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Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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gehässigen Wutausbruch, doch stattdessen wendet er sich Tomasz zu.
    »Gratuliere.«
    Tomasz sieht ihn verständlicherweise an, als hätte er ihn am falschen Fuß erwischt. »Danke, Chef«, erwidert er zögernd.
    »Offenbar hast du die erste sich selbst schälende Zwiebel der Welt erfunden.«
    »Wir waren gerade auf dem Weg nach drinnen …«
    »Wie passend. Ich komme nach draußen, um dich wieder zurück an deinen Platz zu zerren, da bist du auf dem Weg hinein. Du scheinst ein verdammtes Wahrnehmungsproblem zu haben, Polski!«
    Ich kann mir das nicht länger anhören.
    »Wir wollten tatsächlich gerade hineingehen, Mike. Wir sind gerade mal seit Viertel nach zwei draußen.«
    Zornesröte entflammt sein Gesicht, aber noch immer holt er nicht zum entscheidenden Schlag aus. Und da wird mir schlagartig klar: Am liebsten würde er mich in Öl kochen, hat jedoch Bedenken, ich könnte der Lehrerliebling sein. Viel leichter kann er seinen Zorn an seinem neuen Lieblingssandsack Tomasz auslassen, einem Zwiebel schneidenden Niemand. Dass ich ihm diesen Morgen beigesprungen bin, war das Schlimmste, was ich hatte tun können.
    Mike beachtet mich überhaupt nicht, sondern bohrt wütend den Finger in Richtung Tomasz.
    »Ich habe wirklich versucht, dir eine Chance zu geben. Ich habe eine letzte Warnung ausgesprochen, aber die hast du einfach in den Wind geschlagen. Wenn deine Schicht beendet ist, leerst du deinen Spind und ziehst deiner Wege.«
    »Aber …«, setzt Tomasz an, doch da ergreife ich schon das Wort für ihn.
    »Das ist ja wohl völlig daneben. Er hat sich überhaupt nichts zuschulden kommen lassen!« Ich hätte aufhören sollen, ich hätte wirklich den Mund halten sollen. Die Hierarchie in einer Küche ist sakrosankt, und den leitenden Souschef anzuschreien, ist so ziemlich das Schlimmste, was man tun kann, außer man zeigt dem Chef den Hintern. Ich dämpfe meine Stimme. »Seien Sie doch nachsichtig, er braucht diesen Job so dringend.«
    Ein hässliches Lächeln schleicht sich in Mikes verlogenes Gesicht, und mir wird klar, dass ich es wieder mal vermasselt habe. Ich habe deutlich gemacht, dass ich Anteil nehme, und das gab Mike genau den Ansporn, den er brauchte.
    »Mein Entschluss steht fest«, knurrt er und geht wieder hinein. »Und jetzt zurück an die Arbeit, sonst sind Sie die Nächste.«
    Ich versuche Tomasz zu trösten, aber er zuckt nur stoisch mit den Schultern. »Keine Umstände. Es wird andere Arbeit geben. Vielleicht als Spüler, da kommt man leichter dran.«
    »Aber Sie sind Koch und keine Spülbürste!«
    »Ich werde bald Vater. Ich brauche Geld, egal woher.«
    Wutschnaubend kehre ich an meinen Platz zurück. Frustriert beobachte ich Oscar, der durch die Küche huscht und alles für den Abendbetrieb vorbereitet. Wieso lässt er zu, dass eine so gemeine Ratte wie Mike sich hier als großer Macker aufspielt? Es könnte so viel besser sein – Schinderei ja, aber ohne dass dabei über Leichen gegangen wird –, und er sollte es eigentlich besser wissen, wenn man den Gerüchten über sein elendes Leben unter Angus glauben darf. Aber meine schlechte Laune schmilzt schockierend schnell dahin, als er an mich herantritt.
    »Kosten Sie das«, sagt er und stellt einen Unterteller mit einem Klacks Avocadosalsa vor mich hin.
    Ich hatte mir einen ganz bestimmten Geschmack vorgestellt, etwas kräftig Grünes, das durch den besonnenen Einsatz von ein paar frischen Kräutern und einem Löffel Joghurt interessant wurde. Was er zuwege gebracht hat, ist weitaus raffinierter. Ich kann die Aromen gar nicht alle zuordnen – sie explodieren in meinem Gaumen wie ein Feuerwerk –, doch es funktioniert zweifellos. Kein Wunder, dass er so zerstreut ist. Er ist einfach viel zu sehr damit beschäftigt, zweimal am Tag Kulinarisches aus seinem Zauberhut zu ziehen.
    »Perfekt«, sage ich ihm, und plötzlich trifft mich der sexuelle Vorschlaghammer. Wer hätte gedacht, dass die Avocado eine Liebesfrucht ist (oder wenigstens intensive, unangemessene Lust auslöst)? Ich weiß, dass er eine verbotene Frucht ist, aber ein Mann, der das, was ich kann, auch kann, nur tausendmal besser, hat was unglaublich Attraktives.
    »Es freut mich, Sie befriedigt zu haben«, sagt er und verschwindet.
    Mein Gott, ist das schmierig, sexy oder völlig unbewusst? Wenn es was anderes als Möglichkeit Nummer drei ist, dann steckt nichts weiter dahinter als ein Spiel mit seinen Machomuskeln, um mich daran zu erinnern, dass die Küche sein Spielfeld ist. Ich

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