Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
Wodkaflasche eine Maßeinheit fehlt, und in einem Laden wie diesem geht es dabei um £ 6,50 bar auf die Hand. Was soll man da tun? Dass Johnny diesen Umtrunk organisiert, ist wirklich Glasnost, aber ich werde keinesfalls den Tag mit einem Griff in die Kasse beenden.
»Matt, Sie können doch nicht einfach Oscars Alkohol ausgeben …«, setze ich an, ehe Johnny einschreitet.
»Erlauben Sie«, sagt er und greift nach seiner Brieftasche. »Wenigstens den Einkaufspreis, ich habe seiner Gnaden versprochen, dass wir dafür löhnen.«
Matt zuckt verlegen mit den Schultern, willigt aber ein. Johnnys bizarre Redewendung bringt in meinem Kopf eine Lampe zum Leuchten. »Ich könnte doch meine Mitbewohnerin hier einschleusen, oder?«, frage ich ihn.
»Wieso denn nicht?«, sagt er, und ich rufe rasch Milly an. Sie ist eine Nachteule und wir wohnen nur zwanzig Minuten weit weg, weshalb sie sofort einwilligt. Sobald sie da ist, gebe ich eine Runde Schnaps aus, obwohl wir erst Dienstag haben und ich es eigentlich besser wissen müsste.
»Ist ziemlich protz-o-rama«, sagt sie, als sie sich den gut eingerichteten Gastraum ansieht.
»Ja, ist es«, sage ich und komme mir dabei vor wie eine jüdische Mutter.
»Ganz ehrlich, Amber, es ist fantastisch hier«, sagt sie und streicht mit der Hand über die Chromtheke. »Du solltest wirklich stolz sein.«
»Bin ich auch. Wie war dein Arbeitstag?«, frage ich, weil ich ein gewisse Traurigkeit an ihr wahrnehme.
»Ach, ganz gut«, sagt sie wegwerfend. »Und was ist nun mit Oscar, liegt er auf der Lauer?«
»Pst, nein, er ist zu Bett gegangen«, sage ich halblaut und ziehe sie zur Gruppe. »Johnny, das ist Milly. Milly, das ist Johnny«, stelle ich sie einander vor und ernte dabei einen wohlverdienten Tritt von ihrer Ecke des Tischs. Mein Sinn für feine Andeutungen ist mir wohl dank des Sambucas abhandengekommen.
»Schön, Sie kennenzulernen«, sagt Johnny.
»Ganz meinerseits«, sagt Milly, dann folgt tödliches Schweigen. Cupido bin ich nicht. Ich mache schnell die Runde und stelle Milly auch allen anderen vor, damit meine Strategie weniger offensichtlich wird.
»Ach, Matt, zeigen Sie uns doch, wie Sie diesen rosa Martini machen«, bittet Michelle ihn, und ich trotte hinter den beiden her, entschlossen, Milly und Johnny so viel Raum zu geben, dass ihnen klar wird, wie füreinander geschaffen zu sein.
»Passt auf, Ladys«, sagt Matt und schüttet einen Strahl Wodka aus großer Höhe in seinen Cocktailshaker. »Seht zu und lernt.« Er würzt ihn mit einem seltsam aussehenden Likör, den ich noch nie gesehen habe, und einem Rosensirup und wirbelt dann wie bei einem speziellen Tanz den Shaker über seinem Kopf herum. »Und jetzt das Tüpfelchen auf dem i«, verkündet er und zieht dabei drei Martinigläser aus einem winzigen Gefrierfach, schenkt die rosafarbenen Drinks ein und krönt jeden mit einem Rosenblütenblatt.
»Sie verwöhnen uns«, sagt Milly, die plötzlich neben mir steht.
»Du solltest doch …«, zische ich, aber sie fällt mir ins Wort.
»Hör auf und lass es gut sein. Du bist komplett auf dem Holzweg. Er hat nur Augen für eine Person.«
»Wen denn? Er steht nicht auf Michelle …«
»Für dich, du Blödian. Bist du blind, taub und doof, oder einfach nur doof?«
Ich will Millys Theorie gerade widerlegen, als ich mich umdrehe und Johnny entdecke, der mich freudestrahlend ansieht. Was ist nur in den letzten vierundzwanzig Stunden passiert mit mir? Nicht mal beim Flaschendrehen wurde ich auserwählt. Wer konnte ahnen, dass eine Scheidung einem eine derart erotische Aura verleiht?
»Sie sehen mir aus wie ein Mädchen, das einen ernsthaften Alkoholentzug nötig hat«, sagt Matt lasziv und stellt das dritte Glas vor Milly hin.
»Auf ex!«, sagt sie und kippt den Martini.
»Hast du die Kasse mitgebracht?«, frage ich sie.
»Aber ja doch.«
Die Gemeinschaftskasse ist eine geniale Einrichtung für jede Wohngemeinschaft. Jeder von uns zahlt £ 25 in der Woche ein, die wir für langweilige tägliche Ausgaben aller Art (Milch, Klorollen), aber auch für die lustigeren gemeinsamen Aktivitäten (rosa Drinks kaufen, ein Taxi bezahlen, wenn wir zu auffällig oder zu spät für die letzte U-Bahn dran sind) ausgeben. Gelegentlich wird auch Kassensturz gemacht, wenn über eine Anschaffung entschieden werden muss. Eine DVD -Box von Mad Men : definitiv wert, aus der Gemeinschaftskasse bezahlt zu werden, sofern genügend Bargeld drin ist. Michael Bublés Greatest Hits : käme nie,
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