jenem Tag
an ohne ein Lächeln, und ihre Miene strafte ihre Worte Lügen. Natürlich wollte ich ihr unbedingt glauben, doch diese Option ließ sie mir nicht wirklich. Ich hatte den leisen Verdacht, dass sie damit meine dürftigen Anstrengungen mit Füßen treten wollte, indem sie mein Geschenk übertrumpfte und mich daran erinnerte, wie sparsam ich gewesen war. Wenn es wirklich ein Geschenk aus Dankbarkeit gewesen wäre, hätte Sally das Gefühl gehabt, sich mir damit auszuliefern, aber dazu konnte sie sich unmöglich herablassen.
»Danke«, sagte ich, legte es zurück in die Schachtel und in meine Handtasche. »Das ist sehr nett von dir.« Ich drückte linkisch ihren Arm.
Ein paar Kerle hatten uns von der Theke aus beobachtet, und sie wählten diesen Augenblick, um uns eine Runde Drinks zu spendieren. Ich war dankbar für die Ablenkung, aber nicht für ihre Aufmerksamkeit. Sie waren plump und verbrannt und sahen dumm aus, wobei ihre weißen Hemden ihre Röte nur noch betonten. Außerdem war ich vom ganztägigen Trinken müde geworden und sehnte mich nach meinem Bett. Es erübrigt sich zu sagen, dass Sally davon nichts hören wollte, und da es ihr Geburtstag war, musste ich nach ihrer Pfeife tanzen. Sie sorgte dafür, dass sie denjenigen bekam, der noch am besten aussah, was aber nichts heißen soll, und dann landeten wir alle in einem schäbigen Kellerklub, wo die beiden auf der Tanzfläche knutschten. Und wie so oft kam es zu Vertraulichkeiten des hässlichen Freundes, dessen Avancen ich sehr schnell verschmähte, indem ich einen imaginären Freund vorschob. Ich hatte doch wahrlich genug getan, oder? Ich wartete, bis Sally sich aus ihrer Umarmung löste, um Luft zu schnappen, und tippte sie auf den Arm.
»Hör zu, würde es dir was ausmachen, wenn ich abhaue?«
»Natürlich macht es mir was aus.«
»Wir wohnen doch nur fünf Minuten weit weg. Ich stehe irgendwie neben mir und habe wirklich keine Lust, mit seinem Kumpel herumzumachen …«
Ihre Augen verengten sich vor Ärger. Fast hätte ich einen Rückzieher gemacht, aber ich konnte mich beim besten Willen nicht mehr länger wach halten.
»Verdammt noch mal, Livvy. Es ist mein Geburtstag!«
»Genau genommen, ist es das nicht mehr. Es ist Viertel vor eins.«
Ihre Augen blitzten ungläubig.
»Wag es ja nicht …«, sagte sie und packte meinen Arm.
»Lass deine Finger von mir.« Ich konnte mich keine Sekunde länger mehr unter Kontrolle halten.
»Tja, dann freu dich, Livvy. Du hast mir bereits meinen Geburtstag versaut, danke, dass du jetzt noch einen draufsetzt.«
»Was? Inwiefern habe ich das getan?«
»Ich musste zusehen, wie du mein Armband in deine Tasche geworfen hast, als wär’s ein Stück Scheiße, nicht gut genug für dein kostbares Handgelenk. Du hast mich vernichtet.«
»Ach, nun hab dich nicht so …« Wieder hatte sie nicht ganz unrecht, aber wie sollte ich ihr erklären, wie belastet und vergiftet es sich angefühlt hatte? »Nun sei doch nicht so zimperlich.«
Dafür hasste ich mich. Es war ein Verbrechen, das mir mein ganzes Leben lang zur Last gelegt worden war, ein Streit wie dieser kannte allerdings keine Abstufungen, war kaum besser, als wenn wir ihn handfest ausgetragen hätten, und wir steckten mittendrin.
»Untersteh dich, das zu mir zu sagen. Ich lade dich hierher ein – die arme kleine Livvy, die es sich nicht leisten kann –, ich bezahle für das meiste, und du bringst die halbe Zeit damit zu, mit einer Miene herumzulaufen, als hätte man dich verhauen. Du hast es ruiniert, wie du alles ruinierst. Du bist der größte Spielverderber, den ich je gekannt habe.«
»Und warum hast du dich dann die letzten zwei Jahre mit mir abgegeben?«
»Keine Ahnung«, sagte sie und zuckte höhnisch mit den Schultern. Die Jungs beobachteten uns und überlegten, ob sie sich uns nähern sollten, doch das war mir egal.
»Ich durchschaue dich«, zischte ich. »Glaub ja nicht, dass dem nicht so ist. Du denkst, dass keiner es mitbekommt, aber ich sehe, wie du die Leute um deinen kleinen Finger wickelst und dich hinter ihrem Rücken über sie lustig machst. Du hast meine Beziehung zu Matt kaputtgemacht, hast dafür gesorgt, dass ich mich nicht mehr mit Lola verstehe – der einzige Mensch, der dir was bedeutet, bist du.«
»Das ist Unsinn«, sagte Sally, aber ich sah ihrer schockierten Miene an, dass ich ins Schwarze getroffen hatte.
»Das ist es nicht, und das weißt du. Ich nehme mir mein Leben zurück, Sally. Ich bin nicht mehr deine
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