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Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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damit zu Mike und bekommt gleich eine etwas stolzere Haltung.
    »Kaffee, Chef«, sagt er übertrieben unterwürfig. Mike sieht ihn kaum an und kippt den Kaffee runter, bevor er ihn wegscheucht.
    »Geh an deinen Platz«, zischt er ohne ein Wort des Danks. Tomasz macht im Vorbeigehen eine angedeutete »Wichser«-Geste, die ich sofort aufgreife.
    War die Forelle auch am Samstagabend ausverkauft, die Doraden waren übrig geblieben. Ein ganzer Haufen davon wartet im Kühlschrank auf mich. Sie sind nicht mehr ganz so munter wie am Wochenende. Ich schiebe sie zur Seite, weil ich weiß, dass es Oscar nicht gefallen würde, wenn wir sie verwendeten, und vertiefe mich in einen Berg Steinbutt, bedacht darauf, mich möglichst klein zu machen. Die Küche ist wie ein Hofstaat, und wenn jemand eine so niedrige Stellung innehat wie ich, sollte er nicht so viel Aufmerksamkeit vom König bekommen. Ich weiß nicht, ob besagter König heute hier sein wird – montags überlässt er manchmal Mike das Zepter –, aber zwecks Risikovermeidung frage ich lieber nicht. Schließlich kommt Mike geschäftig an meinen Kochplatz, den Notizblock an seine aufgeblasene Brust gedrückt.
    »Zuhören, Fischmädchen.«
    Es macht mir nichts aus, von Oscar Fischmädchen genannt zu werden, in einem kleinen Winkel meiner Seele gefällt mir das sogar, aber das geht jetzt zu weit.
    »Ich bin ganz Ohr«, sage ich.
    »Ich denke an Krabbenpuffer als Spezialität des Hauses. Comprenez ?«
    Comprenez ?
    »Haben wir …«
    »Nein, aber da Sie das Fischmädchen sind, können Sie losziehen und Ihr Fischding machen.« Dies unterbreitet er mir mit einer irritierenden Handbewegung, die ich wohl mit »Fischzauber« übersetzen soll.
    »Okay«, sage ich ein wenig zu lustlos. Krabbenpuffer sind ein derart uninspiriertes Spezialgericht, dass sie höchstens dem Chefkoch einer Fischrestaurantkette einen Freudenschrei entlocken würden.
    »Okay, was?«
    Er wird doch nicht? Ich komme mir vor wie im langweiligsten Ratequiz aller Zeiten.
    »Okay, Chef!«
    »Das ist schon besser. Und jetzt los mit Ihnen.« Das wird begleitet von einer kleinen Laufbewegung. Er hat offenbar seine eigentliche Berufung zum Pantomimen verfehlt.
    Wo bleibt Oscar? Die Aussicht, ihn zu sehen, macht mich nervös, aber zu wissen, dass er nicht kommt, versetzt mir einen ziemlichen Dämpfer. Das mag der Grund dafür sein, weshalb ich auf meinem Weg zum Fischhändler einen Umweg mache und meine Augen an einem umwerfenden roten Kleid in einem Schaufenster kleben bleiben, von dem ich weiß, dass ich es mir nie leisten könnte. Eine Sekunde lang frage ich mich, was Dom wohl von mir in diesem Kleid halten würde, doch gleich darauf verfluche ich meine emotionale Amnesie. Keine Bummelei mehr, viel zu riskant.
    Ich lege den Rest des Wegs im Laufschritt zurück und kaufe die Schalentiere des Fischhändlers auf, bevor ich mich auf den Rückweg mache. Mit zwei großen Plastiktüten, die der ständigen Gefahr ausgesetzt sind, von den Krabbenklauen durchstochen zu werden, versuche ich mich, jeden Körperkontakt mit meiner Fracht vermeidend, durch die schwere Küchentür zu zwängen.
    »Darf ich?«, sagt Oscar, der mit einem dampfenden Becher Coffee to go aus dem Nichts auftaucht.
    »Danke«, sage ich nervös, als ich mitkriege, dass seine Hand die meine berührt. Mühelos packt er eine Tüte, hält sie hoch und begutachtet den Inhalt. »Krabben?«, sagt er und sieht mich misstrauisch an, als hätte ich sie geboren.
    »Äh, Mike bat mich …«
    Er schiebt sich durch die Tür und lässt die Tüte herablassend auf meinen Arbeitsplatz fallen.
    »Mike«, schreit er durch die Küche, »kommen Sie her!«
    Mike, dem der Schreck ins Gesicht geschrieben steht, kommt angeschossen. Wie alle Tyrannen ist er im Grunde ein Feigling.
    »Habe ich Krabben angeordnet?«
    »Nein, Chef. Ich habe das Fischmädchen losgeschickt …«
    »Sie hat einen Namen. Sie heißt Amber.« Oscar sieht mich dabei an, und um seine Lippen spielt ein Lächeln.
    »Ich habe Amber losgeschickt, um welche zu holen«, ergänzt Mike, und seine Augen flackern. »Ich dachte, Krabben als Spezialgericht …«
    »Und Ihnen kam nicht in den Sinn, mich anzurufen und nachzufragen, für wie speziell ich Krabben halte?«
    »Es war Ihr freier Tag …«
    »Da rufen Sie trotzdem an. Dieses Restaurant hat erst vor drei Monaten aufgemacht. Und wenn auch nur eine verdammte Erbse unter die Arbeitstheke rollt, will ich darüber informiert werden. Sie schlagen Spezialgerichte vor, aber

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