Selbst ist der Mensch
Bildern zusammengesetzt ist. Ein solches Bilderensemble beschreibt die Objekte im Bewusstsein. Andere Bilder beschreiben mich , und zu diesem Ich gehören: erstens die Perspektive , aus der die Objekte kartiert werden (die Tatsache, dass mein Geist einen Standpunkt hat, von dem aus er sieht, tastet, hört und so weiter; dieser Standpunkt ist mein Körper), zweitens das Gefühl, dass die Objekte in einem Geist repräsentiert sind, der zu mir und niemand anderem gehört ( Eigentum ), drittens das Gefühl, dass ich relativ zu den Objekten eine Handlungsvollmacht habe und dass die Tätigkeiten, die mein Körper ausführt, von meinem Geist angeordnet werden, und viertens ursprüngliche Gefühle , welche die Existenz meines Körpers unabhängig davon kennzeichnen, ob und wie er sich mit Objekten beschäftigt.
Die Elemente eins bis vier ergeben zusammengefügt die einfache Version eines Selbst. Kombiniert man die Bilder dieser Selbst-Gesamtheit mit den Bildern von nicht zum Selbst gehörigen Objekten, ist das Ergebnis ein bewusster Geist.
Das Wissen um all das ist »einfach so« vorhanden. Man erlangt es nicht durch vernünftiges Folgern oder Interpretationen. Zunächst ist es noch nicht einmal verbaler Natur. Es besteht aus Ahnungen und Hinweisen, aus Gefühlen, die relativ zum lebenden Körper und relativ zu einem Objekt auftreten.
Das einfache Selbst am unteren Ende des Geistes ähnelt stark der Musik, aber noch nicht der Dichtung.
Die Zutaten zu einem bewussten Geist
Die wichtigsten Bestandteile für den Aufbau eines bewussten Geistes sind Wachzustand und Bilder . Der Wachzustand ist bekanntermaßen abhängig von der Tätigkeit bestimmter Kerne im Tegmentum des Hirnstamms und im Hypothalamus. Diese Kerne nehmen auf neuronalem und chemischem Weg Einfluss auf die Großhirnrinde. In der Folge wird die Wachheit entweder geringer (bis zum Einschlafen), oder sie wird verstärkt (bis zum Wachzustand). Unterstützt wird die Tätigkeit der Kerne im Hirnstamm durch den Thalamus, manche Kerne beeinflussen die Großhirnrinde aber auch unmittelbar. Die Kerne im Hypothalamus arbeiten vorwiegend über die Ausschüttung chemischer Substanzen, die anschließend auf neuronale Schaltkreise einwirken und deren Verhalten verändern.
Das empfindliche Gleichgewicht des Wachzustands hängt vom Wechselspiel zwischen Hypothalamus, Hirnstamm und Großhirnrinde ab. Die Funktion des Hypothalamus ist eng an die verfügbare Lichtmenge gekoppelt und sorgt für jenen Teil des Wachzustands, dessen Störung bei Flugreisen über mehrere Zeitzonen hinweg zum Jetlag führt. Diese Abläufe sind ihrerseits eng an die Ausschüttung von Hormonen gekoppelt, die zum Teil einem Tag-Nacht-Zyklus unterliegt. Die Kerne im Hypothalamus steuern im ganzen Organismus die Tätigkeit der endokrinen Drüsen – Hypophyse, Schilddrüse, Nebennieren, Pankreas, Hoden und Eierstöcke. 4
Die Hirnstammkomponente des Wachzustands steht in enger Beziehung zum natürlichen Wert der jeweiligen Situation. Spontan und unbewusst beantwortet der Hirnstamm Fragen, die niemand gestellt hat, beispielsweise die, wie wichtig die Situation dem Betrachter sein soll. Der Wert legt also nicht nur das Signal und das Ausmaß emotionaler Reaktionen auf eine Situation fest, sondern auch, wie wach und aufmerksam wir sind. Langeweile beeinträchtigt den Wachzustand ebenso wie bestimmte Stoffwechsellagen. Wir wissen, was bei der Verdauung großer Mahlzeiten geschieht, insbesondere wenn bestimmte chemische Bestandteile vorhanden sind, beispielsweise das Tryptophan, das aus rotem Fleisch freigesetzt wird. Alkohol verstärkt zunächst den Wachzustand, führt aber später mit steigendem Blutalkoholspiegel zu Schläfrigkeit. Betäubungsmittel heben den Wachzustand völlig auf.
Noch eine letzte warnende Bemerkung zum Wachzustand: Der Abschnitt des Hirnstamms, der an diesem Zustand beteiligt ist, unterscheidet sich hinsichtlich seiner Neuroanatomie und Neurophysiologie von demjenigen Teil, der die Grundlagen des Selbst, nämlich das Protoselbst, erzeugt (und im nächsten Abschnitt behandelt wird). Dass die für den Wachzustand zuständigen Kerne im Hirnstamm anatomisch dicht neben den Kernen für das Protoselbst liegen, hat einen guten Grund: Beide Gruppen von Gehirnkernen sind an der Lebenssteuerung beteiligt. Sie tragen aber auf unterschiedliche Weise zu diesem Regulationsprozess bei. 5
Was die Frage der Bilder angeht, so mag es nach der Erörterung ihrer neuronalen Grundlagen in den
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