Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
mehr.«
Schweigen.
»Bleibst du noch auf einen Drink?«, frage ich und hoffe, nicht allzu pathetisch zu klingen.
»Nein, ich sollte wirklich gehen.«
»Okay.« Wir stehen völlig verloren da – um uns klangvolles Schweigen.
»Dann eine gute Reise?«, sage ich wagemutig.
»Ich melde mich noch mal, bevor ich weggehe.«
»Nun, wir müssen über William den Waschlappen reden, überprüfen, ob er Fortschritte macht.«
»Ja, natürlich.«
Es folgt eine weitere qualvolle Pause, dann kommt Oscar durch den Haupteingang, eine betreten aussehende Tallulah im Schlepptau. Und ist das nicht …? Ja, auch Lydia ist dabei.
»Ich bin dann mal weg«, sagt Dom und drückt mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Der Glückliche.
Ich bleibe wie angewurzelt stehen und frage mich, wohin ich mich wenden soll. Oscar schüttelt Susan und Giorgio mit übertriebener Freundlichkeit die Hände und entschuldigt sich vielmals, während Tallulah und Lydia direkt die Wohnung ansteuern. Ich setze ein Lächeln auf, aber keine von ihnen würdigt mich eines Blickes, und so sieht es wohl aus, als würde ich ins Leere oder meinem imaginären Freund zulächeln. Hoffentlich halten die Juroren mich jetzt nicht für etwas beschränkt ( Ghustos wohltätige Beschäftigungspolitik, Köche aus betreuten Einrichtungen einzustellen, verdient unseren Applaus. )
Es ist vorbei, endlich. Sobald die Juroren verabschiedet sind, geht Oscar fast wortlos nach oben, und ich … schleiche nach Hause.
Zum Glück habe ich den Vormittag frei. Ich komme erst auf den letzten Drücker, kurz bevor die Ergebnisse erwartet werden. Seit dem gestrigen Abend habe ich von Oscar keinen Pieps mehr gehört. Ich überlege, mich fernzuhalten und mich in der Küche zu beschäftigen, aber das kommt mir herzlos vor. Ich klopfe vorsichtig an seine Bürotür und schlüpfe hinein. Er blickt auf, sein Gesicht ist grau und abgespannt.
»Was ist passiert, Schatz? Erzähl mir alles genau.«
»Es ist okay. Man wird keine Anzeige erstatten. Es war der Mini von Persephones Mama, und ich habe ihr gesagt, ich werde für den Schaden aufkommen.«
»Und Tallulah?«
»Es hat sie richtig wachgerüttelt.«
»Das ist doch hervorragend! Wenn ihr beiden mehr Zeit miteinander verbringt, wirklich miteinander redet …«
»Sie hat es wachgerüttelt, nicht mich! Ihr Handeln hat Konsequenzen, ich denke, das hat sie endlich kapiert.«
O Gott, er begibt sich wie ein Schlafwandler in eine schreckliche Beziehung zu seiner Tochter, und ich kann nichts dagegen tun. Es gelingt mir nicht mehr, die leisen ahnungsvollen Stimmen zu überhören – mir wird plötzlich in aller schrecklichen Deutlichkeit sonnenklar, dass dies nicht der Mann ist, den ich zum Vater meiner Kinder haben möchte. Das tut weh, aber es ist auch eine Erleichterung, mir endlich einzugestehen, was ich mit aller Macht hatte unterdrücken wollen. Schönheit ist Wahrheit, Wahrheit schön. Ich gebe mir Mühe, mir meine innere Offenbarung nicht äußerlich anmerken zu lassen.
»Und kommt du und Lydia jetzt besser miteinander zurecht?«
»Wie zivilisierte Menschen«, geifert er, »aber sie ist trotzdem ein hinterhältiges Miststück.«
»O, okay.« Vermutlich ist sie es wirklich, aber sie ist auch die Mutter seines Kindes – die wirklich sehr aufgebrachte Mutter seines Kindes. Und auch er ist aufgebracht, man geifert nicht so, wenn man nichts empfindet. Hätte ich etwas mehr Vorstellungskraft, hätte ich mich vielleicht auch bemüht, Dom unmittelbar danach eins auszuwischen, ich war bloß nicht darauf vorbereitet, einen der in der Daily Mail angepriesenen Tricks betrogener Ehefrauen auszuprobieren, wie etwa aus sämtlichen Hosen den Schritt herauszuschneiden. Was er vielleicht gar nicht bemerkt hätte, so abgetragen, wie seine sind.
»Amber, was genau haben die Juroren zu dir gesagt? Welche Eindrücke hast du gesammelt, irgendwas.«
Ich gebe mir Mühe, alles wiederzugeben, aber es ist schwer. »Ich glaube, wir haben sehr gute Arbeit geleistet«, sage ich, als mein Wissen erschöpft ist. »Und D … die Kellner schienen zu glauben, dass die geheimnisvollen Gäste wirklich beeindruckt waren.«
»Du kannst seinen Namen schon aussprechen.«
»Dom.« Es gab keine Notwendigkeit, ihn wirklich auszusprechen. Er wollte damit nur andeuten, dass es kein Tabu ist. Aber jetzt habe ich ihn mit lauter Stimme wie ein Marktschreier ausgerufen. Dom-m-m. Er hallt großartig nach, als würde ich im passenden paspelierten Mantel durch die Straßen von
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