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Selbstmord der Engel

Selbstmord der Engel

Titel: Selbstmord der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Tücher verteilten. Nur am Fenster war es etwas heller, obwohl dahinter die Dunkelheit der Nacht lag.
    Licht brauchte Carlotta nicht einzuschalten. Sie kannte sich auch so gut aus. Sie wusste, wo die Gläser standen und holte eines aus einem Regal.
    Dann ging sie zur Seite, um die Tür des hohen Kühlschranks zu öffnen. Es lief alles ganz normal ab, und trotzdem war es nicht der Fall. Irgendetwas war anders als sonst. Carlotta konnte durchaus als sehr sensibel bezeichnet werden. Durch ihre Veränderungen gehörte sie zu den Menschen, die gewisse Strömungen wahrnahmen. Jetzt überkam sie der Eindruck, als würden Eisfinger über ihren Rücken und auch über die Federn der Flügel streichen.
    War das normal?
    Nein, und sie traute sich nicht, den Kühlschrank zu öffnen. Nicht weil sie glaubte, dass sich darin ein Monster aufhalten könnte, nein, da gab es noch einen anderen Grund. Sie wollte sich durch nichts ablenken lassen, denn dass etwas passieren würde, das ahnte sie.
    Der Blick durch das nahe Fenster.
    Draußen war es dunkel, aber nicht völlig finster. Es herrschte noch ein gewisses Licht, das man zwar nicht als Helligkeit bezeichnen konnte, das aber doch vorhanden war. Weiter nördlich war es viel intensiver als hier und...
    Aus dem Himmel jagte der Blitz!
    Damit hatte Carlotta nicht gerechnet. Alles war rasend schnell gegangen. Sie wartete auf den Donner, der jedoch nicht folgte. Nur der Blitz war vom Himmel gezuckt, und sie hatte ihm empfunden wie eine helle gezackte Scherbe.
    Nichts passierte.
    Beim Aufzucken des Blitzes war das Vogelmädchen automatisch einen Schritt zurückgewichen, eine Reaktion auf den Schreck, der sie durchfahren hatte.
    Jetzt traute sich Carlotta wieder vor und trat so nahe wie möglich an das Fenster heran.
    Zu sehen war nichts. Es gab keine Veränderung innerhalb des Gartens. Auch jetzt hörte sie keinen Donner. Sie dachte zudem daran, dass es keine Zeit für ein Gewitter war. Da zeigten sich keine Wolken am Himmel, es war auch nicht schwül gewesen, aber warum dann der Blitz?
    Sie ging davon aus, dass dieses Phänomen keine natürliche Ursache hatte. Deshalb dachte sie wieder an den Engel, dessen Suizid ebenfalls unnatürlich gewesen war.
    Hing beides zusammen?
    Ihren Durst hatte sie vergessen. Dieser Blitz war für sie nicht erklärbar, aber sie setzte ihn in einen unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer eigenen Person. Und mit ihrer Ziehmutter.
    Sie wartete ab.
    Da-wieder!
    Der Blitz fuhr vom Himmel herab wie ein gezacktes Schwert. Er teilte die Dunkelheit in zwei Hälften, als wäre sie ein unendlicher, über dem Land liegender Vorhang.
    Er war so grell gewesen, dass sie für einen Moment geblendet wurde. Carlotta schloss die Augen und schaffte sich die eigene Dunkelheit, in der dieser Strahl tatsächlich noch nachglühte.
    Sie öffnete die Augen wieder.
    Der Blick nach draußen!
    Nichts brannte, obwohl der Blitz inmitten des Rasenstücks eingeschlagen war. Grundlos war der Blitz nicht aus der Höhe gerast. Sie war davon überzeugt, dass er eine Botschaft mitgebracht hatte.
    Noch konnte sie nichts sehen. Dabei überlegte Carlotta schon, ob sie das Haus verlassen sollte, um sich draußen umzuschauen. Zugleich dachte sie an den unheimlichen Selbstmord des Engels und brachte ihn wieder in einen Zusammenhang mit der letzten, ungewöhnlichen Erscheinung.
    Der nächste Blick – und ihr stockte der Atem!
    Sie schaute noch intensiver hin und sah mit ihren eigenen Augen, was nach dem zweiten Blitz passiert war.
    Mitten auf dem Rasen stand eine unheimliche Gestalt...
    ***
    Maxine Wells strich zum wiederholten Male mit dem Zeigefinger über ihre Oberlippe hinweg, auf der sich ein Schweißfilm gebildet hatte. Er kehrte immer wieder zurück, ein Zeichen, dass sie sich nicht wohl fühlte. Im Haus war es weder stickig noch heiß. In dieser Gegend ließen sich die Sommertage wunderbar aushalten, doch diese Hitze kam von innen. Da kochte es, denn sie kam sich vor wie jemand, den man auf die Bühne gesetzt hatte, ohne zu wissen, welches Stück gespielt wurde.
    Carlotta war nicht da. Sie blieb lange weg. Eigentlich zu lange, und Maxine begann sich Sorgen zu machen. Sie hatte nur Wasser holen wollen.
    Sie stand auf. Ihre Glieder fühlten sich schwer an, und sie kam sich vor wie eine alte Frau, die sich die ersten Schritte gebückt weiterbewegte, und nichts weiter tat. Erst an der Tür richtete sie sich auf. Wieder überkam sie ein böses Gefühl, als sie in den Flur schaute, der aber völlig normal

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