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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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Lieferwagen schaffte es, und der Pferdehänger war ja leer. ›Osceola Farm, Florida‹ stand auf der Seite aufgemalt.
    Obwohl eine grenzenlose, mit Hass und Ekel gemischte Wut in ihm tobte, hatte Clay sich unter Kontrolle. Denn wenn er es nun schaffte, würde er nicht nur der geliebten Kimberley ihr Pferd zurückgeben, sondern auch seinem Bruder die dreckige Tour vermasseln, den er, wie ihm in den letzten Stunden klar geworden war, hasste.
    Er war so schnell gefahren, wie er es mit dem Wagen samt Anhänger konnte. Owen war kein Narr, und wenn er die Durchsage gehört hatte, würde er keine Zeit vertrödeln. War er vor ihm am Ziel? Zwar gierte Clay geradezu nach einer Konfrontation mit Owen, aber die wollte er sich aufsparen bis nachher, wenn das Pferd sicher in seinen Händen war. Wehe, wenn ihm auch nur ein Haar gekrümmt worden war!
    Die Auffahrt war lang. Das Versteck war gut gewählt – wahrscheinlich Owens Werk. Er sah das Haus geschützt zwischen den Bäumen liegen. »Vergessen Sie nicht«, hatte der Anwalt ihn ermahnt, »daß ein Pferd nur ein Sachwert ist, riskieren Sie dafür kein Menschenleben.«
    Das kleine, verwitterte Farmhaus – von dessen Art es unzählige im ganzen Land verstreut gab – wirkte nicht verlassen, sondern nur heruntergekommen und renovierungsbedürftig. Kein Wunder, daß da der Farmer sich auf jeden geldbringenden Handel einließ und keine Fragen stellte. Nun ja, wenn das Pferd hier war, entging er den Fragen.
    Clay bremste. Sollte er zum Haus fahren? Beim Näher kommen entdeckte er hundert Meter weiter eine Scheune und beschloß, dem ausgefahrenen Weg zu folgen. Die Scheune war geräumig, wenn noch baufälliger als das Gehöft. Vom oberen Stock konnte er nicht aus einem Fenster beobachtet oder anvisiert werden. Trotzdem bot er ein offenes Ziel und war sich dessen bewußt. Schräg geparkt war ein zerbeulter Landrover mit nassen Sitzen und nasser Haube, und näher an der offenen Scheunentür stand ein Pferdehänger ohne Aufschrift. Er war nicht mit dem Landrover verbunden, obgleich der eine Anhängerkupplung hatte. Clay hielt an.
    Und was nun? Wer machte den ersten Schritt?
    Mit einem Jagdgewehr konnte er vom Haus her unter Beschuss genommen werden oder von einem der Nebengebäude oder vom Wald aus.
    Würde Owen morden, wenn er sich in die Enge getrieben fühlte?
    Wenn er die Zeichen richtig deutete, war Owen noch nicht eingetroffen. Also mußte er sich beeilen, anstatt herumzusitzen und zu warten.
    Wer immer das Pferd bewachte, wußte, daß er das Geld dabeihatte. Wenn der Kerl ein Verbrecher war, würde es ihm ein Leichtes sein, ihn zu erschießen, irgendwo zu verscharren und sich anschließend mit der Beute aus dem Staub zu machen. Und kein Mensch auf der Welt – nicht einmal die neugierige Wessell, die ihm nicht gefolgt war, würde wissen, wo er steckte.
    Vorsichtig schaute Clay in die Scheune, in der unter dem Heuboden ein Pferd in einer Box angebunden stand, das von der Haltung und in der Farbe sowie der Zeichnung Starbright glich.
    Stille. Nur das Gurgeln des Regenwassers in den Dachtraufen, und ein stetiges Tropfen von den Bäumen her war zu vernehmen.
    Sollte er das Spiel nicht mit einem Zeichen für den Bastard eröffnen, daß er es ernst meinte? Er zog den Revolver heraus und gab einen Schuß auf die Windschutzscheibe des Landrovers ab.
    Keine Reaktion erfolgte. Wieder Schweigen.
    Sicherheitshalber prägte er sich schnell das Kennzeichen am Pferdehänger ein. Ein New Yorker Nummernschild, was allerdings nichts besagte.
    »Ich bin hier, Mister.«
    Als wüsste er das nicht. Die Stimme klang hoch, rau – ärgerlich gar?
    »Ich bin hier draußen«, rief Clay. Dann stellte er sich aufrecht hin. »Der Pot ist offen. Wir spielen um hunderttausend Poker.«
    »Haben Sie's?«
    »Ich habe immer soviel Geld bei mir.«
    »Ja, Sie sind derselbe Narr. Sie hatten mich an der Strippe. Aber ich hab' nicht gedacht, daß Sie herkommen. Ich hab' gemeint, Sie wären vielleicht betrunken.«
    »Das bin ich immer. Hat Ihnen das mein Bruder nicht erzählt?« Daraufhin ein langes Schweigen. Das mußte das Gehirn erst verarbeiten.
    Dann: »Ihr Bruder? Ja, jetzt weiß ich, wer Sie sind.«
    Und Clay hatte den Beweis, für wen dieser hintertückische Bastard die Kastanien aus dem Feuer holte.
    »Wenn Sie also wissen, wer ich bin«, rief Clay, »dann haben Sie mir gegenüber einen Informationsvorsprung.«
    »So wird's auch bleiben, Mann. Jetzt bringen Sie mal das Geld her und lassen Sie den Revolver

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