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Seitenwechsel

Seitenwechsel

Titel: Seitenwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
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Erwartungen viel, denn es stellte sich heraus, dass Sarah eine ungemein witzige Person war, solange sie nicht auf den Gedanken kam, eines ihrer zahllosen Instrumente hervorzuholen.
    Hannes’ völlig hirnrissige Idee eines gemeinsamen Urlaubs erwies sich als voller Erfolg, das musste selbst Tina irgendwann feststellen, die es wagte, das auszusprechen, was ich nur heimlich und eigentlich auch gegen meinen Willen dachte: »Ihr vier passt gut zusammen.«
    Ich sah sie bemüht überrascht an, weil ich nicht zugeben wollte, dass ich es auch so empfand.
    »Tim und Sarah, Hannes und du, das funktioniert besser als nur Tim und du.«
    »Meinst du?«
    »Ja. Ich kann mich zumindest an keinen Urlaub mit Tim und dir erinnern, in dem ihr euch nicht gestritten, versöhnt, gestritten und wieder versöhnt habt.«
    Ich starrte nachdenklich vor mich hin. »Ja, vielleicht hast du recht. Vielleicht ist es besser so. Auch für Kai.«
    Aber auch wenn Tim und ich uns offensichtlich durch Hannes’ und Sarahs Anwesenheit besser verstanden, achtete ich sehr penibel darauf, dass wir uns nie alleine in einem Raum aufhielten, um der Gewohnheit keine Gelegenheit zu geben. Nur einmal musste ich vor lauter Achtsamkeit auf dem Sofa eingeschlafen sein. Denn als ich die Augen wieder aufschlug, saß Tim mir gegenüber und starrte mich ungeniert an.
    »Was ist? Warum guckst du mich so komisch an?«
    »Tina ist im Wellnesscenter, Sarah ist mit Kai Schlitten fahren, und Hannes ist ins Internetcafé gegangen.«
    Ich hielt das für eine absolut inadäquate Antwort auf meine Frage. »Was willst du mir damit sagen?«, erkundigte ich mich unwohl, während ich mich aufrichtete und mir durch das Gesicht rieb, um wach zu werden.
    Tim saß immer noch unbeweglich im Sessel und sah mich mit undurchdringlicher Miene an. Dann antwortete er ernst: »Dass wir Essen kochen müssen.«
    Logisch, was hätte er mir auch sonst damit sagen wollen. Ich sprang vom Sofa auf und floh in die Küche. Aber jegliche Flucht war zwecklos, da Tim mir natürlich folgte und ich ihm nun in der noch viel engeren Küche ausgeliefert war.
    »Was soll ich machen?«, fragte ich hektisch.
    »Kartoffeln schälen.«
    Klar, die Deppenarbeit. Mehr hatte ich bei Tim in der Küche sonst auch nie machen dürfen. Er schien meine Gedanken zu erraten.
    »Du kannst natürlich auch Zwiebeln klein hacken und andünsten.«
    Ich zog eine Grimasse, schnappte mir wortlos den Sparschäler und widmete meine ganze Aufmerksamkeit den Kartoffeln. Wir arbeiteten minutenlang stumm vor uns hin. Es war schon merkwürdig, solange wir in der Gruppe waren, konnten wir uns problemlos unterhalten, und kaum waren wir allein, benahmen wir uns vollkommen verkrampft.
    Unsere Arme berührten sich leicht, während wir nebeneinander an der Arbeitsplatte standen. Wir machten beide einen Schritt zur Seite. Aber ich spürte seine Nähe immer noch.
    »Sarah ist nett«, versuchte ich die unangenehme Stille zu durchbrechen.
    »Ja. Hannes auch«, versicherte Tim mir übertrieben überschwänglich.
    »Ja.«
    »Es war nett von ihm, Sarah und mich einzuladen.«
    »Ja. Es war eine gute Idee.«
    »Vor allem für Kai.«
    »Stimmt, vor allem für Kai.«
    O Gott, ich hatte selten so ein sinnfreies Gespräch geführt. Ich schmiss eine geschälte Kartoffel in den Topf, wo sie mit einem lauten Plumpsgeräusch im Wasser landete. Wir schwiegen wieder. In meinem Bauch breitete sich ein warmes Kribbeln aus, und um mich davon abzulenken, starrte ich auf die sich ausdehnenden Kreise, die die Kartoffel an der Wasseroberfläche hinterließ. Dann konnte ich nicht mehr. Ich drehte mich zu Tim und sah ihm direkt in die Augen. Er wischte sich Zwiebeltränen aus dem Gesicht und schaute mich ratlos an. Fast unhörbar murmelte ich: »Mit Laptop?«
    »Was?«
    »Ist Hannes mit seinem Laptop ins Internetcafé gegangen?«
    »Ja. Er wollte da noch etwas arbeiten.«
    Dieses Mal wich keiner von uns dem Blick des anderen aus. Tim legte schließlich das Messer zur Seite. Und noch während ich mich über mich selbst ärgerte, zog er mich an sich, und wir küssten uns. Schon wieder. Heftig und hemmungslos. Ohne Rücksicht auf Abmachungen oder sonstige Verhaltensregeln zwischen Expartnern. Wir besaßen nur noch so viel Anstand, ins unbenutzte fünfte Schlafzimmer zu gehen, bevor wir übereinander herfielen.
    Dieses Mal ließen wir uns Zeit. Ich wusste, dass Hannes mindestens ein paar Stunden brauchte, wenn er seinen kompletten E-Mail-Eingang bearbeiten musste. Tim schien keine

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