Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

versichere ich ihm, als wir in seinem Büro sind.
    »Wenn Sie das sagen«, erwidert er kategorisch.
    Ich lege nach. »Oscar, wenn ich wirklich leitender Sous bin, dann hätte ich auch ein paar Ideen, die ich gern umsetzen möchte.«
    »Ach ja, und welche wären das?« Er legt zeltförmig die Fingerspitzen seiner Hände aneinander, legt sein Kinn darauf ab und schaut mich mit verschleiertem Blick an. Plötzlich bringt er mich zur Raserei mit seiner Überlegenheit und seiner Art, alles zu bewerten wie meine Mutter. Und da schlägt mein Mund plötzlich eine völlig unerwartete Richtung ein.
    »A) Warum denken Sie nicht mehr an die Vegetarier?«
    »Weil das lauter anämische Trottel sind, die nicht das Geringste vom Essen verstehen. Ich sorge ja schon dafür, dass ein armer Idiot jeden Tag für sie ein bisschen Hasenfutter aus dem Ärmel schüttelt, aber wenn sie nur ein bisschen Verstand haben, dann essen sie den Fisch.«
    »Seien Sie doch nicht so rückständig.« Ich komme in Fahrt, was meistens schiefgeht.
    »Rückständig?«
    »Ja, rückständig. Sie pochen auf Herkunft und Saisonzutaten und all das. Nun, Gemüse ist das Paradebeispiel für Saisonales. Wenn Sie Ihre Gemüselieferanten so genau unter die Lupe nähmen wie Ihre Fleischlieferanten, könnten Sie wirklich was Innovatives bringen.«
    »Dann ist man für Sie also ein Mörder, wenn man Fleisch isst? Sind Sie etwa nach Hause gegangen und haben unter Ihrem My-Little-Pony-Kissen um Porky und seine Kumpel getrauert?«
    »Nein, ich koche gern mit Fleisch, und mir gefällt es sehr, was Sie mit dem Fleisch machen.« Kam das jetzt falsch rüber? »Aber haben Sie schon mal von der globalen Erderwärmung gehört? Oder den Fischbeständen? Immer mehr Menschen werden zu Vegetariern oder gar Veganern. Wenn Sie Ihr beeindruckendes Gehirn mal über Gemüse nachdenken ließen, käme ein völlig neuer Aspekt auf die Speisekarte.«
    »Mein beeindruckendes Gehirn?«
    »Ja.«
    »Über Gemüse nachdenken?«
    »Ja.«
    »Sie sind wirklich unmöglich. Was ist B? Gibt es ein B?«
    »Ja, es gibt ein B. Ich möchte Tomasz zurückholen. Er schneidet Zwiebeln wie ein Roboter, seine Frau und er erwarten Nachwuchs, und die Zusammenarbeit mit ihm ist angenehm.«
    Ich hoffe, dass ich damit recht habe. Keine Ahnung, warum ein winziger polnischer Fötus mich so sentimental stimmt, zumal vor dem Hintergrund, dass sein Vater gnadenlos verdorbenen Fisch zum Einsatz gebracht hat, aber seinen Rauswurf fand ich einfach unerträglich. Doch wenn ich ehrlich bin, steckt mehr dahinter. Sollte ich eine Armee benötigen, muss ich Leute rekrutieren.
    »Gut, mir ist es völlig egal, wer meine Zwiebeln schneidet. Stellen Sie ein, wen Sie wollen, aber wenn er scheiße ist, dann sind Sie dran. Ich bin weitaus mehr an C interessiert. Kommen Sie, Fischmädchen, was ist C?«
    Ich sollte wirklich aufhören zu quasseln.
    »In dieser Küche sollten alle stimmberechtigt sein.«
    »Für wen halten Sie sich denn, für Martin Luther King?«
    »Lassen Sie mich doch mal ausreden …«
    »Ausreden? Was kommt jetzt, haben Sie einen Traum?«
    »Ich fände es einfach nur großartig, wenn die Leute sich mehr einbringen und Vorschläge für die Mittagskarte machen würden. Wenn ich während Ihrer Abwesenheit die Küche führen soll, dann wüsste ich gern, was Michelle denkt … oder Stuart oder …«
    »Vielleicht Joe und Maya?«
    »Ja, oder sie. Offensichtlich.«
    Er sieht mir fest in die Augen und weiß wohl schon genau, was ihn jetzt erwartet, aber ich weigere mich einzuknicken. Er lehnt sich in seinem Stuhl zurück und wartet so lange ab, bis die ersten Anzeichen von Panik erkennbar sind. Wieso maße ich mir an, so mit ihm zu reden? Fast höre ich Mum im Kopf. »Du hast keinen Respekt vor der Autorität.« Wird es in Zukunft an jedem Tag einen Moment geben, wo ich glaube, arbeitslos zu sein?
    »Also gut, gehen wir das mal Punkt für Punkt durch. A – Vegetarier sind hier fehl am Platz und sollten weder Ihre noch meine Zeit damit verschwenden, an einen Ort wie diesen zu kommen. Wenn sie viel Geld für das Hinterteil eines Zucchinos ausgeben wollen, sollen sie das tun, und wenn Sie der Meinung sind, es gibt ein Gemüsehauptgericht, das an das verlorene Atlantisgold heranreicht, dann beweisen Sie es mir. Sie können von nun an die Leitung der vegetarischen Option « – die Anführungszeichen malt er mit seinen Fingern in die Luft – »übernehmen. Machen Sie mich sprachlos.«
    Mist. Da habe ich mir was eingebrockt. Ich