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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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schlug das Gefühl ins Gegenteil um, und ich liebte sie wieder. Ich hatte mich entschieden, ich hatte einen freien Willen. Ich drückte sie an mich.
    »Ja, es hat Spaß gemacht.«
    Und dabei klang ich mir selbst ganz fremd.

Teil II

    Das erste Grün in der Natur ist Gold,
    die Farbe, die nicht währt.
    Ihr erstes Blatt ist eine Blume,
    doch nur für eine Stunde.
    Dann senkt sich Blatt auf Blatt.
    So sank auch Eden in den Gram,
    so ging das Morgenrot zum Tag.
    Nichts Goldenes hat Bestand.
    »Nichts Goldenes hat Bestand«
    von Robert Frost
    Aus: Promises to keep:
    Poems. Gedichte
    Übersetzt von Lars Vollert,
    C.H. Beck, München 2011

Kapitel 8

    Es ist merkwürdig: Ich sehnte mich danach, dass das Leben wieder seinen gewohnten Lauf nahm und mich aus dem Klammergriff der beängstigenden Fremdheit der vergangenen Wochen entließ, aber seitdem William wieder abgereist ist, habe ich das Gefühl, etwas würde mir fehlen. Trotz all seines höflichen Beharrens weiß ich, dass ich Madeline und ihn womöglich nie wiedersehen werde – wobei die Tatsache, dass er mir die Tür zu sich einen kleinen Spaltbreit geöffnet hat, dies eher noch wahrscheinlicher macht. Vermutlich werde ich trotz all meines Insistierens nie wissen, was mit Sally geschah. Ich hatte unsere Freundschaft immer als ein nicht abgeschlossenes Kapitel betrachtet, aber ihr mysteriöser Tod hat noch mehr Fragen aufgeworfen, die vielleicht nie beantwortet werden.
    Ich habe mich bemüht, nicht darüber nachzudenken und mich stattdessen auf meine Arbeit zu konzentrieren. William habe ich es zu verdanken, dass ich nun viel klarere Vorstellungen von meinem Projekt habe. Und komischerweise habe ich während meiner Versuche, unsere neu gestartete Kampagne sinnvoll umzusetzen, oft an ihn denken müssen. Seine stille Aufmerksamkeit gab mir das Selbstvertrauen, alles auf eine Karte zu setzen, selbst wenn ich damit Kopf und Kragen riskierte, und sobald ich voller Zuversicht die Richtung vorgab, schien diese auf mein zögerliches Team überzuspringen, bis es geschlossen hinter mir stand. Vielleicht sollte ich mich als Nächstes wirklich dieser verdammten Kurzgeschichte widmen, die noch immer in meiner Handtasche darauf wartet, vollendet zu werden.
    Nun kommt gerade Honey klappernd durchs Büro gestöckelt, in Schuhen, die so trendig hässlich sind, dass sie orthopädisch aussehen. Sie wirkt merkwürdig erregt.
    »Nun kommt schon. Ich meine, Mary ist bereit.«
    Ich war mir sicher, dass uns noch eine halbe Stunde Zeit blieb: Von Mary war den ganzen Tag nichts zu sehen gewesen. Beim Gedanken, mich vor sie hinzustellen und für mein täglich Brot – für unser aller täglich Brot – singen zu müssen, gerate ich in Panik, aber ich ermahne mich, nicht so ein Waschlappen zu sein.
    »Jetzt geht es ums Ganze, Leute, hart auf hart«, sagt Chris und klappt mit grimmiger Entschlossenheit seinen Laptop zu.
    »Wir schaffen das schon«, sage ich, als Charlotte in ihrer selbstsicheren Art an uns vorbeirauscht, ohne uns eines Blickes zu würdigen.
    Es ist schwer, nicht einfach dazustehen und sich in diesen makellosen aquamarinfarbenen Augen zu verlieren, aber Mary bricht rasch den Bann. »Überraschung!«, verkündet sie und bedenkt Flynn Gerrard mit dem nonchalanten Lächeln einer Frau, die sich selbst von einem wütenden Gorilla nicht einschüchtern ließe, geschweige denn von einem internationalen Filmstar. Seine Präsenz ist außerordentlich, als würde er mehr Raum füllen, als seine überraschend kompakte Gestalt tatsächlich beansprucht. Sein aschblondes Haar ist zerzaust, als käme er gerade aus dem Bett, wodurch sein atemberaubend gutes Aussehen weniger perfekt, aber auch weniger unnahbar wirkt. Mit den Bewegungen eines trägen Löwen durchmisst er den Raum, den er vollkommen beherrscht, und grinst dabei, als könnte er sich keinen Ort der Welt vorstellen, an dem er jetzt lieber wäre. Natürlich versuchen wir uns wie die coolen Medienprofis zu geben, als die wir bezahlt werden, aber das Knistern nervöser Erregung ist doch spürbar im Konferenzraum.
    »Ich weiß, dass Sie nicht viel Zeit haben, deshalb sage ich nur, da wären wir alle«, sagt Mary und klatscht in die Hände. »Charlotte und Livvy sind die Frauen der Stunde, und ich denke, wir sollten einfach loslegen. Wir fangen mit Charlotte an.«
    Natürlich tun wir das, sage ich mir kleinlaut: Es liegt doch auf der Hand, wo Mary den Killer-Pitch vermutet. Charlotte tritt vor und präsentiert mit einem selbstbewussten Wippen

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