Sekundentod: Kriminalroman (German Edition)
mich ausgelacht. Hat gesagt, dass man mir auf einen Kilometer Entfernung ansehen würde, was für ein fertiger Drogi ich sei. Ich sollte mir einfach einen Strick nehmen und meinem Leben ein Ende setzen.«
»Und dann?«
Seine Stimme wurde leiser. »Und dann veränderte sich plötzlich ihr Blick. Sie sagte, dass ich dann endlich wieder bei meiner Laura sei, die immer wieder nach mir gerufen hätte, als sie gequält wurde.« Er brach in Tränen aus, schlug sich die Hände vors Gesicht.
Falko stand vom Stuhl auf, setzte sich neben ihn und legte seinen Arm um Langers Schultern. »Und da sind Sie ausgerastet?«
Der Gefangene schluchzte noch einen Moment, dann sah er auf. »Nein, dann wurde ich plötzlich ganz ruhig. Ich stand auf, wollte gehen. Ich verließ den Raum, ging durch den Flur. Die Tür zum Abstellraum stand auf. Als ich hineinblickte, sah ich die Wäscheleine, die aufgerollt an einem Haken hing. Ich hatte das nicht geplant, doch ich nahm die Leine und ging damit zurück ins Wohnzimmer.«
»Wie hat Rebecca Ganter reagiert?«, fragte nun Timo.
Langer sah mit leeren, wässrigen Augen zu ihm hinüber. »Sie hat gelacht, mich verhöhnt. Sie fragte mich, was ich denn damit wolle? Ihr etwas antun? Dabei hat sie immer weiter gelacht.« Er seufzte. »Da habe ich ausgeholt, sie niedergeschlagen und gewürgt. Sie war einen Moment lang bewusstlos, da habe ich sie an den Stuhl gefesselt. Als sie wieder zu sich kam, sagte ich ihr, dass ich ihr genau das antun würde, was den Frauen angetan wurde, wenn sie mir nicht den Namen des Kerls verraten würde.«
»Was hat sie geantwortet?«, fragte Falko.
»Eigentlich gar nichts. Sie saß nur da und hat mich verspottet. Also habe ich einen Stapel von den Manuskriptseiten genommen und den Text so weit überflogen, bis ich wusste, wie in ihrem neuen Roman die Frauen zu Tode kamen.«
»Warum auf diese Art? Warum nicht so wie Laura?«
»Ich weiß es nicht.« Er schien lange über die Frage nachzudenken.
»Hatten Sie da bereits den Plan gefasst, sie zu töten?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich wollte sie nur zum Reden bringen, hab den Sekundenkleber von ihrem Schreibtisch genommen und damit rumgespielt.«
»Der Kleber stand auf ihrem Schreibtisch?«
Er nickte. »Wahrscheinlich hat sie ihn da stehen gehabt, um sich so richtig ausmalen zu können, was die Frauen durchmachen mussten.«
»Hat sie Ihnen gegenüber gestanden, in die Morde verwickelt zu sein? Hat sie zugegeben, dass sie den Mörder kennt?«
»Nicht direkt. Aber sie sagte, einer wie ich könnte ihm intellektuell nicht einmal ansatzweise das Wasser reichen.«
Falko dachte über die Wortwahl nach. »Was ist dann geschehen?«
»Als ich gelesen hatte, dass der Mörder seinen Opfern Finger und Zehen abschneidet, bin ich losgegangen und habe eine Heckenschere aus ihrem Schuppen geholt. Ich glaube, da hat sie das erste Mal Angst gekriegt.«
»Sie sagen, dass der Mörder Finger und Zehen abschneidet?«
»Stand, wie gesagt, im Text«
»Aber er schneidet nur die Finger ab, nicht die Zehen.«
»Ich weiß es nicht.« Er überlegte. »Vielleicht stand da auch nur die Finger, kann sein.« Abermals dachte er länger nach. »Ich glaube, Sie haben recht. Aber ich wollte sie unbedingt zum Reden bringen. Ich wollte ihr das Gleiche antun, doch ich konnte mich nicht dazu überwinden. Also hab ich sie geschlagen.«
»Und? Hat sie etwas über die Identität des Mörders verraten?«
»Nein, nichts. Sie hat geschrien vor Schmerzen, aber nichts über ihn gesagt. Ich glaube, sie hat bis zum Schluss nicht gedacht, dass ich es wirklich zu Ende bringe. Auch nicht, als ich die Ohropax genommen und ihr in die Nase geschoben habe. Die hatte sie in den Ohren, als ich mich von hinten angeschlichen hatte, deshalb hat sie mich auch nicht gleich gehört. Sie hat sich weiter über mich lustig gemacht und gesagt, dass ich das nie bringen würde. Dann habe ich ihr Sekundenkleber auf die Lippen geschmiert und sie so lange zusammengepresst, bis sie den Mund nicht mehr öffnen konnte.«
»In Ordnung.« Falko stand auf, und auch Timo rutschte vom Tisch. »Wenn Ihnen doch noch etwas einfallen sollte, dann geben Sie den Wachen bitte Bescheid.«
»War das jetzt so etwas wie ein Geständnis?« Rafael Langer wirkte müde, erschöpft.
»Nein«, stellte Falko klar. »Wir haben uns nur ganz allgemein unterhalten. Wenn es Ihrerseits etwas zu gestehen gibt, dann lassen Sie bitte durch Ihren Verteidiger eine entsprechende Einlassung zur Akte reichen.«
Sie
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