Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
kratze mich am Kopf. »Es wird mir gleich wieder einfallen. Das sind Teller!«
»Nein, Dummerchen, das sind nicht irgendwelche alten Teller. Das sind deine Butternut-Kürbis-Teller. Ich hörte die Juroren darüber diskutieren, wie köstlich die waren.«
»Nein!«, sage ich und erröte vor Freude.
»Doch!«, sagt Dom. »Ich gehe lieber wieder hinaus, aber ich dachte, ein paar gute Nachrichten würden dir guttun.«
Ich schaue ihm hinterher und erlaube mir, mich ein paar Sekunden lang in diesem Glanz zu sonnen. Er schwingt die Türen auf, und hinter ihm schwingen sie zu. Die Situation ist so bizarr, dass es mich umhaut. Genau davon habe ich immer geträumt: Dom, der mühelos das Restaurant managt, ich in der Küche, wo ich dankbar die begeisterten Lobesbekundungen entgegennehme. Alles ist so, als würde mein Traum nur für einen Abend wahr werden. Doch Träume können sich verändern. Ich kann mich mit aller Hingabe dem Kochen an Oscars Seite widmen, wobei ich nur gelegentlich eine Pause machen muss, um Tallulahs Finger vom Hals meines Erstgeborenen zu lösen. Und ja doch, Dom kann Pate sein. Das Glück kommt selten allein. Ich vertiefe mich in den höhlenartigen Kaninchenbauch und erinnere mich wieder, was meine Aufgabe ist. Oscar textet wie ein Besessener, dass es ihm noch nicht möglich war, den Kensington-Würger aus der Zelle zu befreien. Ich versichere ihm, dass alles gut läuft, und denke, dass das auch im Großen und Ganzen den Tatsachen entspricht. Jean-Paul stellt eine zauberhafte Nachtischkollektion auf die Beine, und nach und nach wird die Gangart etwas ruhiger.
Ich gehe mal kurz nach oben, wo ich Milly auf dem großen dunkelroten Samtsofa liegend antreffe, die Füße auf der Lehne. Es sind nur noch wenige Nachzügler da, und die Atmosphäre ist heiter und entspannt.
»O Gott, wie ich Wein liebe«, sagt Milly gefühlvoll.
»Es ist Beelzebubs beste Erfindung.«
»Das waren die anstrengendsten drei Stunden meines Lebens«, ergänzt sie. »Ich weiß nicht, wie du das schaffst.«
»Ich bin ja auch keine Kellnerin.«
»Nein, aber das Ganze.« Und nach einer Pause fügt sie hinzu: »Mit meinen hilfreichen Tipps ist jetzt offiziell Schluss. Glaub ja nicht, ich hätte es nicht mitbekommen, dass du die Augen verdreht hast, wenn du dachtest, ich würde nicht hinsehen.«
Zutiefst verlegen wegen meines ungehobelten Verhaltens erwidere ich: »Du hast uns, was das Fleisch betrifft, wirklich den Arsch gerettet. Wir hätten ganz schön in der Scheiße gesteckt, wenn du Jack nicht überredet hättest.«
»Danke.«
»Was du getan hast, ist unglaublich großzügig. Und es tut mir leid, wenn ich undankbar war.«
»Vielleicht gibt Oscar mir ja ein paar Schichten.«
»Hättest du wirklich Lust dazu?«
»Nun, irgendwie schon. Ich würde wirklich gern von der Pike auf Erfahrungen sammeln.«
»Okay, ich kann ihn fragen«, sage ich und umarme sie. Sie legt manchmal ihr Ego völlig ab und ist viel näher dran an der Lama-Erleuchtung, als ich das je sein werde. Ich sehe mich nach Marsha um, die mit geröteten Wangen zufrieden inmitten ihrer Geschenke sitzt, als wäre sie eine Glucke mit einem Eiergelege. Ich liebe meine Freundinnen. »Ich gehe lieber wieder nach unten«, sage ich zögernd, denn ich würde viel lieber hier im Warmen bei denen bleiben, die mich lieben, aber wie immer ist dazu nicht genug Zeit.
Wir haben es fast geschafft. Das Team räumt auf, während die letzten paar Desserts rausgehen und die Juroren die wenigen noch besetzten Tische umkreisen. Die meisten Bewertungskarten wurden ausgefüllt, aber natürlich dürfen wir keinen Einblick nehmen. Die Ergebnisse werden für morgen Nachmittag erwartet, also müssen wir uns nicht allzu lang gedulden.
»Was glaubst du, wie haben wir abgeschnitten?«, frage ich Dom flüsternd.
»Sie machten alle einen recht fröhlichen Eindruck«, sagt Dom. »Wie die Bluteiscreme ankam, kann ich nicht sagen, aber die Schafsnieren gingen weg wie nichts.« Er sagt dies mit einem frotzelnden Unterton, obwohl sein Gesicht todernst ist.
»Dir sagt sie also nicht zu?«
»Was?«
»Oscars Kochkunst.«
»Er ist talentiert, das steht außer Frage«, sagt Dom nachdenklich. »Ich weiß nicht …«
»Spuck’s aus.«
»Wird da nicht die Substanz ein wenig zu sehr vom Stil überdeckt? Große Klappe und nichts dahinter?«
»Ganz und gar nicht«, ereifere ich mich.
»Nein, du hast sicherlich recht«, sagt Dom. »Ich sollte gehen. Du brauchst mich nicht
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