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Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)

Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)

Titel: Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael M. Bonelli
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der naive Bruder George stehen als Thronanwärter noch im Weg. Der Therapeut hat recht: Warum sich selbst ständig runtermachen, statt sein eigenes Schicksal in die Hand nehmen? »Anschläge macht ich, schlimme Einleitungen, durch trunkne Weissagungen, Schriften, Träume, um meinen Bruder Clarence und den König in Todfeindschaft einander zu verhetzen. Und ist nur König Eduard treu und echt, wie ich verschmitzt, falsch und verräterisch, so muss heut Clarence eng verhaftet werden für eine Weissagung, die sagt, dass »G« den Erben Eduards nach dem Leben steh.« Aufgrund der gelungenen Intrige lässt der König seinen Bruder George, den Herzog von Clarence, in den Tower werfen. Dort lässt Richard ihn schnell beseitigen, ehe der König – um kurz vor seinem Tod sein schlechtes Gewissen zu beruhigen – ihn wieder begnadigen kann.
    Aus Machtgründen heiratet Richard in der Zwischenzeit Anne, die 27-jährige Witwe des von ihm ermordeten Kronprinzen Edward aus dem verfeindeten Hause Lancaster. Nach dem erwarteten Tod seines Bruders, des Königs Edward IV., lässt Richard als Vormund seine thronberechtigten Neffen Edward und Richard, den Herzog von York, in den Tower von London werfen und beseitigen. Zur Erhaltung seiner Herrschaft wäre es für Richard jetzt besser, mit deren 17-jähriger Schwester Elisabeth, der Tochter Edwards IV., verheiratet zu sein. Also lässt er kurzerhand seine Gattin Anne auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Er wirbt um seine Nichte Elisabeth, während Anne noch in den Flammen um ihr Leben schreit. Ein paar weiteren Leuten missfällt der neue Stil, auch sie müssen leider beseitigt werden. Schlussendlich hat Richard doch seine Bedürfnisse befriedigt: Er ist König mit einer jungen, gebärfähigen Königin an seiner Seite. Man kann unumwunden feststellen, dass er seinen Minderwertigkeitskomplex überwunden hat. Die Therapie war erfolgreich, wenn auch für eine ganze Reihe von Menschen eher ungesund. Aber das geht ja den Therapeuten nichts mehr an.
    Wie frei ist der Mensch?
    Um Grenzen und Möglichkeiten der eigenen Freiheit in der Selbsterfahrung auszuloten, genügt uns schlichten Gemütern zunächst ein einfaches Experiment. Stellen Sie sich doch bitte den Wecker morgen früh auf fünf Uhr – und stehen Sie auf! Falls Sie das bereits täglich tun, dann eben um drei. Falls Sie wiederum das täglich tun, dann kann ich Ihnen nicht mehr helfen. Vermutlich werden Sie bei der Durchführung unseres Experiments bemerken, dass es mit der menschlichen Freiheit nicht so weit her ist. Die Biologie hat uns fest im Griff. Um fünf Uhr morgens sind wir oftmals tatsächlich hilflos determiniert. Doch irgendwann – beim einen früher, beim anderen später, beim dritten sehr viel später – gibt es einen Punkt, wo man sich ein Herz nimmt, mit heroischer Entschlossenheit, Todesverachtung und zusammengebissenen Zähnen die Decke vom Leib reißt und die müden, gequälten Glieder auf den Fußboden gleiten lässt. Eine Restfreiheit blitzt auf! Wichtig ist dabei, nicht zu viel nachzudenken. Denn das empathische »Nur noch ein bisserl« oder das schlaue »Wenn ich mich jetzt ausschlafe, bin ich den ganzen Tag leistungsfähiger« oder das hinterfotzige »Ich schlafe ja gar nicht mehr, ich denke nur liegend nach« sind so die Texte, die uns von Walt Disneys kleinem Teufelchen ins Ohr geflüstert werden, das bei seinen Figuren immer auf der einen Schulter sitzt, während das Engelchen auf der anderen Seite eifrig an die Vernunft appelliert. Irgendwann hören wir dann auf das Engelchen, es baut sich der eigene Wille auf, überwindet den »inneren Schweinehund« und initiiert die Handlung, die keinem normalen Menschen Spaß macht. Die Schlacht ist gewonnen. Der Mensch ist schlussendlich aufgestanden – gegen seine eigene Biologie. Letztlich aus dem einfachen Grund: weil er es wollte. Fazit: Er ist doch ein klein wenig frei – aber nicht so glorreich, wie er das selber gerne hätte. Wie der unfreie Wolf Singer und der determinierte Gerhard Roth morgens aufstehen, ist mir übrigens schleierhaft.
    Das Versagen der Selbstkontrolle – der Mensch bleibt trotz aller guten Vorsätze im warmen Bett liegen – ist wahrlich kein neues Phänomen, aber es gibt manche Anzeichen, dass es sich in unserer Wohlstandsgesellschaft häuft. Heiko Ernst etwa analysiert zeitkritisch, dass die Epidemie des Selbstkontrollversagens schon zunehmend zum Thema der Sozialwissenschaften wird: »Nahezu alle problematischen –

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