Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Selbs Justiz

Selbs Justiz

Titel: Selbs Justiz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlink
Vom Netzwerk:
»Gut, daß Sie Bescheid wissen. Das erleichtert mir meine Aufgabe. Ich muß mir die Dateien ansehen, die Mischkey hier geführt hat. Würden Sie mir die bitte zeigen?«
    »Wie? Ich verstehe nicht. Hier gibt es keine Dateien mehr von Peter.« Er sah irritiert, mißtrauisch drein. »In welchem Auftrag sind Sie eigentlich hier?«
    »Zweimal dürfen Sie raten. Sie haben die Dateien also gelöscht? Ist vielleicht auch besser so. Sagen Sie mir aber doch, was Sie davon halten.« Ich nahm den Computerausdruck aus der Aktentasche, den ich in Mischkeys Ordner gefunden hatte.
    Er legte ihn vor sich auf den Schreibtisch und blätterte eine ganze Weile darin. »Woher haben Sie den? Der ist fünf Wochen alt, bei uns im Haus ausgedruckt, aber hat nichts mit unseren Beständen zu tun.« Er schüttelte nachdenklich den Kopf. »Ich würde das gerne dabehalten.« Er sah auf seine Uhr. »Ich muß jetzt in die Sitzung.«
    »Ich bringe Ihnen den Auszug gerne noch mal vorbei. Jetzt muß ich ihn mitnehmen.«
    Er gab ihn mir, aber mir war, als würde ich ihn Gremlich entreißen. Ich steckte die augenscheinlich explosive Konterbande in meine Tasche. »Wer hat Mischkeys Aufgaben übernommen?«
    Gremlich sah mich geradezu alarmiert an. Er stand auf. »Ich verstehe nicht, Herr Selb … Lassen Sie uns das Gespräch ein andermal fortsetzen. Ich muß jetzt wirklich in die Sitzung.« Er brachte mich an die Tür.
    Ich trat aus dem Haus, sah die Telephonzelle auf dem Ebertplatz und rief sofort Hemmelskopf an. »Habt ihr beim Kreditinformationsdienst was über einen Jörg Gremlich?«
    »Gremlich … Gremlich … Wenn wir was über ihn haben, habe ich ihn gleich auf dem Bildschirm. Einen Moment noch … Da ist er, Gremlich, Jörg, 19.11.1948, verheiratet, zwei Kinder, wohnhaft in Heidelberg, in der Furtwänglerstraße, fährt einen roten Escort, HD-S 735. Er hatte mal Schulden, scheint es aber zu was gebracht zu haben. Erst vor zwei Wochen hat er den Kredit bei der Bank für Gemeinwirtschaft zurückgezahlt. Das waren rund 40000 Mark.«
    Ich bedankte mich. Das langte Hemmelskopf aber nicht. »Meine Frau wartet immer noch auf den Drachenbaum, den du ihr im Frühjahr versprochen hast. Wann kommst du denn vorbei?«
    Ich setzte Gremlich auf die Liste der Verdächtigen. Da haben zwei miteinander zu tun, und der eine kommt zu Tode und der andere zu Geld, und der zu Geld kommt, weiß auch noch zuviel – ich hatte keine Theorie, aber das roch fischig.
    Die RCW hatten meinen Ausweis nie zurückverlangt. Mit ihm fand ich mühelos einen Parkplatz. Der Pförtner kannte mich noch und hob die Hand an die Mütze. Ich ging zum Rechenzentrum und stöberte Tausendmilch auf, ohne Oelmüller in die Hände zu laufen. Es wäre mir unangenehm gewesen, ihm zu erklären, was ich hier tat. Tausendmilch war wach, eifrig und leicht von Begriff wie stets. Er pfiff durch die Zähne.
    »Das sind Dateien von uns. Merkwürdig gemischt. Und der Ausdruck ist auch nicht von uns. Ich dachte, wir hätten jetzt wieder Ruhe. Soll ich versuchen rauszufinden, woher der Ausdruck kommt?«
    »Lassen Sie. Aber können Sie mir sagen, was das für Dateien sind?«
    Tausendmilch setzte sich an einen Bildschirm und sagte: »Ich muß ein bißchen blättern.« Ich wartete geduldig.
    »Da haben wir einmal Krankenstände vom Frühjahr und Sommer 1978, dann unsere Erfindungs- und Tantiemenverzeichnisse, ganz weit zurück bis vor 1945, und hier ist … da komme ich nicht dran, aber die Abkürzungen könnten für andere Chemiefirmen stehen.« Er schaltete das Gerät ab. »Ich möchte Ihnen noch sehr danken. Firner hat mich zu sich kommen lassen und mir gesagt, daß Sie mich in Ihrem Bericht lobend erwähnt haben und daß er noch was mit mir vorhat.«
    Ich ließ einen glücklichen Menschen zurück. Für einen Moment sah ich vor mir, wie Tausendmilch, an dessen Rechter ich einen Ehering bemerkt hatte, heute abend nach Hause kommen und seiner schicken Frau, die ihn mit einem Martini erwartete und auf ihre Weise an seinem Aufstieg arbeitete, vom heutigen Erfolg erzählen würde.
    Beim Werkschutz suchte ich Thomas auf. An einer Wand seines Büros hing ein halbfertiger Plan des Studiengangs Diplom-Sicherheitswart.
    »Ich hatte gerade im Werk zu tun und wollte mit Ihnen über Ihr freundliches Angebot eines Lehrauftrags reden. Wie komm ich zu der Ehre?«
    »Mich hat beeindruckt, wie Sie unser Datensicherheitsproblem gelöst haben. Wir vom Werk haben da nur von Ihnen lernen können, besonders Oelmüller. Abgesehen

Weitere Kostenlose Bücher