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Seitenwechsel

Seitenwechsel

Titel: Seitenwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
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Hintergrund kam gedämpfte Jazzmusik aus den Lautsprechern und wenn das nicht schon genügend Hinweise waren, dann bot das kitschige Pfeffer-und-Salzstreuer-Set, das aus küssenden Katzen bestand und das er auffällig unauffällig direkt vor mir platziert hatte, die letzte Gewissheit. Alles war perfekt. Auch wenn ich das, wofür er nach eigenen Angaben geschlagene zwei Stunden in der Küche gestanden hatte, schlichtweg als Nudeln mit etwas verkochter Tomaten-Pilzsoße bezeichnet hätte. Die ich noch dazu nicht mal gebührend genießen konnte, weil ich ununterbrochen reden musste, um Hannes in die Defensive zu drängen und ihm keine Gelegenheit zum romantischen Kniefall oder dergleichen zu geben. Wenigstens so lange nicht, bis ich mich zwischen den beiden Wörtern, die ich zur Auswahl hatte, entschieden hatte. Also erzählte ich Hannes ausführlich von meinem unspektakulären Arbeitstag, als hätten wir nicht die Hälfte davon gemeinsam in derselben Redaktion verbracht. Ich erzählte ihm von Kai und seinem Rekordversuch, die Rutsche in möglichst vielen verschiedenen Varianten herunterzurutschen, ohne den eigentlich dafür vorgesehenen Hintern zu benutzen. Als mir langsam die Themen ausgingen, erzählte ich ihm sogar von Ecki, dem Kioskbesitzer meines Vertrauens, um den ich mir langsam ernsthafte Sorgen machte, weil sein Laden fast immer geschlossen war, wenn ich mal vorbeikam. Hannes ließ meine Erzählungen interessiert und lächelnd über sich ergehen, bis wir die letzte Nudel von unseren Tellern gepickt hatten. Da wurde die Spannung allmählich unerträglich und meine Stimme immer heiserer.
    »Nachtisch?«, fragte ich vorsichtig.
    »Welcher Nachtisch?«
    »Es gibt keinen Nachtisch?« Mir fiel ein Stein vom Herzen.
    »Nein. Ich glaube, du überschätzt meine Kochkünste. Ich könnte dir einen Kaffee anbieten, aber ich habe das Gefühl, dass du besser keinen mehr trinken solltest, so aufgedreht wie du bist.«
    Tina hatte also recht. Hannes hatte einfach nur Hunger gehabt. Er hatte Hunger gehabt und gekocht, so wie es normale Menschen eben tun. Keine Spur von einem Heiratsantrag, nicht mal der Hauch einer Andeutung. Hannes hatte Hunger gehabt, gekocht und eine Kerze angezündet, weil es eben gemütlicher mit Kerze war als ohne. Er hatte Musik angemacht, weil er gerne Musik hörte, und die küssenden Katzen aufgestellt, weil er keine anderen Pfeffer- und Salzstreuer hatte. Ich war so erleichtert, dass ich schlagartig aufhörte zu reden.
    Hannes lachte. »Ist schon gut, du bekommst ja deinen Kaffee.« Doch dann beugte er sich plötzlich zu mir rüber und nahm meine Hand und sagte mit einem ernsten, mitfühlenden Blick: »Aber vorher muss ich dich noch etwas fragen.«
    Ich hätte wissen müssen, dass die Überraschungsangriffe immer erst in der Nachspielzeit kamen. Ruhig bleiben, Karina, es ist nur eine Frage. Eine ganz einfache Frage. Ja oder Nein. Kein Problem.
    Und dann stellte Hannes sie: »Wie läuft es seit dem Weihnachtsessen eigentlich zwischen dir und Tim?«
    Ich schaute ihn etwas überrascht an, denn ich hielt das für eine eher schlechte Einleitung zu der Frage.
    »Äh, gut«, antwortete ich ziemlich lahm. »Ganz gut. Wir sind Freunde. Gute Freunde. Normale Freunde, meine ich. Nur wegen Kai, natürlich. Aber … inzwischen läuft es wieder gut zwischen uns.«
    Das war vielleicht etwas übertrieben, dafür, dass Tim und ich uns nur bei der Übergabe von Kai auf dem Spielplatz oder bei einem von uns vor der Haustür trafen und dabei ein paar belanglose Worte über die Arbeit, die Schule und unseren Sohn wechselten. Aber immerhin endeten unsere Unterhaltungen inzwischen nicht mehr im Streit oder dem Gegenteil davon, dafür aber mit einem Gruß an unsere jeweiligen neuen Lebenspartner. Deswegen war mein Gestammel durchaus ernst gemeint, auch wenn ich beim besten Willen nicht wusste, was das mit Hannes’ Heiratsantrag zu tun hatte.
    Hannes sah mir tief in die Augen und räusperte sich, während ich im Stillen noch mal die Optionen durchging. Ja oder Nein.
    »Ich bin froh, dass du das mit Tim abgeschlossen hast und dich wieder besser mit ihm verstehst, weil ich nämlich eigentlich fragen wollte …«
    Denk nach, Karina. Ja oder Nein, oder doch eher ›noch nicht, aber gerne später‹. Tina hatte gelogen, natürlich gab es eine dritte Option. Und wenn ich noch länger darüber nachdachte, fielen mir vermutlich auch noch die Optionen vier bis zehn ein. Verdammt.
    »… und du musst wirklich ehrlich antworten, weil

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