Seitenwechsel
keine gute Schauspielerin.
»Hätten Sie Zeit für eine kurze Besprechung, vielleicht bei einem gemeinsamen Kaffee, es ist wirklich sehr dringend.« Er versuchte wichtig auszusehen, aber um seine Mundwinkel zuckte es ebenfalls leicht.
»Tut mir leid, aber ich bin schon zum Kaffee verabredet«, erwiderte ich wahrheitsgetreu.
»So so. Muss ich mir etwa Sorgen machen, dass man Sie abwirbt?« Er versuchte wirklich krampfhaft, nicht aus der Rolle zu fallen.
»Vielleicht«, zog ich ihn auf. »Auf jeden Fall ist er jünger und weiß genau, wie er mich um den Finger wickeln kann.«
»Na dann viel Spaß mit Ihrem Sohn«, lächelte Hannes.
»Danke.« Ich nahm meine Tasche und ging. Aber dann fiel mir ein, dass ich Hannes dieses Mal vielleicht mehr mit auf den Weg geben sollte, als ein geheimnisvolles Schweigen. Also drehte ich mich noch mal um und fragte: »Vielleicht können wir die Besprechung später nachholen?«
Er nickte zufrieden. »Da wird sich sicher ein Termin finden lassen.«
Ich hatte Pflaumenkuchen vom Bäcker dabei und eine Autogrammkarte von Ronaldinho, als ich in den Park gehetzt kam. Kai war schon da und spielte mit Tim Fußball.
Tim begrüßte mich zurückhaltend. Kai dagegen kam wie ein Kugelblitz angerannt und sprang mir mit solcher Wucht in die Arme, dass wir beide umfielen und lachend auf dem Rasen liegen blieben.
»Mama, Mama, hast du mir was mitgebracht?«
»Ich dachte, ich kriege heute ein Geschenk.«
Aber Kai durchstöberte schon meine Tasche und hatte die Autogrammkarte mit seinem kindlichen Radarsystem innerhalb kürzester Zeit gefunden.
»Ronaldinho, der ist super!«
»Nein, der ist hässlich«, zog ich Kai auf.
»Gar nicht!«
»Doch!«
»Nein!«
»Doch.«
Tim kam dazu, als Kai sich gerade auf mich warf, um seiner Position Nachdruck zu verleihen, und ich ihn im Gegenzug dafür durchkitzelte.
Er wollte sich verabschieden, aber statt zu gehen, sah er mich eine Weile prüfend an.
»Was ist?«, fragte ich ungeduldig.
»Nichts. Ist irgendwas passiert? Du wirkst so … anders.«
»Fröhlich nennt man das in der Umgangssprache, Tim. Und irgendwann war das mal mein Normalzustand.«
»Also ist doch etwas passiert. Hast du jemanden kennengelernt?«
Ich stockte. War ich wirklich so einfach zu durchschauen? Und überhaupt, wieso glaubte er eigentlich, dass ich mein Glück von einem Mann abhängig machte? Ich konnte schließlich auch fröhlich sein, weil … weil … weil ich zu mir selbst gefunden hatte, das Wetter gut war, mein Chakra oder was auch immer im Einklang mit irgendetwas anderem Wichtigen stand. Ich konnte auch sehr gut ganz alleine fröhlich sein!
»Ich habe einen schönen Geburtstag gehabt, das ist alles«, erklärte ich gereizt.
»Das will ich auch hoffen, wenn Tina dafür sogar ihren Türkeiurlaub unterbricht.«
Wieso wusste er eigentlich immer noch so gut über mich und meine Freundinnen Bescheid? Ich dachte, Tina stünde auf meiner Seite. Tim sah mich herausfordernd an, und ich wusste, dass er wusste, dass ich einen Neuen hatte. Aber ich wollte ihm nicht die Genugtuung geben und seine Neugier befriedigen.
»Ich hatte trotzdem einen schönen Geburtstag, wenn du es so genau wissen willst. Danke.«
Wir lieferten uns ein Blickduell, das mich an früher erinnerte. Als wir uns noch hassten, bevor wir uns eingestanden hatten, dass wir uns eigentlich liebten. Jetzt hasste nur ich ihn, ein bisschen, und er hasste es, nicht zu wissen, wer meine Geburtstagsbekanntschaft war.
»Das freut mich für dich«, sagte er und meinte es nicht ehrlich. Als er ging, sah ich ihm triumphierend nach. Dieses Mal hatte ich gewonnen. Tim würde sich noch ewig den Kopf darüber zerbrechen. Aber komischerweise war meine gute Laune dahin. Selbst der Pflaumenkuchen, Kais Geschenk und unser halbstündiges Wettschaukeln konnten mich nicht mehr darüber hinwegtäuschen, dass es mir unangenehm war, dass Tim Bescheid wusste. Ich hatte vielleicht gewonnen, aber er hatte es geschafft, mir zum zweiten Mal meinen Geburtstag zu verderben.
Scheidung aus Liebe
Sie ließ die Bombe immer erst ganz am Ende platzen. Tina hatte ein ausgezeichnetes Gespür für den richtigen Moment. Statt mit der Tür ins Haus zu fallen, ließ sie mich lang und breit die Neuigkeiten berichten, die sie während ihres vierwöchigen Türkeiaufenthaltes verpasst hatte. Natürlich kannte ich nur eine Neuigkeit, und die hieß Hannes.
»Und was genau?«, fragte sie resigniert, als ich ihr erzählte, dass ich nun wirklich
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