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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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blieb stehen, und auf seinem pockennarbigen, wettergegerbten Gesicht verbreitete sich Staunen.
    »Wir haben einen Handel gemacht. Und ich halte meine Versprechungen«, sagte Clay. Und fügte nicht hinzu: im Gegensatz zu meinem Bruder. Dann bellte er: »Los, nehmen Sie die Tasche und machen, daß Sie wegkommen. Ich muß mich um das Pferd kümmern.«
    Es nieselte schon wieder. Und das war ein erneuter Glücksumstand für diesen Arsch Clay Chalmers.
    Janice Wessell war immer wieder von einem Ende der Frankfurter Straße zum anderen gefahren, in einem gemieteten Kompaktwagen, den sie sich eigentlich von ihrem Gehalt nicht leisten konnte. Um so missgünstiger stimmten sie deshalb die eleganten Gehöfte und Häuser zu beiden Seiten der Straße, die einigen der berühmtesten Gestüte und der reichsten Leute gehörten.
    Sie war krank vor Wut und Frustration. Sie sah rot, und wußte zum ersten Mal, was der Ausdruck bedeutete.
    Aber sie gab nicht auf. Nicht Janice Wessell. Sie würde der Sache auf den Grund gehen und dafür sorgen, daß sie Schlagzeilen machte. Wenn die Geschichte brisant genug war, brachte ihr das vielleicht einen Mitarbeitervertrag bei einer Tageszeitung ein – oder bei einer New Yorker Zeitschrift.
    Auf jeden Fall würde sie die verdammte Geschichte schon aus dem nachgemachten Grafen herausbumsen, dem geilen Walross. Sie kam schon noch dahinter, und wenn es bis zum Derby dauerte und sie sich den Hintern blutig schlagen lassen mußte. Und dann konnte sie den Spieß umdrehen und dem arroganten Pinsel Clay Chalmers auf die Sprünge helfen. Niemand gab ihr einen Korb und beleidigte sie, gleich dreimal nacheinander. Das ließ sie sich von niemandem bieten.
    Owen hatte es die ganze Zeit gewußt, als er im wieder einsetzenden Regen die Riverstraße entlangfuhr. Er war zu spät gekommen.
    Ihn brachte der Gedanke fast um, daß er es rechtzeitig geschafft hätte, wenn ihn diese Bullen nicht aufgehalten hätten. Und weshalb? Weil er etwas von der Sherman-Minton-Brücke ins Wasser geworfen hatte. Umweltverschmutzung. So ein Hohn! Als würde eine Schreibmaschine den Ohio vergiften!
    Der Wortwechsel hatte ihn um eine halbe Million Dollar gebracht. Mindestens. Allein an Lösegeld. Und um die Rückversicherung, falls Fireaway trotz aller Manipulationen nicht gewinnen sollte. Vielleicht hätte Cameron sogar eine Million bezahlt.
    Jesus, er war am Arsch.
    Wenn er jemals diesen mickrigen Ex-Jockey in die Finger bekam, dem würde er die Hammelbeine lang ziehen. Er würde ihn zu Mus schlagen.
    Wenn er seinen verdammten Bruder hier hätte, würde ihm das gleiche widerfahren. Wie in der Kindheit würde er ihn vertrimmen. Noch schlimmer. Er würde ihn festbinden und schlagen, bis er …
    Was? … tot war?
    Ja, tot.

7
    »Sie könnten sich an der Kreuzung der Poplar Level Road mit der Autobahn 264 treffen. Es wird sicher niemand wundern, wenn dort ein Pferdehänger an ein anderes Auto gekoppelt wird. Werden Sie es finden, junger Mann?«
    »Sicher, Mr. Raynolds. Ich kann in ungefähr einer halben Stunde dort sein.«
    »Sehr gut. Mr. Arnold wird Sie dort treffen. Er kommt in einem Jeep mit der Aufschrift ›Blue Ridge‹. Andrew macht sich Sorgen um die Gesundheit des Pferdes.«
    »Die Nacht im Freien hat ihm nicht gut getan, und ich werde Mr. Arnold sagen, was ich sonst meine.«
    »Übrigens, junger Mann …«
    »Ja?«
    »Andrew läßt danken, auch im Namen seiner Tochter, auch wenn sie nicht hier ist.«
    »Also in einer halben Stunde.«
    »Nicht so schnell. Ich wüsste noch gern, ob Sie eine Notwendigkeit sahen, das … gefährliche Ding zu benutzen, das ich Ihnen geliehen habe …«
    »Es hat geholfen. Also in einer halben Stunde.«
    Clay hatte nicht ganz so lange gebraucht, und hier arbeitete er nun Hand in Hand mit Jason Arnold, wie in guten, alten Zeiten, um den Anhänger an den Jeep zu koppeln. Es hatte zu regnen aufgehört und, verdammter Mist, schien aufzuklaren.
    »Die Zunge sieht nicht schlecht aus. Aber er hat Unkraut gefressen, ehe ich es verhindern konnte, und er könnte sich erkältet haben.«
    »Danke, Clay. Dr. Carpenter wird ihn gründlich untersuchen, aber ist Ihnen sonst noch was aufgefallen?«
    »Er hat auf der Herfahrt geniest und gehustet, aber Sie können selbst sehen, kein Anzeichen von Augenentzündung.«
    »Ja. Noch etwas?«
    »Wenn er geht, nickt er mit dem Kopf, sobald er mit dem linken Vorderbein auftritt. Er scheint am rechten Hinterbein zu lahmen. Das Bein ist noch nicht heiß, aber das dauert

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