Sekundentod: Kriminalroman (German Edition)
hier, wenn Sie nicht mal wissen, wer ich bin?« Er lallte. Cornelsen musterte ihn. Die Pupillen waren stark geweitet, er hing mehr auf dem Stuhl, als dass er saß. Seine Arme baumelten schlaff herab. Man hatte ihm neue Kleidung gegeben, weil die, die er trug, ins Labor gegeben wurde. Aber Falko vermutete, dass sich Langer nach dem Mord an Rebecca Ganter seiner eigenen Kleider ohnehin entledigt hatte, um keine Spuren zu liefern. Dies würde auch zu dem Staubsauger passen, den sie am Tatort gefunden hatten und dessen Beutel aus dem Gerät entfernt worden war. Vielleicht war dieser Täter doch nicht so unorganisiert, wie sie bisher geglaubt hatten.
»Sind Sie Rafael Langer?«
Sein Gegenüber legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen.
»Sind Sie Rafael Langer?«
Der Angesprochene öffnete langsam die Lider und gähnte. Ihre Blicke trafen sich. »Ich brauch was zu trinken.«
Cornelsen drehte sich zu dem Spiegel um, gab Timo Breitenbach ein Zeichen, von dem er wusste, dass er hinter der Scheibe stand. Dann wandte er sich wieder dem Verdächtigen zu.
»Beantworten Sie bitte meine Frage.«
Wieder der schläfrige Blick, ein unkontrolliertes Zucken der Augenlider. »Bin ich.« Es schien ihn Kraft gekostet zu haben, diese Antwort zu geben.
»Sind Sie am 8 . September 1984 geboren?«
»Weiß nicht. Kann sein.«
Cornelsen seufzte. Wenn er schon die Grunddaten kaum herausbekam, würde sich dieses Verhör elend lange hinziehen. Andererseits war er neugierig auf den Mann, der ihm gegenübersaß und möglicherweise ein Serienkiller war.
»Wissen Sie, warum Sie hier sind, Herr Langer?«
Die Antwort war ein Kopfschütteln.
»Hat man Sie hierüber bei der vorläufigen Festnahme nicht informiert?«
»Weiß nicht.«
»Herr Langer, wurden Ihnen Ihre Rechte verlesen, und haben Sie diese verstanden?«
»Ja.« Es klang genervt.
»Gut. Herr Langer. Ist es richtig, dass Sie mit einer Laura Brendel verlobt waren?«
Cornelsen meinte, ein kurzes Zucken seines Mundwinkels registriert zu haben.
»Herr Langer?«
»Was wollen Sie?«
»Waren Sie mit Laura Brendel verlobt?«
»Ja.« Es war nicht mehr als ein Flüstern. Wieder gähnte er. Anfangs hatte Cornelsen dies für eine gelangweilte Geste gehalten. Beim genaueren Betrachten fiel ihm auf, dass sich mittlerweile kleine Schweißperlen auf der Stirn des Verdächtigen bildeten. Hinzu kam eine Gänsehaut an den Armen. Falko drehte sich noch einmal zu dem Spiegel um, bedeutete Timo, das Getränk jetzt zu bringen. Er wartete. Nur einen Moment später ging die Tür auf. Timo Breitenbach stellte zwei Halbliterflaschen Wasser auf den Tisch.
»Oder möchten Sie lieber einen Kaffee, Herr Langer?« Timo suchte nach seinem Blick. »Herr Langer?«
»Kaffee«, brachte dieser hervor, griff dann nach der Wasserflasche, öffnete sie und trank.
»Wie lange ist ihr letzter Schuss her?«, fragte Cornelsen. Er hatte schon oft genug gesehen, wie sich Drogenentzug auf den menschlichen Körper auswirkt. Etwa zwölf Stunden nach der letzten Dosis beginnt der Süchtige, unruhig zu werden. Dies war hier nicht der Fall, doch das Schwitzen und Frieren gleichzeitig, das Gähnen. Seine Augen tränten leicht. Alles sprach dafür, dass Langer bald eine neue Dosis brauchte.
Timo verließ den Raum und kam rasch mit einer Kanne Kaffee und zwei Tassen zurück.
»Danke«, sagte Falko. Breitenbach nickte, ging wieder hinaus.
»Also, Herr Langer, wir waren bei Ihrer Verlobten stehengeblieben. Wie lange waren Sie ein Paar?«
Langer setzte erneut die Wasserflasche an, trank. Ein Großteil lief daneben, durchnässte sein Hemd.
»Wie lange?«, bohrte Cornelsen nach.
»Zu kurz.« Langer versuchte, die Plastikflasche auf den Tisch zu stellen, verfehlte ihn. Sie rollte zu Boden. Langsam folgte sein Blick, als überlege er, sie wieder aufzuheben. Er brach ab, sah Cornelsen mit hängenden Lidern an.
»Wie ist Ihre Verlobte zu Tode gekommen?«
Er zuckte mit den Schultern.
»Wissen Sie es nicht?«
»Umgebracht.« Sein Blick ging ins Leere.
»Haben Sie Ihre Verlobte getötet?«
Langer hob den Kopf. Er erschien Cornelsen das erste Mal aufmerksam. »Ich?« Es klang schrill. »Niemals.«
Sein Kopf sank wieder herab, als sei es zu schwer, ihn gerade zu halten. Langer ließ ihn wieder in den Nacken fallen.
»Was ist damals geschehen, Herr Langer?«
Der Verdächtige beugte sich etwas vor, wollte nach der Kaffeekanne greifen. Cornelsen bedeutete ihm mit einer Geste, dass er das übernehmen würde. Er schenkte
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