Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)

Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)

Titel: Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael M. Bonelli
Vom Netzwerk:
bittet, Hempf nicht mehr zu Diensten zu sein, schaltet sich Wiesler in einem hochriskanten Manöver sogar persönlich ein, indem er die Schauspielerin in einer Kneipe anspricht und überredet, nicht zum Minister zu gehen. Innerlich wechselt er damit die Seiten und deckt schließlich den Schriftsteller, der mit Freunden eine regimekritische Schrift verfasst. Gerd Wiesler riskiert immer mehr, kann zwar das Leben der Christa-Maria Sieland nicht retten, aber zumindest den ahnungslosen Georg Dreyman schützen und wird selbst – weil er seinem Herzen statt der Stasi-Ideologie folgt – zum Opfer der Diktatur. Als politisch unzuverlässig muss er nach diesem Vorfall bis zur Wende – und auch noch danach – niedrigste Dienste leisten, obwohl man ihm nichts nachweisen kann.
    Ein Beispiel für das Erwachen des von der Ideologie zeitweise stumm gemachten Herzens bietet die Diskussion um die gesellschaftliche Bewertung der Pädophilie: Lange wollten große Teile der 68er-Bewegung der Gesellschaft weismachen, dass jede Sexualität gut und gesund sei, solange sie einvernehmlich geschehe. Irgendwie war sich die schweigende Mehrheit schon im Klaren, dass des Kaisers neue Kleider gar nicht so schick sind, wollte aber nicht als rückschrittlich gelten, sondern als modern, aufgeklärt und vor allem tolerant. Nach Jahren ist dann endlich in einem Punkt das gesunde Empfinden wieder kraftvoll durchgedrungen und brach der Erkenntnis Bahn, dass Sex Kindern auch dann nicht guttut, wenn sie sich damit einverstanden erklären.
FALL 38: Die 17-jährige Anna O. wird von ihren Eltern im Rollstuhl sitzend in die psychiatrische Praxis gebracht. Seit einem Jahr komme es bei Anna O. immer mehr zu Lähmungserscheinungen, bis sie nun seit einigen Wochen gar nicht mehr gehen könne. Die Neurologen hätten nichts gefunden und den Fall an den Psychiater weitergeleitet. Es ist für den Psychiater gar nicht so leicht, den Eltern klarzumachen, dass er vorrangig mit dem Mädchen alleine arbeiten wolle. Im Vieraugengespräch mit Anna O. stellt sich dann schnell heraus, dass die Beziehung zwischen ihr und ihren Eltern konfliktbeladen ist. Die Eltern verlangen von der Tochter, dass sie in der Wohnung und im Garten (wie sie selber) nackt zu sein habe. Gegessen werde ebenfalls nackt. Schamgefühl sei verboten, weil das eine überkommene, bürgerliche Moralvorstellung bedeute.
Der Vater werfe zwar panisch eine Decke über den Fernseher, wenn dort eine Gewaltszene zu sehen sei, würde aber seine Tochter dazu drängen, Erotikszenen anzusehen, »weil das natürlich ist«. Toilette und Bad hätten keine Möglichkeit zum Absperren, das Mädchen – ein Einzelkind – habe keinerlei Rückzugsmöglichkeit. Beide Eltern erzählten dem Mädchen viel von ihrem ehelichen und außerehelichen sexuellen Erleben und praktizierten das auch teilweise im Beisein der Tochter. Beide drängten immer stärker darauf, dass die Tochter doch endlich auch Sex haben solle, sie kenne doch so fesche Burschen. Sie verstünden gar nicht, warum ausgerechnet sie beide eine so prüde Tochter hätten. Wenn sie ausgehe, würden Anna von der Mutter Kondome aufgedrängt. Der Vater wisse genau Bescheid, wann die Regelblutung der Tochter einsetzt – darüber führe er mit regem Interesse Buch. Nur wenn Anna O. krank sei, dürfe sie sich zu Hause anziehen. Und so häuften sich unerklärliche Blasenentzündungen, später Lähmungserscheinungen. Mit Beginn der Lähmungen ging der Druck der Eltern zur sexuellen Betätigung zurück. Schließlich war das Mädchen vollständig gelähmt.
Der Psychiater empfiehlt im Familiengespräch klare Grenzen der Intimität in der Familie. Dem Vater wird gesagt, dass die Unterhose seiner Tochter für ihn ab sofort tabu sei. Die Eltern verstehen – und tatsächlich verschwindet die Lähmung innerhalb von drei Wochen vollständig.

ANALYSE: Die Eltern leben einen ideologisch bedingten Selbstbetrug, bei dem das Kind zum Symptomträger wird. Schamgefühl ist natürlich und gesund und kann schwer verboten werden. Das völlige Fehlen von Scham ist laut Sigmund Freud sogar ein sicheres Zeichen von Schwachsinn.
    Dostojewski hat in Raskolnikows Leben auch die Heilkraft des Bekenntnisses sehr lebensnah gezeichnet. Das schuldhafte Geschehen unausgesprochen in sich zu tragen ist eine seelische Eiterbeule, die nicht heilen kann, sondern im persönlichen Leben immer weitere Kreise zieht. Die Menschen werden Raskolnikow immer fremder, er fühlt sich von der Gesellschaft

Weitere Kostenlose Bücher