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Selbstverständlich gleichberechtigt: Eine autobiographische Zeitgeschichte (German Edition)

Selbstverständlich gleichberechtigt: Eine autobiographische Zeitgeschichte (German Edition)

Titel: Selbstverständlich gleichberechtigt: Eine autobiographische Zeitgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lore Maria Peschel-Gutzeit
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Wahl ist weder ein Rechtsgeschäft noch ein Vertrag. Eine Wahl ist eine politische Standpunktentscheidung.
    One man, one vote . Wenn es einen demokratischen Grundsatz gibt, dann diesen. In früheren Zeiten gab es das Ständewahlrecht. Der reiche Großgrundbesitzer hatte mehr Stimmen als ein weniger Begüterter. Dieses Ständewahlrecht wurde im Zuge unserer Demokratisierung abgelöst, jeder Mensch hat eine Stimme. Das demokratische Wahlrecht kennt keine Bevorzugung, keine Benachteiligung. Jeder muss wählen dürfen, jeder Alte, jeder Junge, jeder Analphabet, jeder Nobelpreisträger, jeder Mensch mit oder ohne Behinderung. Und jedes Kind. Nur so können Minderjährige an der Macht teilnehmen, die auch ihnen zusteht. So, wie jeder Rentner Macht ausübt, indem er zum Beispiel tendenziell eher keine Partei wählt, die die Renten kürzt oder die Leistungen der Pflegeversicherung minimiert.
    In Deutschland gibt es relativ viele ältere Menschen, sie haben ein Wahlrecht. Und es gibt relativ wenig Kinder, sie haben kein Wahlrecht. Deshalb orientiert sich die deutsche Politik mehr an den Bedürfnissen und Wünschen der Älteren und weniger an denen der Kinder. Hätten Kinder ein Wahlrecht, müssten die Parteien sich kindgerechten Themen zuwenden, sie müssten für Kinder notwendige Ideen entwickeln und diese durchsetzen.
    Im Jahr 1997 veröffentlichte eine juristische Fachzeitschrift einen Aufsatz von mir zum Thema Wahlrecht von Geburt an. Zufällig las ein Mitarbeiter der Bild- Zeitung den Text, prompt erschien auf Seite eins ein Bild von einem Baby mit Windeln, das in eine Wahlkabine krabbelt. Man hielt mich für endgültig »durchgeknallt«. Damit konnte ich gut leben, denn immerhin lenkte die Bild so die Aufmerksamkeit einer breiten Öffentlichkeit auf das Thema.
    Im Jahr 2003 stellten 47 Parlamentarier einen Antrag im Deutschen Bundestag, in dem es hieß: Der deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf zur Einführung eines Wahlrechts ab Geburt durch Änderung des Artikels 38 des Grundgesetzes und erforderlicher weiterer gesetzlicher Änderungen vorzulegen. Dabei ist ein Wahlrecht ab Geburt dergestalt vorzusehen, dass die Kinder zwar Inhaber des Wahlrechtes werden, dieses aber treuhänderisch von den Eltern bzw. Sorgeberechtigten als den gesetzlichen Vertretern ausgeübt wird.
    Zu den Antragstellern gehörten Rainer Eppelmann (CDU), Petra Ernstberger (SPD), Hans-Peter Friedrich (CSU), Petra Merkel (SPD), Dirk Niebel (FDP), Cornelia Pieper (FDP), Christa Reichard (CDU), Hermann Otto Solms (FDP), Wolfgang Thierse (SPD), Antje Vogel-Sperl (Grüne), Antje Vollmer (Grüne). Unterstützer der Initiative waren auch der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog, Kardinal Lehmann und der Unternehmensberater Roland Berger.
    Zusammen mit der Deutschen Liga für das Kind hatte ich die Initiative mit auf den Weg gebracht, und ich war gebeten worden, den Antrag mit zu formulieren. Der Antrag wurde abgelehnt, doch die Diskussion ist noch lange nicht zu Ende. Je jünger die Abgeordneten, desto besser die Chancen für ein Wahlrecht von Geburt an. Mitglieder der Piratenpartei fordern das Wahlrecht ab vierzehn oder zwölf Jahren. Auch damit wäre noch nicht die volle Demokratie erreicht. Doch es wäre ein Schritt in Richtung Demokratisierung, also Ausweitung der Staatsgewalt, die vom gesamten Volk ausgeht.
    All dies zeigt: »Kinderrechtlerin« ist eine ungewohnte, aber ernstzunehmende Bezeichnung. Wäre die Wortschöpfung nicht so hässlich, könnte man mich auch als »Gerechtlerin« bezeichnen. Denn nur darum geht es – um die Gerechtigkeit. Ich beschränke mich nicht auf einzelne gesellschaftliche Gruppen. Ich habe mich zum Beispiel sehr für die Abschaffung des Paragraphen 175 des Strafgesetzbuchs in der alten Fassung eingesetzt, der die Homosexualität verbot. Ebenso setzte ich mich für die Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft ein und dafür, dass eingetragene Lebenspartner dieselben Rechte und Pflichten wie Eheleute genießen. Warum sollen Homosexuelle weniger Rechte haben als Heterosexuelle? Das widerspricht meinem Gerechtigkeitssinn. Und wenn das der Fall ist, versuche ich, eine solche Regelung zu ändern. Sich einfach nur aufzuregen reicht nicht aus.
    »Frau Senatorin, darf ich fragen: Wie soll denn der Promiskuität der Frauen Einhalt geboten werden?«, fragte der Richter des Bundesverfassungsgerichts.
    »Ich glaube, ich habe Ihre Frage nicht richtig verstanden. Können Sie sie bitte

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