Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
Vom Netzwerk:
Tier.«
    Während Andrew bestellte, sagte Brigid: »Ich glaube manchmal, daß niemand Thrall wirklich besitzen kann, Miß Cameron. Im Augenblick dürfte er hellwach sein und seine schläfrigen Stallgenossen mit Geschichten über vergangene Erfolge und Ruhmestaten – etwas übertrieben, ohne Zweifel – unterhalten.«
    Während Andrew seiner Tochter Feuer gab, erklärte er: »Mrs. Tyrone, Molly und ich haben unseren Turfsport mit dem europäischen verglichen. Ihr Pferd ist gewohnt, auf Grasbahnen zu laufen.«
    »Und andersherum.«
    »Außerdem«, fügte Andrew hinzu, »sind unsere Kurven enger.«
    »Wenn Ihr Vater sich selbst überzeugen will«, sagte Brigid, »ich habe ihn aufgefordert, Starbright für den Prix du Jockey Club in Chantilly zu nennen. Er findet in einem Monat statt. Oder für den Prix de l'Arc de Triomphe in Paris im Oktober. Das ist das wichtigste Rennen der Welt. Und außerdem …«
    Brigid brach ab, weil Kimberleys Benehmen sich sehr verändert hatte. Mit zuckersüßer Ironie sagte sie: »Das Arc bringt natürlich am meisten, wenn man Rennen um des Geldes willen bestreitet.«
    Brigid schob das Kinn vor. »Im Arc de Triomphe ist die Konkurrenz am stärksten.«
    »Sagen Sie, Mrs. Tyrone, stimmt es, daß das Curragh in Irland bergab gelaufen wird? Das kommt einigen Pferden doch sehr entgegen.«
    Betretenes Schweigen, Brigid verzichtete auf eine Antwort. Andrew hatte die Stirn gerunzelt, und Mollys Augen funkelten. »Als Zweijähriger hat Thrall das Dewhurst gewonnen und das …« Unter Brigids warnendem Blick brach sie ab.
    In die Stille hinein erkundigte sich Andrew in breitem und distanziertem Tonfall, ob Kimberley etwas gegessen habe.
    »Deine Freunde haben sich beim Bankett nach dir erkundigt.«
    »Oh? Welche Freunde?«
    »Na, ein paar hast du noch«, meinte er mild.
    »Keine Lust gehabt«, erwiderte das Mädchen. »Immer die alten Witze. Die über Juden und Neger hinter vorgehaltener Hand, die über Polen vom Podium herunter. Ich konnte all die angeberischen, zigarrekauenden Ärsche mit ihrer Kumpelhaftigkeit und ihrem Hinternzwicken nicht ertragen. Voll mit Bourbon bis an die Kiemen und rülpsend.«
    Molly mußte lachen. Andrew kommentierte trocken: »Kimberley, nicht jeder, der rülpst, ist ein Trottel.«
    Brigid fand den Gedanken komisch, lächelte, erstarrte aber sofort unter Kimberleys eisigem Blick, die nun fortfuhr: »Ich habe also das Essen sausen lassen und mir statt dessen bei einem Kneipenbummel ein paar Drinks zur Brust genommen. Barhopping, kennen Sie den Ausdruck, Mrs. Tyrone?«
    Brigid empfand das Ganze als nicht sonderlich erfreulich. »Wir sind zwar ein unterentwickeltes Land, aber kennen doch einige Annehmlichkeiten der Zivilisation, Miß Cameron.«
    Sie wich dem Blick aus Kimberleys schrägen, grünen Augen nicht aus, obgleich ihr das Blut zu Gesicht stieg.
    Kimberley paffte an ihrer Zigarette. »Andrew hat immer Angst, daß ich vergewaltigt werde. Er ist sich nicht darüber klar, daß Frauen das eigentlich wollen, nicht wahr, Mrs. Tyrone?«
    »Alle Frauen, das ist wohl übertrieben. Aber sicher einige mit einer krankhaften Phantasie.«
    Die Augen des Mädchens flackerten und wurden dann hart. Es war ein Tiefschlag, dachte Brigid bedauernd und vermeinte, hinter der Härte einen Anflug von Panik zu entdecken.
    Andrew ging auf das Thema nicht ein, sondern wandte sich an Molly. »Wyatt Slingerland hat schon recht. Es gibt hier einen Bazillus, der alle ansteckt, das Derbyfieber. Anscheinend sind Frauen dafür besonders anfällig. Passen Sie also gut auf sich auf.«
    Kimberley drehte das Glas zwischen den Fingern. »Sind Sie schon einmal vergewaltigt worden, Mrs. Tyrone?« Sie nippte am Glas.
    Brigid sah, wie Andrews Gesicht sich für einen Augenblick zornig umwölkte und dann wieder undurchdringlich wurde.
    »Es geht doch nichts über aufrechte Männer, besonders aufrechte Schwänze«, machte Kimberley weiter.
    Andrew Cameron schaute Brigid an, und hinter den spöttisch gekräuselten Mundwinkeln und den entschuldigenden grauen Augen spürte sie Besorgtheit, Anteilnahme und vielleicht sogar Angst. »Verzeihen Sie meiner Tochter, Mrs. Tyrone, so wie ich es seit Jahren tue.«
    Kimberley ließ die schwarze Nerzstola von den nackten Schultern gleiten. »Ich kann nichts dafür, Andrew, es sind meine Tage.« Dann kippte sie den Rest des Glases in sich hinein. »Außerdem kann ich es nicht leiden, wenn man sich für mich entschuldigt.«
    »Dann mußt du es eben selbst tun«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher