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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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packte sie und drückte sie gegen die Wand. Ich warf ihr ein paar schreckliche Dinge an den Kopf, Livvy – und dann rannte sie einfach aus dem Haus. Das war das letzte Mal, dass ich sie sah. Glauben Sie denn, wenn ich nicht …«
    Ich blicke in sein bleiches, gequältes Gesicht, das während unseres Gesprächs um zehn Jahre gealtert zu sein scheint, und habe nur noch Mitleid mit ihm. Er ist ein eitler, schwacher Mann, der sich selber ins Unglück gestürzt hat.
    »Ich spreche Sie nicht frei von Schuld. Was Sie William angetan haben, ist unverzeihlich, aber Sie saßen nicht am Steuer des Wagens. Es war nicht Ihr Fehler.«
    »Erzählen Sie es ihm nicht. Bitte tun Sie das nicht …« Er bricht zusammen. »Ich möchte meine Familie nicht verlieren, nicht auch noch das. Sie ist alles, was ich noch habe.«
    Als ich ihn mit zitternden Schultern unter seinem teuren Caban so dasitzen sehe, erkenne ich überdeutlich, worauf Sally angesprungen ist. Die Lässigkeit seines modischen Äußeren, die so anders war als Williams Steifheit in Tweed, wird ihr gefallen haben. Aber mehr ist es auch nicht. Das Tragische an der Geschichte ist, dass William sie hätte halten können, ihr hätte Sicherheit geben können, wenn sie ihn nur gelassen hätte.
    »Hören Sie, überlassen Sie mir einfach den Terminkalender. Ich werde Ihrer Frau nichts erzählen. Es liegt dann bei William, ob er es tut.«
    Richie hält sein Versprechen: Ein paar Stunden später händigt mir ein Portier den Terminkalender in meinem Hotelzimmer aus. Bis dahin hatte ich einfach flach auf dem Rücken dagelegen, völlig erschöpft. Nachdem das Bild für mich endlich scharf geworden ist, trauere ich um sie. Du hättest nicht gehen müssen, Sally. Du hättest die Leute nicht von dir wegschieben müssen, die dich am meisten liebten. Hättest du dir von uns Halt geben lassen, hättest du alles haben können. Ich denke an Madeline, ihre unerschütterliche Tapferkeit. Auch sie muss ihre Geheimnisse preisgeben dürfen.
    Schließlich rufe ich Jules an und erzähle ihr alles. Sie bietet mir an, sich zusammen mit dem Baby auf den Weg zu mir zu machen, und mir wird klar, wie sehr James und sie mich lieben.
    Und jetzt halte ich den in roten Stoff gebundenen Terminkalender in meinen Händen und nehme allen Mut zusammen, um ihn aufzuschlagen. Ich stecke ihn in meine Handtasche und breche auf nach Manhattan, um einen Ort zu finden, wo ich weniger allein bin, wenn ich ihn öffne.

Kapitel 25

    Ich lasse mir von meinem freundlichen Portier eine Empfehlung geben, springe dann in ein Taxi und fahre direkt ins West Village, wo ich, ein kurzes Stück weit von der Magnolia Bakery entfernt, ein französisches Bistro an einer Straßenecke entdecke. Bereits anhand des wenigen, das ich von New York mitbekomme, kann ich sagen, dass ich diese Stadt genauso lieben könnte wie Sally, aber ich habe keine Zeit, mich darauf einzulassen.
    Der Terminkalender liegt direkt vor mir und wartet nur darauf, dass ich ihn in die Hand nehme. Es ist kein Terminkalender im üblichen Sinn, die Seiten neben den Terminen sind vollgekritzelt mit Eintragungen. Der Anblick ihrer hektischen unleserlichen Handschrift macht mich noch immer traurig. Ich trinke einen Schluck von meinem Fleurie, einem Wein, von dessen Existenz ich nichts wusste, bevor William mich ihn probieren hat lassen, und fange zu lesen an.
    5.12. – R hat geantwortet. Wusste, er würde es tun. Könne nicht anders, sagte er. Freut mich zu wissen, dass mir das noch immer bei jemandem gelingt. Natürlich ist es falsch, aber wir können nicht anders. Im Grunde genommen sind wir doch Tiere, oder? Wir vergessen es nur manchmal. Kam sehr spät zur Schule, zu zerstreut, M musste mir versprechen, es W nicht zu erzählen. Kostet mich einen Kuchen!
    20.1. – Hamptons waren UNGLAUBLICH . Ich kann nicht glauben, dass keiner was gemerkt hat. Dachte, W würde es an mir riechen, als ich aus dem Garten nach oben kam, aber er hatte wie üblich seine Nase in ein Buch gesteckt. Wenn ich es doch nur jemandem erzählen könnte. Wenn ich doch nur jemanden hätte, dem ich vertrauen kann (nicht Mara!), meine Gedanken kreisen ständig darum. Fast hätte ich es Dr. Henry erzählt, aber ich weiß, er würde nur denken, dass ich mich »ausagiere«.
    4.2. – William meinte, wie schön die letzten paar Wochen gewesen seien. So ist es besser, besser für uns alle. Sah ihm zu, wie er in einer blöden Suppe rührte, die er gekocht hat, und sagte mir, ich liebe ihn, aber einfach nicht

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