Seit jenem Tag
wir beide saßen auf Barhockern am langen Zinktresen und schauten hinab auf die Stadt, die unter uns ausgebreitet lag, als gehörte sie uns.
»Holen Sie einfach eine aus der Küche, und werfen Sie sie in den Mixer«, lachte sie und bedrängte den zweifelnden Barkeeper, ihr abzunehmen, dass ein Kiwi-Martini wirklich ein Getränk war.
»Achten Sie nicht auf sie«, mischte ich mich ein, »wir können genauso gut Himbeeren nehmen.«
»Aber Pink hatten wir bereits«, wandte Sally ein. Sie winkte mit der Hand und schenkte dem Barkeeper ihr überzeugungskräftigstes Lächeln. »Außerdem sind Himbeeren was für den Pöbel.«
Natürlich bekam sie, was sie wollte, aber als sie die nächste Runde bestellen wollte, versuchte ich zu intervenieren.
»Mal ganz ernsthaft, das sprengt mein Budget. Lass uns einfach ein Glas Weißwein trinken.« Ich saß bereits so wackelig auf meinem Hocker, dass ich eigentlich Wasser gebraucht hätte.
»Achten Sie nicht auf sie«, sagte sie in scharfem Ton.
Die Bezahlung sollte sich nicht als Problem erweisen, denn zwei Geschäftsleute in teuren Anzügen hatten sich an uns herangemacht und boten uns an, die Zeche zu übernehmen.
»Danke, das ist nicht nötig«, lautete meine zimperliche Reaktion, während Sally zeitgleich das Angebot annahm.
»Unter einer Bedingung«, ergänzte sie kokett. »Sie müssen dasselbe trinken«, sagte sie und signalisierte dem Barkeeper, für uns vier Schwarze-Johannisbeer-Daiquiris zu machen.
Danach wurden wir die Typen natürlich nicht mehr los. Mein schlechtes Gewissen steigerte sich ins Unermessliche, als ich daran dachte, was Matt wohl denken würde, wenn er sehen könnte, wie Graham, der Dicklichere und Verschwitztere der beiden, erwog, uns anzumachen. Es war Matts Schwimmabend, ein fester Termin, dem er immer nachkam, und der Sally und mir garantierte, am Wochenende bis zum Umfallen trinken zu können. Sein Vertrauen in mich war groß, und es freute ihn, mich in Begleitung einer so guten Freundin zu wissen, dass er sich keine Gedanken machen musste, mir wäre langweilig: Niemals wäre ihm in den Sinn gekommen, dass ich sein Vertrauen missbrauchen könnte.
»Und was macht ihr Mädchen so?«, erkundigte sich Rob, der besser Aussehende der beiden, und ließ seine Blicke prüfend über Sally wandern.
»Wir sind Studentinnen«, gab Sally zu, obwohl ich eigentlich damit gerechnet hatte, dass sie lügen würde.
»Dann geht der Abend wohl auf uns«, sagte Rob mit einem räuberischen Grinsen auf den Lippen.
»Nun, eigentlich …«, begann ich, entschlossen, erneut unsere Unabhängigkeit geltend zu machen und die rote Flagge als Signal zu hissen, dass ich in festen Händen war. Sally gab mir einen Tritt, tatsächlich einen Tritt, und ich zuckte zusammen.
»Das wird er wohl!«, willigte sie ein und strahlte Rob an.
Sie bestimmten das Gespräch, schaukelten sich gegenseitig mit ihren Scherzen hoch und machten sich über die Drinks hinweg schöne Augen. Ich nahm Sally nicht einen Augenblick lang ab, dass sie ihn wirklich begehrte, denn er hatte kein anderes Thema als die Grundstücksverkäufe, die er tätigte, aber sie sah ihn dennoch verzückt an. Schließlich schleppte ich sie aufs Klo ab.
»Was ist das für ein Spiel«, fragte ich sie. »Magst du ihn wirklich?«
»Er ist in Ordnung«, erwiderte sie achselzuckend.
»Können wir gehen? Ich bin jetzt schon viel zu betrunken, ich muss noch einen Essay schreiben und gehe morgen Abend mit Matt ins Konzert.«
»Soso, ins Konzert«, spottete Sally. Matt liebte klassische Musik, eine Vorliebe, die für sie der Inbegriff von Spießigkeit war.
»Hör zu, ich kann den Bus nehmen. Ich bin mir sicher, dass sein Kumpel den Wink versteht und du mit Rob versacken kannst.«
»Kommt nicht infrage«, sagte sie und grub mit unerwarteter Heftigkeit ihre Finger ins Fleisch meines Oberarms. »Jetzt sei mal ganz locker.« Dabei sah sie mich an. »Wir können nicht alle so verliebt sein wie du.«
»Aber du magst ihn doch nicht mal wirklich! Mal ganz im Ernst, lass uns einfach gehen …«, sagte ich, wurde aber von ihrem harten Blick ausgebremst.
»Wir haben doch Spaß. Wir trinken doch nur mit ein paar Leuten, die wir zufällig getroffen haben. Ganz ehrlich, Livvy, warum musst du immer alles so eng sehen?«
Das traf mich, und mir war klar, dass sie mich wieder einem ihrer Tests unterzog.
»Aber Matt …«
»Dieser verdammte Schmusekater«, sagte sie mit einem Lachen, das jeglicher Wärme entbehrte. »Du tust doch nichts
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