Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
Vom Netzwerk:
Küche sich hassen (sie halten uns für nahe Verwandte der Primaten, wir halten sie für einen Haufen Schönlinge und Schauspieler ohne Anstellung), aber er ist, seit ich hier bin, immer reizend zu mir gewesen.
    »Das weiß ich nicht genau, bis auf die Jakobsmuscheln.«
    »O, ich liebe Jakobsmuscheln. Ich dachte, Mike hätte was von Krabben gesagt?«
    »Die Krabben sind weggekrochen. Jetzt dreht sich alles nur noch um Jakobsmuscheln.«
    »Hm, dann bleiben mir noch zwei Stunden, um die Jakobsmuscheln würdig anzupreisen.«
    »Das werden Sie sicherlich ganz wunderbar machen.«
    »Sie sind viel zu vertrauensselig«, sagt er und grinst, als ich durch die Schwingtüren verschwinde.
    Die folgenden paar Stunden vergehen im Nu. Ich bereite Aal um Aal zu, die zu einem Salat gehören, den Oscar an den Mittagsgästen ausprobieren möchte. Tomasz und ich grinsen uns immer mal wieder über die Kochplätze hinweg an. Die Geschwindigkeit und Fingerfertigkeit, mit der er seine Zwiebeln bearbeitet, kann ich nur bewundern. Wenigstens stellt Fisch eine Herausforderung dar und gibt einem Gelegenheit, die Handhabung des Messers an einem sich ständig ändernden Gegenstand zu üben. Zwiebeln sind dagegen ein monotones Beschäftigungsfeld, das Tomasz jedoch mit der Präzision eines Ninjas beherrscht. Als der Mittagsansturm sich legt, zeigt er mit dem Kopf Richtung Tür, und wir gehen hinaus und stellen uns in den Hof.
    »Möchten Sie vielleicht eine Zigarette?«, fragt er und schüttelt eine aus seiner Packung.
    Eine Sekunde lang bin ich ernsthaft versucht. Das ist die Gefahr, wenn man in dieser Hochleistungsumgebung arbeitet: Man sehnt sich ständig nach einer Belohnung, egal wie schädlich sie ist. Ich weiß sehr wohl, dass ich die trostlosen drakonischen Maßnahmen zur Begrenzung meines wöchentlichen Alkoholkonsums ad absurdum führe, aber dagegen bin ich machtlos. Eine Kippe wäre dann allerdings eine Überschreitung zu viel.
    »Danke nein«, sage ich zögernd und nehme einen Schluck aus meiner Wasserflasche. Plötzlich meldet sich mein Hunger – ich will nur hoffen, dass das Küchenessen einigermaßen genießbar ist. Dafür ist Maya verantwortlich, und ungeachtet der Tatsache, dass wir in einem gastronomischen Luxustempel arbeiten, können wir bei ihrer geizigen Haushaltung von Glück sagen, wenn wir mal was Schmackhafteres als eine Terrine weicher Nudeln kriegen.
    »Wie war Ihr Morgen?«, erkundigt er sich. »Sie waren hier und wieder weg wie ein Jo-Jo.«
    Als ich ihm von Mikes Demütigung erzähle, die Oscar ihm zuteilwerden ließ, freut ihn das erwartungsgemäß sehr. Ich stelle ihm ein paar Fragen zu der bevorstehenden Vaterwerdung und bekomme das Foto der zukünftigen Mutter (Slavka mit unglaublich buschigen Augenbrauen) und des Babys in utero zu sehen (kaum zu erkennen, aber vermutlich lassen sich derartige Augenbrauen nicht so leicht abschütteln).
    »Tut mir leid, alles dreht sich um mich«, sagt Tomasz. »Haben Sie Mann zu Hause?«
    Mein Magen zieht sich zusammen, als ich an der Antwort arbeite.
    »Nein«, sage ich, und die Härte meines Tons gefällt mir dabei selbst nicht. »Nein, habe ich nicht.«
    Ich wünschte, ich könnte dieses tiefgreifende Gefühl der Scham abschütteln, dass es uns nicht gelungen war, es richtig hinzukriegen. In unserem ersten gemeinsamen Jahr fanden wir so viel Freude daran, unsere neuen Spitznamen bei jeder sich bietenden Gelegenheit auszuprobieren. Hätte meine Frau ihr Bad gern mit Schaum oder ohne? Hätte mein Mann seinen Toast gern braun oder weiß? Jetzt frage ich mich, ob wir nicht einfach nur besonders dumme Kinder waren, die Vater-Mutter-Kind spielten.
    »Keine Sorge, ich bin mir sicher, dass da draußen ein sehr guter Mann auf Sie wartet.«
    Ah, wenn es um Plattitüden geht, reicht die Universalsprache offenbar inzwischen bis nach Polen.
    »Danke«, sage ich flau. »Sie ist hübsch«, ergänze ich und zeige dabei auf Slavkas Foto. Apropos Überkompensierung: Sie sieht aus wie ein hermaphroditischer Kugelstoßchampion.
    »Ja, sehr«, stimmt er mir zu und steckt die Fotos zufrieden zurück in seine Brieftasche, ehe er wieder hineingeht. Uns bleiben noch mindestens zehn der uns zustehenden dreißig Minuten Pause, allerdings ist der Mann seinen Zwiebeln fast genauso zugetan wie seinem ungeborenen Kind. Aber noch bevor wir über die Schwelle treten, kommt Mike durch die Tür nach draußen. Sein auf mich gerichteter Blick signalisiert reinsten Hass, und ich wappne mich bereits für einen

Weitere Kostenlose Bücher