Sekundentod: Kriminalroman (German Edition)
über die Art der Folter wissen, können wir davon ausgehen, dass der Täter sowohl organisiert als auch extrem aufbrausend ist. Vielleicht ist er nach außen hin ganz ruhig, bis er es dann nicht mehr aushält und seinen Frust an seinen Opfern auslässt.« Noch einmal überflog Falko Sarahs Liste. »Wir können des Weiteren ziemlich sicher davon ausgehen, dass er bei einer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen ist, zu der er ein ausgesprochen gestörtes Verhältnis hatte oder womöglich noch hat. Außerdem hat er, wie wir ja schon wissen, einen Hass auf Pflegepersonal, ganz gleich, ob Mann oder Frau. Aufgrund der Zeit, die er für die Entführungen und Folterungen benötigt, könnte er arbeitslos sein. Und er muss einen abgelegenen Ort haben, an dem er seine Opfer foltert. Und er muss sich zumindest oberflächlich mit Elektronik und dem Internet auskennen.«
»Ist das alles? Na, dann hör mal zu. Ich glaube, ich habe einen unter diesen sechs Männern, auf den ein Teil deiner Beschreibungen zutrifft. Peter Hermanns, selbstständiger Elektriker, der zusätzlich auf Unterstützung vom Amt angewiesen ist. Siebenunddreißig Jahre, alleinlebend. Er fährt einen alten Van mit der Aufschrift »Hermanns Elektro« und so einem albernen Blitz an der Seite.«
»Ist etwas über seine Eltern bekannt?«
»Allerdings. Mir sprang der Van sofort ins Auge. Da kann man ja nun bequem jemanden hineinwerfen. Deshalb haben wir gleich nachgeforscht. Er ist gemeinsam mit seiner Schwester bei der Mutter aufgewachsen. Einen Vater gab es allem Anschein nach nicht. Die Mutter war Putzfrau, die Schwester ist schon früh von zu Hause weggegangen. Er hat die mittlere Reife, war sieben Jahre in einem Elektrofachgeschäft angestellt, bis der Laden in die Insolvenz ging. Kurz danach hat er sich selbstständig gemacht.«
Falko konnte seine Unruhe kaum mehr unterdrücken. »Das passt ja schon fast zu gut. Habt ihr ihn befragt?«
»Bisher nicht. Er war noch nicht zu Hause. Aber wir bleiben natürlich dran.«
»Und die anderen? War da noch etwas dabei?«
»Also, da hätten wir einen Markus Schmelcher, Inhaber der Firma Schmelcher Gartenbau, vierunddreißig Jahre, ledig. Hat den Betrieb schon vor Jahren von seinem Vater übernommen. Die haben hier in der Nähe die ganzen Golfplätze angelegt. Ist ein ziemlich großer Laden. Die Kollegen haben ihn vorhin schon aufgesucht und befragt. Er hat nichts gesehen, wie er sagte.«
»Er hat den Betrieb vom Vater übernommen, sagst du?«
»Ja, vor zehn Jahren schon.«
»Okay, der passt nicht. Was hast du noch?«
»Bernd Jagoleit, dreiundfünfzig, Rechtsanwalt.«
»Rechtsanwälte sind immer zwielichtig«, scherzte Falko.
»Das schon. Aber ich glaube, als Mörder können wir den ausschließen. Jagoleit war dreimal verheiratet und lebt wieder mit einer neuen Frau zusammen. Über die Eltern weiß ich noch nichts.«
»Habt ihr ihn schon befragt?«
»Ja. Er kam damals vom Gericht und hat sich nur schnell etwas zu essen gekauft. Danach sei er gleich in die Kanzlei gefahren«, meinte er.
»Lässt sich ja einfach überprüfen. Klingt aber auch nicht nach unserem Mann. Was noch?«
»Dann haben wir noch einen Matthias Kurze, achtundzwanzig, arbeitet beim Arbeitsamt. Ledig, aber in einer Beziehung lebend. Er war einer der wenigen, der so geparkt hatte, dass man ihn aus dem Einkaufsmarkt mit seinen Tüten bepackt hatte kommen und ins Auto einsteigen sehen. Drei Minuten später hatte er den Parkplatz verlassen.«
»Den können wir auf jeden Fall ausschließen. In der Zeit hätte er die Entführung nicht schaffen können.«
»So sehe ich das auch. Und zu guter Letzt haben wir noch zwei junge Männer, die zusammen einkaufen waren, die Brüder Florian und Niklas Treppke. Der eine siebenundzwanzig und Versicherungskaufmann, der andere einunddreißig und Arzt. Florian Treppke haben wir angetroffen und befragt. Die beiden haben für ein Abendessen eingekauft, bei dem sie selbst gekocht haben. War wohl so ein Date zu viert. Das Einzige, was mich an den beiden stört, ist die Tatsache, dass sie den Einkaufsmarkt verlassen und erst gute zehn Minuten später vom Parkplatz gefahren waren.«
»Der eine ist Arzt, sagst du?« Falko wurde unruhig.
»Ja.«
»Ein Beruf im Pflegebereich. Hm. Erzähl mal mehr von den beiden. Hatten sie eine Erklärung, warum sie so lange auf dem Parkplatz gewartet haben?«
»Florian Treppke erklärte, sie hätten sich mehrere Videos auf ihren Smartphones angesehen, die Freunde von ihnen
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