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Seitenwechsel

Seitenwechsel

Titel: Seitenwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
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Bedenken zu haben, dass Sarah schon vor der Dunkelheit zurückkommen würde, solange Kai sie immer wieder den Berg hinaufscheuchen konnte. Und über Tina brauchten wir uns erst recht keine Gedanken zu machen, da sie die Tageskarte im Wellnesscenter bis zur letzten Minute ausreizen würde. Mein Puffer hatte versagt! Tim und ich waren allein, und wir hatten Zeit. Es war eine ungünstige Kombination, die wir voll und ganz auskosteten. Auch wenn wir automatisch in stumme Hektik verfielen, als wir uns gegenseitig auszogen, war der Sex an sich definitiv lang, bequem und zärtlich genug, um als würdiger Abschied von unserer Beziehung durchzugehen. Das Problem war nur, dass es genau das nicht mehr war. Mit drei Ausrutschern war die dafür geltende Toleranzquote eindeutig überschritten. Das wussten wir beide, und deswegen blieben wir danach auch lange stumm nebeneinander liegen und starrten an die Decke. Wer auch immer das Schweigen als Erster brach, konnte im Grunde nur eine Frage stellen: »Und was machen wir jetzt?«
    Ich hatte es schließlich gewagt, bevor Hannes und Sarah uns hier doch noch erwischten und sich das Thema von alleine erledigte.
    »Bratkartoffeln!«
    Ich sah Tim völlig verdattert an. Was war das denn bitte schön für eine Antwort? War es eine Metapher, ein Vergleich, irgendetwas Neudeutsches, das ich nicht verstand?
    »Für einen Auflauf haben wir auf jeden Fall nicht mehr genug Zeit«, erklärte Tim seelenruhig, als wäre das Abendessen hier unser größtes Problem.
    Er wollte sich sein T-Shirt überziehen, aber ich schnappte es ihm weg und hielt es fest, bis er bereit war, mir eine ordentliche Antwort zu geben. Tim schlüpfte stattdessen in seine Hose und schwieg sich aus.
    »Tim, was passiert hier gerade?« Ich starrte auf seinen nackten Rücken, der ratlos in sich zusammensank. Tim fuhr sich mit der Hand durch die Haare, was er immer tat, wenn ihm eine Situation unangenehm war.
    »Ich weiß es nicht«, stieß er schließlich laut, fast wütend hervor. Dann drehte er sich endlich zu mir um und wiederholte etwas sanfter: »Ich weiß es wirklich nicht, Karina, aber irgendwie habe ich das Gefühl, da ist noch was zwischen uns.«
    Wenn ich selbst nicht so verwirrt gewesen wäre, hätte ich Tims Antwort sogar richtig süß gefunden. Dafür brauchte man nun wirklich nicht viel Kombinationsgabe. Tim sah mich traurig an und wollte meine Hand nehmen. Aber ich zog sie eilig weg und fing hektisch an, das zerwühlte Bett wieder glattzuziehen. Er half mir dabei. Ich atmete tief durch, bevor ich erwiderte: »Natürlich ist da noch was zwischen uns. Da wird immer irgendwas sein, aber das rechtfertigt noch lange nicht … das hier.«
    Ich strich gereizt über die Bettdecke, aber es war zwecklos. Wir bekamen sie einfach nicht mehr so faltenlos hin wie vorher. Schließlich ließ ich mich kraftlos wieder auf das gemachte Bett sinken und vergrub mein Gesicht in den Händen.
    Verdammt, dabei lief es gerade so gut. Wir hatten alles geklärt. Tim war glücklich mit Sarah und ich mit Hannes. Wir verstanden uns wieder besser, Kai mochte unsere neuen Partner, und wir funktionierten sogar als Eltern gut zu viert. Es war meine erste erwachsene Trennung. Die erste, die nach den überwundenen Anfangsschmerzen gerade anfing, sich einzupendeln. Etwas Besseres hätte ich mir für Kai, Tim und mich gar nicht vorstellen können. Außer natürlich, wir hätten uns gar nicht erst getrennt.
    »Würdest du denn Sarah wieder verlassen?« Ich überrumpelte Tim mit der Frage, genauso wie sie mich überrumpelt hatte.
    Tims überraschter Blick genügte schon, um mir klarzumachen, dass ihm der Gedanke noch gar nicht in den Sinn gekommen war.
    »Würdest du denn Hannes verlassen?«
    »Hat sich denn zwischen uns etwas geändert, seit wir uns getrennt haben?«, fragte ich statt einer Antwort vorsichtig.
    »Hätte sich denn etwas zwischen uns ändern können?«, gab Tim die Frage genauso ratlos an mich zurück.
    Wir hätten dieses Frage-Gegenfrage-Spiel noch endlos in die Länge ziehen können, aber ich beendete es vorzeitig und schüttelte den Kopf. Nein. Es hatte sich nichts geändert, nur weil wir dreimal miteinander ins Bett gesprungen waren. Was hätte sich auch ändern können? Ich arbeitete immer noch zu familienunfreundlichen Zeiten. Tim würde sich immer noch vernachlässigt fühlen. Wir hatten uns nicht wieder zusammengelebt, indem wir uns ein Dreivierteljahr lang gestritten hatten. Und wir hatten auch kein Allheilmittel gegen das

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