Sekundentod: Kriminalroman (German Edition)
kein Wort.« Sie gab Falko das Foto zurück. »Tut mir leid, dass ich Ihnen nicht weiterhelfen konnte.«
»Wann sagten Sie, war er hier?«
»Ich glaube, das war vorgestern. Ja, genau, jetzt weiß ich’s wieder. Wir haben nämlich sonntags immer nur bis um zwölf auf. Und als er kam, war er einer der letzten Kunden.«
»Vielen Dank. Sie haben uns sehr geholfen.«
Beim Hinausgehen zog Falko sein Handy hervor, das genau in diesem Moment klingelte. Sarahs Name tauchte auf dem Display auf.
»Hallo, Falko. Wir haben einen Hinweis von einem Rentner erhalten. Er schwört, Rafael Langer vor nicht einmal einer Stunde gesehen zu haben.«
»Wo?«
»Wir sind am Altenbrückerdamm. Der alte Mann sitzt gern am Fenster und beobachtet, was sich um ihn herum tut. Laut seiner Aussage hat er Rafael Langer in letzter Zeit immer wieder beobachtet, wie er die Straße entlanggegangen ist.«
»In welche Richtung?«
»Richtung Lösegraben.«
»In Ordnung. Wir sind gleich da. Sag du bitte den anderen Bescheid. Wir treffen uns dort.«
Falko und Rolf machten sich im Laufschritt auf den Weg und trafen fünf Minuten später mit Sarah und Timo zusammen. Zwei der anderen Polizisten waren ebenfalls schon dort, die anderen trafen wenig später ein.
»Dem alten Herrn ist Langer aufgefallen, weil er aussah, als stimme etwas nicht mit ihm. Außerdem hatte er Sachen an, die ihm nicht passten. Eine graue Jogginghose, die wohl viel zu kurz war, und er trug einen weiten roten Pullover. Und das bei der Hitze.«
Falko sah auf die Uhr. »Es ist jetzt elf Uhr fünfunddreißig. Um dreizehn Uhr treffen wir uns wieder hier, wenn wir ihn nicht vorher aufgegriffen haben sollten. Dann fordere ich Verstärkung an.«
Falko spürte eine immer größere Unruhe in sich. Jede Faser seines Körpers war angespannt. Er beschleunigte sein Tempo. Rolf versuchte, mit ihm Schritt zu halten. Sie gingen zum Ufer hinunter, erreichten den Lösegraben und sahen sich um. Die Sonne spiegelte sich im Wasser. Falko kniff die Augen zusammen und blinzelte. »Komm«, brachte er knapp hervor, griff nach Rolfs Arm und zog ihn mit. Nachdem sie ein paar Meter gerannt waren, verringerten sie die Geschwindigkeit. Falko bedeutete Rolf mit einer Geste, einen Bogen zu gehen und von hinten an die Parkbank zu gelangen. Falko näherte sich schlendernd, blieb stehen und setzte sich auf die Bank.
Der Mann neben ihm zitterte, sah kurz auf und senkte sofort wieder den Blick. Er machte keinerlei Anstalten aufzustehen. Ein Stück entfernt kamen von der anderen Seite Timo und Sarah auf sie zu, verlangsamten ihren Schritt, als sie die Situation erfassten.
»Rafael Langer?«
Ohne etwas zu sagen, schüttelte der Mann den Kopf.
»Sind Sie Rafael Langer?«
»Lass mich in Ruhe.«
»Ich muss Sie bitten, mich aufs Präsidium zu begleiten.«
Langer reagierte nicht.
»Herr Langer, ich fordere Sie nochmals auf, mich aufs Präsidium zu begleiten. Sie sind vorläufig festgenommen. Kommen Sie bitte mit.« Falko fasste ihn locker am Arm. »Machen Sie keine Schwierigkeiten.«
Langer riss seinen Arm weg, sah den Weg entlang, in dem in einiger Entfernung noch immer Sarah und Timo warteten.
»Das können Sie vergessen«, bemerkte Falko ruhig, als er dem Blick folgte. »Wir sind schneller als Sie.«
Langer sank in sich zusammen. Falko umfasste mit dem Arm seine Schultern, sonst wäre er von der Bank gerutscht. Rolf trat vor die beiden und half Falko, ihn hochzuziehen. Sie veranlassten, dass der Verdächtige abgeführt, ihm seine Rechte vorgelesen und er ins Präsidium gebracht wurde.
Als sie dort eintrafen, war die erkennungsdienstliche Behandlung abgeschlossen, und Rafael Langer wurde gerade ins Verhörzimmer geführt. Cornelsen trat ein, setzte sich dem Verdächtigen gegenüber auf den Stuhl, sah den Mann eine Zeitlang an und sagte nichts. Konnte es sein, dass ihm ein dreifacher Mörder gegenübersaß? Immer schon hatte Falko ein Gedanke beschäftigt: Würde er eines Tages einen Menschen treffen, dem man das Böse, das Schlechte, das Verkommene ansah? Er war schon vielen Straftätern begegnet, und manche hatten wirklich grauenvolle Dinge getan. Doch nicht ein einziges Mal hatte es Falko ihnen auf den ersten Blick angesehen, oftmals nicht einmal, wenn er längere Zeit mit ihnen verbracht hatte. Es waren fast immer Indizien und Beweise gewesen, die schließlich zur Überführung, im besten Falle zum Geständnis geführt hatten. Er schlug den Aktendeckel auf.
»Wie ist Ihr Name?«
»Wieso bin ich
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