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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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hatte, dann ist es vermutlich naheliegend, sich an mich zu wenden.«
    »Es ist nicht nur das. So einen findet man nicht alle Tage, und ehe du dichs versiehst, stellst du fest, dass er die Lücke mit einer aufgebrezelten Park-Avenue-Prinzessin gefüllt hat, die nicht deine Moralvorstellungen hat.«
    »Ich möchte aber keine Lücke füllen!«, erwidere ich hitzig. »Er ist tief verletzt, aber ich denke, ich bin ein bisschen mehr wert, als mein Leben darauf zu beschränken, jemanden über jemanden hinwegzutrösten.«
    »Ich sage doch auch nicht, dass das jetzt gleich der Fall sein wird, natürlich nicht, aber … wenn du sprichst, hat er nur noch Augen für dich.«
    »Unsinn«, widerspreche ich mit heißen, geröteten Wangen. »Er ist einfach nur beängstigend gut erzogen«, ergänze ich und hasse mich dafür, dass ich mich über ihn lustig mache. Es scheint mir fast ein kleiner Verrat zu sein.
    »Okay, gut – vergiss es. Ich habe nichts gesagt.«
    »Das Einzige, woran er denken kann, ist Sally. Und ich wette, dass er nur die halbe Wahrheit über sie kennt.«
    Meine Intuition sagt mir, dass ich mit dieser Vermutung richtigliege. Was hast du getan, Sally? Welches Geheimnis hattest du vor ihm?
    Februar 1996
    Die folgenden Wochen gehörten zu den glücklichsten meiner Studienzeit. Die Freundschaft zwischen Sally und mir beruhte nunmehr auf einer Gegenseitigkeit, die neu war, als wäre ich jetzt weniger ihr Schoßhündchen, sondern mit ihr auf gleicher Augenhöhe. Sally legte in jeder Hinsicht an Tempo zu: Wenn ich traurig war, umarmte sie mich, als wollte sie mich nie wieder loslassen, und wenn ich glücklich war, brachte sie mich so sehr zum Lachen, dass mir die Rippen wehtaten. Für die Studentenkneipen hatte sie seit der Erfahrung an unserem nicht gerade vielversprechenden ersten Abend nur Spott und Hohn übrig – und bestand stattdessen darauf, dass wir wie aus dem Ei gepellt in schicken Hotels unsere Cocktails schlürften. Eigentlich konnte ich mir das gar nicht leisten, aber im Zusammensein mit Sally existierten Regeln nur, um gebrochen zu werden. Zwischen Matt und mir lief es gut, ich hatte zwar nicht das Gefühl, mit meinen komischen Bewegungen das Kamasutra neu zu schreiben, doch ich genoss das mit dieser echten Beziehung einhergehende Vertrauen und das Gefühl, eine Frau zu sein.
    Im Rückblick erkenne ich, wie egoistisch ich war. Matt bekam in gewisser Hinsicht nur die Reste ab, den Kinoabend, an dem es zwei Tickets zum Preis von einem gab, oder das All-you-can-eat-Curry an einem Dienstag. Und das galt nicht nur in materieller Hinsicht, ich denke, ich habe auch meine Geheimnisse für Sally aufgespart und mein Herz nur ihr offenbart.
    Ich liebte ihre Lebendigkeit: die Beschreibung der leidenschaftlichen Beziehungen, die sie gehabt, die wütenden Auseinandersetzungen, die sie auf ihrer Suche, genau die zu sein, die zu sein ihr bestimmt war, mit ihren Eltern geführt hatte. Ich war reif für die Verwandlung, und meine Gewissheiten waren bereits durch den Zerfall meiner Familie in ihren Grundfesten erschüttert: Ich frage mich, ob man sich, um sich entpuppen zu können, in einer Freundschaft womöglich sicherer aufgehoben fühlt als in einer Liebesbeziehung. Damit lag ich völlig falsch. Zwar wären Matt und ich sicher nicht für immer zusammengeblieben, aber auf ihn konnte ich zählen, wohingegen Sally … na ja, auf sie eher nicht.
    Sie brauchte eine ganz spezielle Art von Freundschaft, die auf gemeinsamen Ritualen beruhte, ohne Zweideutigkeiten und Überraschungen, es sei denn, sie kamen von ihr. Ich gebe zu, egoistisch gewesen zu sein, doch unterbewusst habe ich wohl gespürt, dass ich nur so lange im Brennpunkt ihres Interesses stand, solange ich mich voll und ganz auf ihren unausgesprochenen Ehrenkodex einließ.
    Ich zog es vor, meinen Tunnelblick nicht wahrzunehmen, genauso wenig wie ich sehen wollte, was in unserem kleinen Haushalt passierte. Lola hatte inzwischen einen Freund, Justin. Ich bin mir nicht sicher, wie sich das alles ganz genau abspielte, aber während Sally sich wieder mehr auf mich konzentrierte, zog sich Lola von uns zurück. Doch das Risiko, zu viel hineinzuinterpretieren, war mir zu groß.
    Einer der freitäglichen Cocktailabende ist mir in Erinnerung geblieben. Wir waren in einer Dachterrassenbar, und Sally bestand darauf, dass wir einen Fruchtmartini in jeder Farbe tranken, wobei mir die Angst im Nacken saß, dass das mein Budget sprengte. Die Beleuchtung war schummerig und elegant, und

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